Der Plan

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Nach einigen Minuten waren ihre Schritte im Gang nicht mehr zu hören. Großartig. Ich kämpfte mich aus meiner Bettdecke und schlich mich zum Fenster, welches dank meiner guten Vorausplanung, noch immer geöffnet war. Normalerweise schloss Malicia es immer, wenn ich zu Bett ging, doch heute hatte ich darum gebeten, es offen lassen zu dürfen, da es mir angeblich zu warm im Zimmer gewesen war und so eine kühle Brise durch mein Zimmer wehte. Ich war schon ein kleines Teufelchen~

Ich kletterte an dem Fensterbrett hinauf und drehe mich vorsichtshalber noch einmal um, mit der Geistersicht durchsuchte ich die Räume um mich herum. Niemand war zu sehen, also konnte ich unbehelligt Phase 2 meines Planes antreten. Ohne darüber nachzudenken sprang ich aus dem Fenster auf den darunter liegenden Balkon und schlich Richtung Geländer, welches ich gerade mal mit dem Spitzen meiner noch kleinen Hörner berühren konnte. Das würde mich aber nicht davon abhalten hinauf zu klettern. Ein kleiner Sprung war schon genug um mich an den Handlauf festklammern zu können und der Schwung reichte um mich einmal wie eine Turnerin an diesem zu drehen und auf dem Handlauf zu landen.

Nun war Phase 3 dran. Ich balancierte bis zur Fassade des Gebäudes, um die Säulen, die eigentlich nur als Zier gedacht waren aber mir bei meiner Mission gute Dienste leisten würden, zu erreichen. Dort angelangt stemmte ich meinen Rücken gegen die eine Säule, während ich eines meiner Beine gegen die gegenüber liegende Säule presste. Als ich mir sicher genug vorkam, zog ich das andere Bein nach und platzierte den Fuß etwas höher als den vorherigen. Dieser Vorgang wurde dann mit den beiden Beinen so lange wiederholt, bis ich der Meinung war, dass mein Oberkörper ebenfalls weiter nach oben kommen musste. Also drückte ich beide Beine so fest gegen die Säule wie ich nur konnte während ich mit meinen Armen nach oben drückte. Als das geschafft war, atmete ich erst einmal durch. Ich hatte gewusst, dass Phase 3 strengend sein würde, aber das war das einzige, was mir gerade übrig blieb. Ich sammelte also meine Kräfte und fuhr wie gehabt mit den Beinen fort.

