12

22 2 0
                                    

Am ersten September dieses Jahres saß ich dann wieder im Zug nach Hogwarts, neben mir Enif. Wir waren die ersten, die ankamen, und eigentlich wollten wir noch für die anderen reservieren, aber drei andere Mädchen waren vorbeigekommen und Enif und ich waren zu gut, um sie zu abservieren.
Der Moment als Ella und Willow vorbeikamen war besonders seltsam, da sie abrupt anhielten, aber wieder weiterliefen, es war ja schon besetzt. Enif und ich hatten uns unsichere und überforderte Blicke zugeworfen. Willow lächelte uns flüchtig hinter Ella an, dann wurde sie von ihr weitergezerrt.
Ich schaute durch das Abteil und blickte in die Augen des Mädchens, das mir direkt gegenüber saß. Ich lächelte sie an und drehte mich mit etwas rotem Kopf zu Enif. Die Situation war irgendwie peinlich.
Ich versuchte mit Enif zu reden, wollte aber meine Stimme ein bisschen senken. Bevor ich jedoch zu Wort kam, tat es das Mädchen mir gegenüber: "Wer seid ihr denn?", fragte sie neugierig.
"Also ich bin Enif Campbell"
"Holly Felton", ich grinste.
Das Mädchen gegenüber stellte sich mit Elaine Longdell vor und ich konnte mich tatsächlich an sie erinnern, als sie damals vom sprechenden Hut nach Gryffindor eingeteilt wurde. Sie hatte eine ähnliche Frisur und sogar ähnliche Haarfarbe wie Ella, nur ihr Gesicht war etwas rundlicher. Das Mädchen rechts neben ihr, am Fenster, hatte dunklere, braune geflochtene Haare und war wirklich hübsch. Sie wurde von Elaine mit Lola Medley vorgestellt. Sie sagte jedoch nicht wirklich etwas. Rechts neben Elaine Longdell saß ein aufgewecktes, kleineres Mädchen mit Brille, sie stellte sich selbst vor und hieß Mia Knocks.
"Seid ihr alle in Gryffindor?", fragte Enif.
"Ja, ihr?", antworte Mia Knocks.
"Ravenclaw und Hufflepuff", Enif deutete erst auf mich und dann auf sich. Elaine fing an zu grinsen: "Voll komisch, dass man sich gar nicht kennt, obwohl wir im gleichen Jahr sind", damit hatte sie recht, dachte ich mir in dem Moment, ich kannte wahrscheinlich immer noch viele nicht einmal vom Gesicht.
Es war interessant, sich mit den dreien zu unterhalten, aber trotzdem redete ich eher mit Enif alleine über Themen, während Mia und Elaine andere Themen im Fokus hatten und Lola hörte ihnen zu. Jedenfalls fand ich, dass sie sehr nett waren.

