Kapitel 3,7

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„Äh, sorry", betreten blickt er auf den kaputten, traurig in sich zusammengefallenen Teil. Kurz fehlen ihr die Worte. Dann sind sie da, aber Tiff kann sie nur schwer in die richtige Reihenfolge bringen. „Wie... wie kommst du her?" „Deine Mutter hat mich reingelassen. Sag mal, nimmt sie irgendwelche Drogen?", er lacht. Sie presst den Handrücken gegen die Stirn, so viel zu nicht peinlich sein. „Oh Mann. Natürlich nicht. Weißt du eigentlich, dass ich gerade fast einen Herzinfarkt hatte?" „Ich wollte dich nicht erschrecken." „Ach, sag bloß!", sie schnaubt.

„Ich dachte, du bemerkst mich." „Denkst du nicht, dass Menschen, die einen bemerken, sich umdrehen und hallo sagen?" Kurz schweigen sie.

„Das tut mir leid, mit... mit-", er weist hilflos zum Ton, dann fällt ihm ein, dass sie seine Geste nicht sehen kann. „Mit dem kaputten Topf."

„Zuerst zerstörst du mein Werk und dann beleidigst du es als Topf?", jetzt schlägt sie theatralisch die Hände über dem Kopf zusammen. „Bloß, weil es Töpfern heißt, mache ich nicht nur Töpfe."

„Ich weiß", er grinst. „Es sieht aus, wie eine hohe Vase, mit einem schmalen Hals. Und jetzt hat sie einen abstrakten Touch. Sieht eigentlich echt nicht schlecht aus." Sie brummt ärgerlich.

„Ich hatte keine Ahnung, dass du töpferst. Ich finde es...beeindruckend."

„Warum, weil ich blind bin?", sie will wirklich, dass er auf dem Glatteis ausrutscht. „Nein, weil ich nicht wusste, dass du so fein sein kannst. Kunst spiegelt das Wesen wieder. Ich hätte nicht gedacht, dass deine Hände derartig tanzen können." Sie ist überrascht.

„Zu dir hätte eher ein Steinmetz gepasst. Grob gegen Steine hauen, das bist du." Er zwickt ihr in die Seite, sie schlägt gegen seinen Bauch. „Wow, danke, jetzt ist mein Pulli ganz braun."

„Steht dir bestimmt, abstrakte Kunst." Sie dreht sich weg, geht zum Waschbecken und macht die Hände sauber. Er folgt ihr, ist ernst, hebt seine Hand, gleitet durch ihre Haare und streicht die Strähnen hinter ihre Ohren. „Du hast da noch Ton.", murmelt er und plötzlich ist da Spannung im Raum, Spannung, die er ausatmet und sie einatmet. „Ja?", haucht sie, spürt die Hitze seiner Finger, die den Ton abreiben, auf der Haut.

Langsam streckt sie die Hände aus, findet seinen Hals, rutscht weiter hoch, umfasst seinen Hinterkopf. Zieht ihn langsam und bestimmt zu ihrem Gesicht, so nah, dass sie seinen Atem auf der Haut fühlt, ein sanfter Herbstwind. 

Ihre Lippen sind nur wenige Millimeter entfernt. 

Vielleicht sehen wir uns morgenWhere stories live. Discover now