Nach einiger Zeit hatte ich es endlich auf das obere Plateau geschafft und war bereits so müde, dass ich gleich hier hätte einschlafen können. Aber dann wäre alles umsonst gewesen! Allso nun zu Phase 4. Hierfür war es wichtig, dass unten im Hof gerade die Neulinge ihre... 'Unterredung' mit Illidan hatten. Ich wusste nicht, was eine 'Unterredung' war. Lady S'theno hatte es mir so erklärt und das war auch so ziemlich alles was sie dazu gesagt hatte. Ich lugte über die Brüstung des Plateaus und war erleichtert. Phase 3 hatte Phase 4 nicht die nötige Zeit geraubt. Ich schlich mich vom Rand der Plattform weg, atmete noch einmal tief ein und aus und sprintete dann auf die Brüstung zu. Denen würde ich es zeigen, ich war weder zu jung noch zu schwach um den Gleitflug meistern zu können. Ich sprang ab und breitete die Flügel aus. Sie hielten 30 Sekunden, dann verschwanden sie. Mein Gehirn brauchte seinerseits 7 Sekunden, um die Dummheit meines kindlichen Übermutes zu realisieren, und Weitere 4, um zu bemerkte, dass ich gerade mein Todesurteil unterzeichnet hatte. Der Schock, der mich durchströmte, verhinderte jeden klaren Gedanken. Wenn ich kurz nachgedacht hätte, wäre mir eingefallen zu schreien, um die Illidari auf mich aufmerksam zu machen. Hätte ich kurz einen Moment nachgedacht, hätte ich erneut versucht meine Flügel auszubreiten, um den Aufprall etwas abbremsen zu können, aber ich konnte es gerade einfach nicht. Alles was ich konnte war stumm zu fallen, den immer näherkommenden Boden anzustarren und das rasen meines kleinen Herzens wahrzunehmen. //Ich will nicht sterben... nicht so...// Ich schloss die Augen und wappnete mich für den Aufprall, falls ich überhaupt noch etwas mitbekam, sobald dieser 'Flug' vorbei war. Ich spürte wie ich gegen was fiel, erst prallte der Rücken auf, dann die Kniekehlen. Es hatte durchaus wehgetan aber nicht so sehr, wie ich es erwartet hatte. Ich öffnete die Augen und blickte direkt in Fürst Illidans überraschtes Gesicht. Schnell wich die Überraschung etwas anderem... etwas, das ich nicht deuten konnte. Malicia's Stimme drang an uns heran. "Wusste ich's doch, dass du Satans Braten etwas ausheckst. Komm wieder rein in die Festung." 4 Arme griffen nach mir, hoben mich aus den Armen meines Retters und trugen mich dann schnell wieder ins Innere der Schwarzen Festung. "Ich hätte wissen müssen, dass es eine schlechte Idee war, das Fenster offen zu lassen... Was hattest du vor? Selbstmord? Selbstverstümmelung? Wie hast du es eigentlich aufs Dach geschafft? Man kann dich wirklich keine 3 Sekunden aus den Augen lassen. Da springt das Kind einfach vom Dach, ich glaube ich bin im Irrenhaus." Malicia hatte mich in die Bibliothek gebracht und schimpfte mich nun aus, ohne den eigentlichen Grund dieses Absturzes bisher erfahren zu haben. "Malicia, ich übernehme ab hier." Fürst Illidan war wohl schneller als sonst mit der 'Unterredung' fertig geworden oder hatte den Rest einfach 'vertagt'. Die Matronenmutter hielt inne und schnaubte verstimmt aus blieb, aber von nun an still.

Der Dämonenjäger sah mich mit strengem Blick an und sagte „Wie kommt es, dass du einfach so vom Himmel gefallen bist? Lass mich raten, du wolltest deinen Standpunkt von Gestern festigen, dass du 'bereit' bist, das Gleiten zu erlernen, nicht wahr?" Schuldbewusst wich ich seinem Blick aus und klammerte mich an den Stoff meines Nachthemdes „Ich... ja..." Es zu leugnen bracht mir gerade so oder so nichts, aber noch immer lag mein Blick auf den Boden vor seinen Füßen. „Ich dachte, dass wir uns einig gewesen waren, dass du darauf hörst, wenn ich dir etwas sage, oder irre ich mich da?" Ich schüttelte den Kopf biss mir dabei auf die Unterlippe „Und dennoch gehorchst du nicht und stürzt dich fast selber in den Tod. Wenn du einen Todeswunsch, hast sag es nur. Es gibt hier durchaus schnellere Wege zu-" „Fürst Illidan mit Verlaub. Ich denke die junge Dame hat ihre Lektion heute ganz deutlich gelernt. Nichts ist einprägsamer als eine Nahtoderfahrung, besonders in so jungem Alter." Unterbrach Gaardoun den Mann, den er seine Treue geschworen hatte. „In den nächsten Wochen hast du Hausarrest, dabei wirst du bewacht, damit du nicht noch eine Dummheit anstellen kannst." Er sah nun rüber zu Malicia. „Bring Tyrannda wieder ins Bett, und beauftrage jemanden, stündlich nach ihr zu sehen. Ich habe noch anderes zu erledigen...." Knurrend verließ er die Bibliothek und ich wurde wieder in mein Schlafzimmer gebracht, mein Fenster wurde auch geschlossen. „Also Schätzchen, erzählt Mama doch mal wie du es auf das Dach geschafft hast." sagte sie während sie mich wieder zudeckte „Also..."


The smallest IllidariWhere stories live. Discover now