In den Kutschen, mit welchen wir nach Hogwarts fuhren, fanden wir uns wieder mit Ella und Willow zusammen. Über die drei Mädchen sprach aber keiner.
"Was habt ihr in den Ferien gemacht?", war die standardmäßigste Frage die es gab, aber ich stellte sie trotzdem. Aber die meisten kamen gar nicht dazu, zu antworten, denn Ella sprach ein anderes Thema an.
"Was sagt ihr zu den neuen Fächern?"
"Ich freu mich so sehr auf Pflege magischer Geschöpfe", sagte Willow und bekam eine Kleinkindattacke. Ich kicherte bloß. Von meinem Bruder habe ich mir sagen lassen, den Arithmantik Unterricht nicht zu besuchen. Ich hatte mir aber vorgenommen, einmal reinzuschauen, vielleicht gefiel es mir ja sogar. Stattdessen sagte ich aber: "Ich bin auf Wahrsagen gespannt und ich freue mich auf Alte Runen, da werde ich keine Stunde verpassen, das sage ich euch jetzt schon!"
"Hm", sagte Enif, "mich interessiert eigentlich alles…"
Ella sagte, sie hielt es für das beste, auf den Stundenplan zu warten. "Ja, da hast du recht", unterstützte Enif sie, "es gibt ja auch Stunden, die gleichzeitig stattfinden." Das fand ich auch sehr logisch.
Die Kutsche näherte sich dem Schloss, es war schön, Hogwarts wieder zu sehen, aus den meisten Fenstern schien Licht und leuchtete wie Scheinwerfer in die dunkle Nacht hinein. Es sah auf den ersten Blick fast aus wie eine Geisterhütte aus Gruselgeschichten. Aber Hogwarts sah nicht herabgekommen aus, sondern einfach alt, aber ein schönes alt, ein traditionelles alt.
Im Laufe der Fahrt fing es leicht an zu tröpfeln und Enif regte sich sehr darüber auf. Zum Glück war es trotzdem warm, so waren die Tropfen doch nicht ganz so ekelhaft. Richtig zu regnen begann es, als wir die große Halle schon betreten hatten. Ella und ich hatten uns von den beiden anderen getrennt und wünschten ihnen auch eine gute Nacht, da wir davon ausgingen, sie heute nicht mehr zu sehen. Apple saß bereits am Ravenclawtisch und schaute freudig auf, als wir näher kamen. "So so, die berühmte Apple Nola Flume geht also nach Hogwarts!", sagte Ella grinsend. Apple und ich fingen an zu lachen und mit Ella machte ich es mir auf der Bank bequem. Während dem Festessen nach der Häuserverteilung der neuen Erstklässler fing Apple auch an, über die neuen Fächer zu sprechen. Sie schien sich, genau wie Enif, über alle Fächer zu freuen.
Ich passte bei der Einteilung der Erstklässler nie wirklich auf, so langsam fragte ich mich, ob bei uns damals überhaupt jemand aufgepasst hatte. Ich hatte diesmal einen Sickel in meiner Tasche entdeckt und nachdem ich aufgegeben hatte darüber nachzudenken, wo er herkam, ritzte ich damit Muster in den alten Holztisch. Am Ende stand da "H. F.", und damit hatte ich mich in Hogwarts verewigt. Als wir unsere Schlafseelen aufsuchen sollten, hatte ich das Geritzte bereits wieder vergessen und es fiel mir erst wieder ein, als wir vor dem Gemeinschaftsraum standen. Ich bekam Panik und stellte mir vor, wie mir Flitwick wütend erklärte, dass diese Tische durch nichts verletzt werden durften. Dann warf ich dieses Szenario gedanklich in den Müll, weil es total albern und unrealistisch war. Nachdem Ella in einem sehr genervten Ton das heutige Rätsel beantwortete, trat eine ganze Schar weiterer Ravenclaws hinter uns ein. "Boar man", sagte Ella, nachdem sie sich in einen Sessel gepflanzt hatte, "die können uns die Stundenpläne doch auch mal am Abend vorher austeilen…"
"Die werden vielleicht auch erst gemacht", überlegte ich. "Weil die die ganzen Ferien über auch so unglaublichen Stress mit anderem Zeug haben!", antwortete Ella laut und sarkastisch. "Oh, stimmt", gab ich zu. Apple hing neben Ella auf der Sessellehne und sah sehr müde aus. Deshalb warf ich den Gedanken in den Raum, schlafen zu gehen. Beide stimmten mit ein. Wir waren die ersten im Zimmer, die anderen beiden Ravenclaw Mädchen in unserem Jahrgang, mit welchen wir uns einen Schlafraum teilten, waren nett, es war immer schön, sich mit ihnen zu unterhalten, jedoch bildeten die beiden eher eine Zweiergruppe für sich. Und außerdem bildeten wir ja auch irgendwie eine Dreiergruppe. Wir machten uns schnell bettfertig und als auch die anderen beiden eintrafen wurde es schnell still und dunkel. Ich konnte aber irgendwie nicht schlafen, es war eine dieser Nächte in denen ich nicht wusste wie ich liegen sollte. Irgendwann also setzte ich mich auf das am nächsten gelegene Fenstersims und schaute episch in die Ferne. Ich bekam plötzlich einen Ohrwurm von einem Lied des Krötenchors. Warum auch immer. Jedenfalls hatte ich definitiv keine Lust auf diesen Ohrwurm und ließ meinen Kopf gegen die Scheibe knallen. Kurz darauf merkte ich, dass ich es nicht hätte tun sollen, denn es tat weh. Ich gab ein kurzes und leises 'Oww' von mir und schaute nach hinten in den dunklen Raum. Es war gerade noch so viel zu erkennen, dass ich sehen konnte, welchen Weg ich nehmen musste um wieder zurück ins Bett zu kehren.

Hogwarts StoryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt