Looks like we're going to battle

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Ich greife nach meinem Handy und schreibe in die Hauptamtgruppe:

Dringend Alkoholbedarf- wer kommt mit ab 19 Uhr?

Nach wenigen Minuten haben sich Jacky, Franco, Linda, Steffi, Flo und Freddy gemeldet. Die üblichen Verdächtigen also.

Den restlichen Dienst verkrieche ich mich Ruheraum. Hauptsache, ich laufe Alex nicht über den Weg.
Als die Ablöse da ist, ziehe ich mich direkt um und fahre nach Haus, um mir was anderes anziehen. Beeile mich aber Zuhaus, um Alex nicht zu begegnen, der eigentlich jetzt auch kommen müsste.
Aber auch als wieder die Wohnung verlasse, ist von ihm weit und breit nix zu sehen.
Nach meiner Erfahrung vom letzten Mal mit meinem Auto laufe ich lieber zur Bar.

Ich bin die Erste und fange schonmal mit einem Lillet an. Zuerst kommen Linda und Steffi.
,,Was ist denn bitte los? Dass du so dringend Alkohol braust? Also nicht, dass ich was dagegen hab, aber sonst bist du ja nicht so.", fragt Linda.
,,Der Grund heißt Dr. Hetkamp.", sage ich und bestelle den beiden ebenfalls einen Lillet.
,,Aber er hat sich doch so gut um dich gekümmert.", sagt Linda.
,,Und spielt jetzt mit dem Gedanken, mich vom Dienst zu suspendieren. Deswegen." Ich stürze meinen Lillet runter.
,,Gibt's ja nicht.", höre ich Flos Stimme hinter mir.
Nach und nach komme auch die anderen und ich kann mich auskotzen. Tut auch mal gut. Mit steigendem Pegel versuche ich den Informationsfluss meinerseits zu verringern, weil ich Angst habe, mehr Preis zu geben, als ich will.
Nach mehreren Stunden gefüllt mit Shots, Cocktails, Bier und Lästerrunden werden wir irgendwann freundlich gebeten, langsam zu gehen, weil es bereits 3 Uhr sei.
Hups.
,,Kommst du sicher nach Haus?", fragt Flo.
,,Klar. Taxi."
,,Dann- schlaf schön, Josi."
,,Du auch Flo."

Mit Linda im Arm geht er Richtung Innenstadt. Die sind echt süß zusammen.
Ich seufze und erinnere mich, dass ich das letzte Mal auch nicht allein gehen musste.
Ich werfe einen Blick in mein Portmonee und stelle fest, dass das mit dem Taxi rein finanziell nichts wird. Alles zum Saufen ausgegeben.

Ach Josi. Manchmal bist du echt nicht die hellste Kerze auf der Torte.

ÖPNV ist um die Uhrzeit auch nicht mehr, also muss ich laufen. Ich ziehe meine High Heels aus und trage sie. Damit kann ich bestimmt jemanden abstechen, der mir doof kommt.
Und sie sind unbequem. Aber das ist natürlich nicht der Hauptgrund. Eher das mit dem Abstechen.

Auch wenn du wahrscheinlich gar keine Chance hättest, wenn der nur so gebaut ist, wie Alex. Aber Alex macht dir trotzdem keine Angst.

In Selbstgespräche vertieft Tapse ich nach Haus. Ja, ich rede mit mir. Wenn nicht ganz still ist, habe ich weniger Angst. Und Alex rufe ich ganz bestimmt nicht an. Auch wenn die kleinen Steinchen in meinen Fersen echt Sau weh tun. Wie Legosteine.

,,Das war der schlimmste Schmerz meiner Kindheit. Und der Kickroller.", erzähle ich mir selber.

Nach einer gefühlten Ewigkeiten und mehreren Schluckaufattacken, die ich immer von Bier bekomme, stehe ich endlich vor meiner Haustür. Seine Auto steht neben meinem. Er ist wohl da. Und schläft hoffentlich.

Ich versuche die Wohnungstür leise aufzuschließen, was mir nicht gelingt, da ich mit dem Schlüssel einfach nicht das Schloss treffe.

Alex ist nicht am schlafen. Er boxt mal wieder. Muss wohl auch was kompensieren. Als ich reinkomme, hält er den Boxsack fest und kommt aus seinem Zimmer zu mir. Wieder mal oberkörperfrei. Einfach unfair.

