Vereint

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Es wäre gelogen, wenn ich sagen würde, dass Freude mich erfüllte, als ich den großen Wolf mit den goldenen Augen hinter Sverrir erblickte.
Stattdessen erfüllte mich die Angst.

Obwohl ich wusste, dass Ragnar mir niemals, egal ob in menschlicher oder Wolfsgestalt, antun würde, reagierte mein maledierter Körper automatisch. Alles Nerven zogen sich in mir zusammen, als meine Instinkte Gefahr witterten.
Gezeichnet von den unzähligen Folterten, der Isolation und der ständigen Angst zu sterben, duckte ich mich automatisch, während Sverrir sich umdrehte.

Sein bulliger Körper verdeckte mich, was ich erleichternd erfand. Gleichzeitig wollte ich aber nicht Ragnar aus dem Blick verlieren. Zwar schoss mir das Adrenalin durch die Venen, aber ich verspürte auch eine riesige Sehnsucht danach ihn endlich wieder um mich zu haben. Immerhin war er der einzige Grund warum ich nicht komplett verrückt wurde.

Die Sonne verfing sich in Sverrirs blondes Haar, als er seinen Kopf  kurz zu mir drehte, um sicher zustellen, dass ich nicht abhaute, und wand sich dann wieder den Werwesen zu. Er seufzte tief.
Ragnar fletschet als Antwort die Zähne und duckte sich zum Angriff.

„So sollte das eigentlich nicht ablaufen, Hund."
Ein tiefes Knurren lies den Boden leicht vibrieren.
Ich konnte Sverrirs Gesichtsausdruck nicht erkennen, glaubte aber in seiner Körperspannung keine Unsicherheit zu erkennen.
"Du machst mir keine Angst, auch wenn ich nur ein einfacher Mensch bin. Um mich zu schlagen braucht es etwas mehr."
Seine Hand wanderte langsam zu seinem Oberschenkel, wo eine Dolchscheide angebracht war.
Angespannt schaute ich hinter mir. Im klaren See spiegelte sich der helle Himmel und die Sonne brach glitzernd die Wasseroberfläche.
Einen kleinen, sehr kurzen Augenblick dachte ich darüber nach einfach unter dem Wasser zu verschwinden. Ich wusste, dass ich keine Kraft mehr in den Armen hatte, meine Beine waren am schlimmsten von den Verletzungen betroffen und zeigten kaum noch eine Regung. Mit einem einfachen hineingleiten würde ich meinen schmerzenden Körper, meinen ausgehungerten Magen und meiner kraftlosen Stimme den Frieden bringen.

Doch dann hörte ich wieder Ragnars Knurren und ich wand mich von dem spiegelnden Himmel ab.
Der Wolf schlich auf leisen Pfoten um uns herum, Speichel tropfte ihm aus dem Maul. Sverrir achtete auf jede Regung, die Hand am Dolch und leicht in der Hocke- bereit ebenfalls seinen Angreifer zu verletzen.
Für meine Augen, die gerade erst langsam sich an das helle Licht gewohnten, waren ihre Bewegungen viel zu schnell.
Ragnar sprang als erster los und wich den spitzen Dolch im Sprung aus. Tief versank er sein Maul in Sverrirs linke Schulter, mit der rechten Pfote drückte er Sverrirs Kopf weg. Blind versuchte dieser Ragnar mit den Dolch zu verwunden, aber die vereinzelten Kratzer, ließen Ragnar nur tiefer Beißen.
Dem blonden Mann stand der Schweiß son Gesicht und sein Ausdruck wirkte, durch die unterdrückten Schmerzen, verkniffen. Stöhnend ging er langsam in die Knie, als Ragnar anfing seinen großen Schädel von links nach rechts zu schwingen.

Das war der Augenblick, an dem ich weg blickte. Ich wollte nicht auch noch sehen, wie jemanden den Arm ausgerissen bekommen hat.
Den plötzlichen Schreien und knirschen zu interpretieren, war es nicht nur der Arm, welcher vom Körper abgetrennt wurde. Als Sverrirs kratzige Stimme irgendwann vollkommen verstummte, war ich bereits zu einem kleinen Ball geworden.
Die Beine an meine Brust gezogen, Arme um meine Knie und den Kopf zwischen meinen Beinen abgelegt. Mit geschlossenen Armen atmete ich fast lautlos, während mein Magen laut rumorte.

