Hilf mir! - Epilog

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Dunkelheit, Stille, keine Schmerzen. Harry Potter driftete durch die Friedlichkeit der Schwärze, die ihn umgab. Wo war er? Gab es ihn überhaupt noch? Das Letzte, an das er sich erinnerte, war Voldemort, der getroffen und offenbar tot zu Boden fiel. Dann brach auch er zusammen. Er hörte noch Draco nach ihm rufen. Nein, es war kein Rufen, es war ein Schreien voller Panik und Erschütterung. Harrys Kopfschmerzen nahmen wieder zu, er hatte das Gefühl nicht richtig atmen zu können, so als sei er Unterwasser und versuchte verzweifelt wieder an die Oberfläche zu gelangen. Plötzlich war da eine Hand auf seiner Stirn, eine warme Hand. Jemand sprach zu ihm, beruhigte ihn. Schwerfällig schaffte er es, die Augen zu öffnen und blickte in die sturmgrauen seines Freundes. Draco Malfoy sah furchtbar aus. Das blonde Haar hing schlaff herunter, er hatte tiefe Ringe unter den Augen, in denen Tränen glitzerten.
„D-Dray?", krächzte Harry. Seine Kehle war ausgetrocknet. Sofort griff Draco nach einem Glas, welches auf dem Nachttisch stand und hielt es Harry an die Lippen. Gierig trank dieser das Wasser und ließ sich dann wieder erschöpft in die Kissen sinken. Draco stand zitternd vor ihm am Bett, aber auf seinen Lippen lag ein Lächeln.
„I-ich hab es versprochen, oder?", sagte Harry mühsam. Sein Freund nickte, beugte sich vor und küsste die blassen Lippen von Harry. Vier Tage lang war dieser nicht bei Bewusstsein gewesen. Sie hatten ihn ins Mungos gebracht, aber die Heiler hier wussten keinen Rat. Sie waren der Meinung, dass Harry sich einfach nur erholen musste, aber wie lange das dauern würde, konnte keiner sagen.

Flashback – 4 Tage zuvor

Widerwillig löste Harry die Umarmung. Hermine sah ihn mit Tränen in den Augen an. Ron griff nach ihrer Hand und zog sie zu sich. Sie standen zwischen Trümmern, waren umgeben von Rufen und Explosionen und Harry wusste, dass dies ihre vielleicht letzten Momente zusammen waren.
„Tut mir nur diesen einen Gefallen, okay?", sagte er.
„Sicher, wir suchen ihn und bringen ihn, wenn nötig in Sicherheit!", sagte Ron und versuchte seiner Stimme einen festen Klang zu geben, was ihm nur schwer gelang.
„Danke", sagte Harry. Hermine nickte und wies dann mit dem Kopf hinter Harry, ehe sie und Ron über geheime Wege nach draußen liefen. Harry wandte sich um. Draco stand dort. Seine Schuluniform war zerrissen, er hatte einen großen Cut auf der Stirn, aber er lächelte. Harry ging auf ihn zu und strich seinem Freund sanft die blonden Strähnen aus der Stirn. Draco zog ihn enger an sich und küsste ihn mitten im Kriegsgetümmel. Der Kuss war salzig, Tränen rannen dem Slytherin über die Wangen, ähnlich wie Harry. Fast schon gewaltsam lösten sie sich irgendwann voneinander.
„Geh nicht...", es war kaum ein Flüstern von Draco, aber Harry hatte es gehört. Er lehnte seine Stirn, an die des Älteren.
„Ich muss. Es wird sonst nie enden..."
„W-wir könnten weggehen, weit weg und uns nie wieder umdrehen!", Harry sah auf und legte eine Hand auf Dracos Wange.
„Nein, das können wir nicht und das weißt du. Du könntest es nicht und ich auch nicht."
„Warum musst du immer der Held sein?", sagte Draco und legte seine Hand auf die von Harry, die immer noch auf seiner Wange ruhte.
„Ich kann halt nicht aus meiner Haut", sagte dieser und lächelte matt. Sanft, aber bestimmend drückte er sich etwas von Draco weg.
„Ich muss gehen. Wir sehen uns wieder, das verspreche ich!", sagte Harry und wollte sich schon umdrehen, aber Draco zog ihn an sich und küsste ihn so tief, als könnte all seine Liebe ihn retten.
„Es ist noch ein weiterer Horkrux nicht zerstört. Du schaffst das. Töte die Schlange...", sagte Harry, wandte sich um und lief hinaus in Richtung des verbotenen Waldes, weg von der Liebe seines Lebens und in den vermeintlich sicheren Tod. Draco war nicht fähig, sich zu rühren, während er ihm hinterher sah.
Dann sah er Neville verbissen gegen einen Todesser kämpfen. Er griff entschlossen nach seinem Zauberstab und rannte blind vor Wut und Tränen los, um dem Gryffindor zu helfen.