,,Wo warst du?", fragt er?
,,Draußen. Wird wohl noch erlaubt sein."
,,Wie bist du nach Haus gekommen?"
,,Gelaufen. Auf meinen Füßen."
,,Man hätte dich überfallen ..."
,,Was soll man denn bei mir klauen? Hatte ja nicht mal mehr Geld für ein Taxi.", sage ich belustigt.
,,...vergewaltigen oder entführen können!"
,,Und hätte mich an der nächsten Straßenecke wieder ausgesetzt angesichts meines Redeflusses.", sage ich und merke selber, was ich da für eine Scheiße labere. Aber es macht mich sauer, dass er mich mal wieder bevormundet.
,,Josephine! Ich hasse es, wenn man mich für dumm verkauft.", sagt er und kommt näher.

,,Und ich hasse deine Art, wie du mit mir umgehst! Hier benimmst du dich, als ob du dich für mich interessierst, sorgst dich um mich, im Dienst interessiert es dich auf einmal einen Scheiß! Du kritisierst mich wo du nur kannst, was sollte eigentlich das mit dem Optimierungsscheiß heute? Und drohst mir auch noch an, meine Existenzgrundlage wegzunehmen! Das ist so ein Arschiges Verhalten! Schaffst es noch nicht Mal einen Fehler zuzugeben, hörst mir im Einsatz nicht mal zu! Wie war das mit Teamwork?!"
Woher auch immer ich gerade den Mut nehme, ihn anzuschreien. Egal, fühlt sich gut an.

,,Dieses Auf und Ab macht mich so fertig. Was glaubst du, wieso ich fast mit meinem Auto in den RTW reingesemmelt bin? Weil ich darüber nachgedacht hab! Über dich und dein Verhalten!"
Okay, das wollte ich eigentlich nicht sagen.
,,Josi...!"
,,Nenn mich nicht so! Du hörst mir jetzt zu!", schreie ich.
Er macht einen Schritt auf mich zu und ich weiche einen zurück. Hinter mir ist die Wand.
,,Das macht mich so kaputt, Alex, ehrlich, ich will das nicht mehr. Und geh gefälligst einen Schritt zurück oder ich Box dich."

,,Versuchs doch." Er lächelt milde und macht noch einen Schritt auf mich zu.
,,Ich komm mir vor wie ein... verdammt, geh weg!" Ich schlage meine Handflächen gegen seine Brust, damit er zurück geht. Er zuckt noch nicht mal.
,,Alex. Lass das. Geh weg!"
,,Sonst was?" Er scheint angenehm amüsiert. Das heizt mich nur noch mehr an.
,,Ich komme mir vor wie dein Spielzeug. Und jetzt geh weg!"
Ich schubse ihn wieder, diesmal mit mehr Kraft. Er steht da wie angewachsen.
,,Weißt du, eigentlich ist es völlig bekloppt. Ich weiß eigentlich gar nichts über dich. Du erzählst mir nie was! Ich weiß nix. Du könntest ein Serienmörder sein und ich würde nicht die leiseste Ahnung haben. Du kannst eine Freundin haben und kuschelst trotzdem mit mir! Weißt du, wie Scheiße das ist? Du kannst einfach meine Personalakte lesen und weißt alles über mich.
Und ich..."
,,Sccchhh Josi, jetzt ist aber mal gut."
Er kommt weiter auf mich zu und versperrt mir den Weg Richtung meinem Zimmer.
,,Verpiss dich Alex. Ich hab keinen Bock mehr auf dieses hin und her. Und nenn mich verdammt noch mal nicht Josi.", zische und will ihn wieder schubsen.
Bevor ich nur berühre, hält er einfach meine Handgelenke fest und so sehr ich es auch versuche, ich kann mich nicht befreien.
,,Krieg dich wieder ein.", sagt er mit einem bedrohlichem Unterton.
,,Sonst was?", frage ich provokant.
,,Du kommst hier eh nur weg, wenn ich dich lasse." Zur Bekräftigung seiner Worte drückt er mich etwas gegen die Wand.
,,Ist das eine Drohung?"
,,Eher eine Aufforderung, dich jetzt mal einzukriegen und mir zuzuhören."
,,Kommt jetzt wieder ein..."
,,Josephine. Klappe halten. Mir zuhören."
Ich atme tief ein. Ich hab mich echt ziemlich aufgeregt. Und dass zwischen uns jetzt nur noch circa 20 cm Platz sind, trägt nicht gerade zur Beruhigung meines Herzschlages bei.

,,Du willst was über mich wissen?", fragt er dann und lächelt bitter.

ASDS- auch Retter müssen mal gerettet werden Where stories live. Discover now