„Nola?"

Ich wollte nicht das Blut sehen.
Ich wollte nicht die Leiche sehen.

„Nola?"

Ich wollte mir keine Gedanken um den nächsten Schritt machen.
Ich wollte nichts.

„Goding?"

Ich wollte Ruhe. Ich wollte in den Augenblick wieder zurück, als Ragnar und ich mit den Wölfen an unserer Stelle dösten und die Sonne auf unseren unbekümmerten Bäuche schien.

„Goding, hörst du mich? Es ist okay, es ist vorbei."
Das Gras raschelte neben mir und ich versuchte mich noch kleiner zu machen. Wie klein konnte ein Mensch werden?
„Ich werde dich jetzt anfassen, okay?"
Ich zuckte zurück, als ich eine raue Hand auf meiner nackten Haut spürte. Mit geweiteten Augen sah ich zu meinen Wolf auf.

Ragnars dichten Haare fielen ihm ins gebräunte Gesicht. Die Augen und der Mund blickten bekümmert und sorgenvoll auf mich hinunter.
Ich wollte ihn anfassen und den rauen Bart an meiner Hand fühlen. Seine Körperwärme auf meiner spüren und seinen Duft einatmen. Ich wollte in den goldenen Augen versinken.
Aber das einzige was ich tun konnte war unbewegt auf dem nassen Gras sitzen. Ich öffnete den Mund um etwas zu sagen, aber nichts kam heraus. Meine Augen füllten sich langsam mit Tränen, als ich mich umblickte. Doch Ragnar versuchte mein Blick auf das Blutbad zu verhindern. „Goding, achte auf mich. Die Augen auf mich, okay?
Genau so, meine Liebste. Ich weiß, dass du Angst hast, aber du weißt doch wer ich bin, oder?"
Er legte den Kopf schief und lächelte schräg. Dadurch bewegte sich meine Konzentration zu seinen nackten Oberkörper und weiter... mit rosigen Wangen lies ich den Blick wieder hochschnellen.

Mein Wolf kicherte leise. „Deine Reaktion ist jeden falls die gewünschte."
Jedoch wurde er schnell wieder ernst. In einer Geschwindigkeit, die mir früher auf die Nerven gegangen wäre, weil sie meinen Geduldsfaden gerissen hätte, bewegte er seine Finger wieder zu mir.
Gerade als seine Arme mich umschlossen hätten, lies ich mich in meiner Embryohaltung in seine Richtung plumpsen. Härter als gedacht kam ich an seiner Brust zu stehen. Etwas überrascht japse Ragnar nach Luft, kriegte sich aber schnell wieder ein und entspannte sich. Die Arme federleicht um meinen Körper, flüsterte er mir beruhigende Wörter zu. Ich verstand sie noch nicht mal.
Der Inhalt war mir gleichgültig- das einzige was zählte, war seine Stimme an meinem Ohr, seine Haut an meiner.
Leise kamen mir die Tränen und benässten seinen Oberkörper. Doch er streichelte nur weiter meinen Kopf und murmelte leise Sachen zu mir.

Als ich mich langsam beruhigt hatte und ich zu keiner weiteren Träne fähig war, presste ich mein Gesicht noch tiefer an seine Brust.
„Ich weiß, es ist gerade alles andere als leicht, Goding, aber wir müssen langsam los, damit Dario uns nicht nochmal bekommt."

Ich wimmerte leise.
Ich wollte Ruhe.
Einfach nur Ruhe.

Yahoo, meine lieben!
Ich hoffe, dass das Kapitel euch gefallen hat.🥀
Bei mir knallt ordentlich die Sonne, deshalb hoffe ich, dass es bei euch auch der Fall ist 🌞
Jetzt wo das Kapitel fertig ist, werde ich mal mit dem prokrastinieren aufhören und mir was zu essen machen und dann wird weiter gelernt 😄

Alles liebe
Fräulein Anastasia

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⏰ Last updated: Jun 16, 2021 ⏰

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