Flashback Ende

Es war Dracos Liebe, die Liebe seiner Freunde und seiner Familie, die ihn gerettet hatte, die ihn sein Schicksal hatte annehmen lassen. Nun saß Draco auf der Bettkante und hielt Harrys Hand.
„W-was ist mit?", wollte dieser schwach wissen.
„Er lebt. Es geht ihm gut. Ron und Hermine haben ihn rechtzeitig gefunden. Voldemort hat ihn lediglich schwer verletzt, ich denke, er wollte, dass er deinen Tod sieht. Er war ebenfalls immer hier, aber Dad hat ihn gezwungen sich ein wenig hinzulegen", mühsam richtete sich Harry etwas im Bett auf. Draco steckte ihm ein Kissen hinter den Rücken.
„Was ist mit dir? Wie geht's dir?", wollte Harry wissen und griff wieder nach Dracos Hand. Dieser küsste ihn auf die Stirn.
„J-jetzt wieder besser. Es geht mir gut, aber das Gefühl dich vielleicht gleich zweimal zu verlieren... Als du zusammengebrochen bist, da...da hast du kaum noch geatmet. Ich wollte dich nicht loslassen, Blaise musste mich von dir wegzerren, damit die Heiler dir helfen konnten. Ich...", Draco brach ab und schloss die Augen. Er spürte Harrys Hand an seiner Wange, genauso wie vor vier Tagen in der zerstörten Eingangshalle von Hogwarts.
„Alles ist gut, ich bin da und ich geh auch nicht weg. Ich verspreche es und ich halte meine Versprechen, das weißt du. Hast du überhaupt geschlafen in den letzten Tagen?", wollte Harry besorgt wissen. Draco öffnete die Augen.
„Nein, nicht viel, aber keiner hat mich hier wegbekommen."
„Dann schlaf jetzt. Ich bin auch noch unendlich müde. Bleib bei mir!", sagte Harry und zog Draco noch mehr aufs Bett. Dieser nickte, zog sich die Schuhe aus und kroch neben Harry unter die Decke. Diese lehnte den Kopf an die Schulter seines Freundes und seufzte tief. Draco küsste Harry auf die Schläfe und schloss die Augen.
„Du musst dich rasieren...", nuschelte Harry, bevor sie in einen tiefen Schlaf drifteten.

Wieder spürte Harry eine Hand auf seiner Stirn. Diesmal war es eine größere, als noch Stunden zuvor. Er öffnete die Augen und lächelte.
„Dad!", sagte er und der Mann, der nur wenig erholt aussah, lächelte ebenfalls und zog den jungen Mann in eine Umarmung. Severus Snape hatte geglaubt, seinen Sohn verloren zu haben und das gleich zweimal. Als er schwer verletzt in der heulenden Hütte lag und wusste, was Harry tun würde und als er ihn, selbst kaum fähig zu laufen, halb tot auf dem Schlachtfeld liegen sah. Er hatte Harry vor über einem Jahr adoptiert, nachdem er ihn bereits nach Weihnachten zu sich genommen hatte. Dumbledore war dagegen gewesen, aber musste einsehen, dass der Junge bei seinen Verwandten nicht bleiben konnte. So viel hatte sich verändert und als Harry nach den Sommerferien nicht nach Hogwarts zurückkehren wollte, sondern sich mit Hermine, Ron und Draco auf die Suche nach den fehlenden Horkruxen machen wollte, da hatte er es akzeptiert, auch wenn das hieß ihn vielleicht nie wieder zu sehen.
„Wie geht es dir?", wollte Severus nun von seinem Sohn wissen.
„Alles in Ordnung, Dad. Vielleicht nur noch ein bisschen schwach. Wo ist Dray?"
„Er war vollkommen erschöpft. Lucius hat ihn in ein eigenes Bett gebracht und ihn heute Morgen gezwungen zu Duschen und sich umzuziehen. Er kommt bald wieder her. Die letzten Tage haben ihm...haben uns allen zugesetzt."
„W-was ist mit den anderen? Ron, Hermine, Luna und die Weasleys und Neville", wollte Harry wissen.
„Es geht allen gut, Harry. Mach dir keine Sorgen...", versuchte Severus, seinen Sohn zu beruhigen.
„Remus und Tonks?", Severus schüttelte traurig den Kopf. Harry hatte gehofft, das nur geträumt zu haben. Sie hatten also wirklich Remus und Tonks verloren im Kampf. Was sollte nun aus Teddy werden? Immerhin lebten ja auch Tonks Eltern nicht mehr. Vor dem Kampf hatten die beiden, den erst wenige Wochen alten Jungen, zu Narzissa gegeben, damit er in Sicherheit war. Severus strich Harry sanft die Tränen weg, die ihm über die Wangen liefen.
„Shhh...alles ist gut. Teddy hat dich und uns, wir werden ihn daran erinnern, wer seine Eltern waren und für was sie gestorben sind", sagte der Lehrer und drückten seinen Sohn eng an sich, ließ ihn weinen und damit vielleicht ein bisschen heilen.


10 Jahre später

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