Kapitel 21

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Schon als der Morgen noch nicht einmal graute, stand Fuchspfote schon auf der Lichtung und wartete auf seine neue Mentorin. Sturmstern hatte darauf bestanden, dass heute wieder normales Training stattfinden sollte, also würde er mit Eispfote und Schneepfote eine Jagdpatroullie machen. Die meisten Katzen begannen bereits, hohle Flanken zu entwickeln, Schluchtenklang aber natürlich nicht. Sie und ihre Jungen hatten mit der neuen Ältesten einen gemütlichen Bau bezogen. Distelsturm hatte ihnen Geschichten erzählt und auch Fuchspfote hatte zugehört, da er direkt neben dem Bau der vier gelegen hatte. Als er an Distelsturms wilde Erzählungen dachte, wurde er allerdings unterbrochen, denn Flammenschwinges dunkelrotes Fell tauchte aus einem Busch auf. Seit der Reinheitzeremonie trug sie einen schneeweißen Sichelmond auf der Stirn, welcher ihr glänzendes, einheitliches Fell unsanft unterbrach. Beinahe lautlos kam die Kätzin zu ihrem Schüler, sie schien aufgeregt zu sein.

"Guten Morgen, Fuchspfote.", miaute sie angespannt.

"Guten Morgen. Ist irgendwas? Du wirkst nervös."

"Nein, nichts schlimmes...ich hatte nur...noch nie einen Schüler. Nur die erfahrendsten Kriegerinnen durften das."

Fuchspfote lächelte und hoffte, dass er Flammenschwinge keinen Ärger bringen würde. Der beste Jäger war er ja nicht. Oder Kämpfer. Oder Schwimmer. Mit einem Kopfschütteln vertrieb der orangefarbene Kater die negativen Gedanken.

"Du machst das sicher super. Ich vertraue dir.", miaute er aufmunternd und sah erleichtert, wie Flammenschwinge zulächeln begann.

Kurz darauf kam Eispfote aus einem Busch hervor, gefolgt von Schneepfote, ihre Pelze waren von der Nacht verwuschelt und von der Wanderung letzten Abend schlammverschmiert. Fuchspfote tappte zu seiner Freundin und half der weißen Kätzin, ihren Pelz zu reinigen. Sie schnurrte dabei und leckte Fuchspfote die Wange.

Schon bald kamen auch Nebelnacht, die neue Mentorin von Schneepfote, und Sturmstern zu ihnen, aber seltsamerweise war auch Krähenpfote dabei.

"So ihr vier. Ihr bekommt heute eure erste Aufgabe zusammen. Nebelnacht, Flammenschwinge und ich haben uns was schönes für euch ausgedacht. Ihr werdet in Teams jagen, deshalb habe ich Krähenpfote mitgebracht. Fuchspfote, du wirst mit Eispfote zusammen arbeiten und du, Schneepfote jagst mit Krähenpfote. Ihr sollt gemeinsam ein Kaninchen und einen Vogel fangen. Welcher ist egal."

Fuchspfote nickte, das schien machbar.

"Komm Eispfote, lass uns anfangen.", miaute er und lächelte. Ihre Bernsteinaugen funkelten fröhlich.

"Ja, lass uns gehen, Fuchsi."

Während die zwei in den Wald schritten beobachtete Fuchspfote seine beste Freundin. Seit sie sich wiedergesehen hatten, war sein Leben eindeutig besser geworden. In seinem Magen kribbelte ein seltsames Gefühl, wie ein Ameisenhaufen.

Hab ich was falsches gegessen? Bestimmt nicht, ich hab gar nichts gegessen. Vielleicht ist das ja das Problem.

Sein Kopf wippte im Takt in dem Eispfotes buschiger Schweif hin und herschnippte, ihr halblanges Fell wehte dabei, wie in einem sanften Wind. Fuchspfote ertappte sich dabei, wie er ihr schönes weißes Fell bewunderte.

Bin ich etwa verliebt? Aber sie ist noch meine...beste Freundin. Oder?

Fuchspfote schob diesen Gedanken erstmal beiseite, als er den verführerischen Geruch eines Kaninchens wahrnahm. In seinem Magen knurrte es so laut, dass er fürchtete, das Kaninchen gleich wieder zu verscheuchen, noch bevor er es überhaupt gesehen hatte. Auch Eispfote hielt an und duckte sich.

Mit einer langsamen Kopfbewegung folgte Fuchspfote dem Blick der Schülerin. Im Gebüsch mümmelte die Beute an einem frisch aus dem Boden gewachsenen Grasbüschel mit saftigen, grünen Schösslingen. Die perfekte Ablenkung.

Viel eleganter als Fuchspfote es jemals könnte, kauerte Eispfote sich hin und schlich auf das Tier zu. Mit einer Schweifbewegung deutete sie Fuchspfote, sich von der anderen Seite anzuschleichen. Der orangefarbene Kater schluckte, in dichtem Gestrüpp war er so gut wie unbrauchbar. Aber er wollte Eispfote nicht enttäuschen und ließ sich in ein eher ungeschicktes Kauern fallen. Obwohl er auf mehrere Äste und Blätter trat, lief das Kaninchen nicht davon, es schien halb verhungert zu sein. Als er hinter dem Beutetier war, schnippte er mit den Ohren, er deutete Eispfote, dass sie das Kaninchen erschrecken soll. Mit einem bedrohlichen Fauchen sprang die Kätzin über den Busch, hinter dem sie sich versteckt hatte, und machte so viel Lärm wie möglich. Fuchspfote wartete einen Moment bis sein Ziel voller Panik davonstürzte und packte es dann mit den Pfoten. Schwarze Seen der Furcht starrten ihn an, unter seinen orangeroten Pfoten pochte das Herz des Tieres so schnell, dass man die Schläge nicht zu zählen schaffte. Für einen Moment hielt Fuchspfote inne.

Hilfe! Lass mich los, du tust mir weh!

In seinem Kopf brüllte diese hohe Stimme so laut, dass seine Ohren zu dröhnen begannen. Diesen kurzem Moment nutze das Kaninchen und trat dem Schüler mit voller Wucht ins Gesicht. Das kleine Wesen hatte unerwartet viel Kraft in den Beinen, vor Fuchspfotes Augen verschwamm kurz die Welt. Panisch floh das Beutetier in das schützende Unterholz.

"Wieso hast du es entkommen lassen?! Du hattest es doch quasi schon in den Krallen.", fauchte Eispfote da verärgert.

"Ich...es tut mir leid. Bitte entschuldige.", Fuchspfote sah betroffen zu Boden.

Wie kann man nur so dumm sein. Ich riskiere das Leben meiner Clangefährten, weil ein Kaninchen mit mir spricht! Nicht mal ein Junges wär so dumm.

"Ist schon okay. Hör auf so zu gucken, da wird man ja ganz deprimiert.", miaute die Weiße und begann wieder zu wittern.

"Ich rieche eine Amsel. Lass uns die versuchen, vielleicht klappt es ja diesmal besser."

Mit leicht hängenden Ohren stimmte Fuchspfote zu, diesmal überließ er Eispfote das Fangen, aber der Schrei der in seinem Kopf aufjaulte, war so hell und laut, dass er Knochen zersplittern hätte können.

"Ich hab sie, Fuchspfote. Jetzt müssen wir nur noch ein zweites Kaninchen aufspüren."

"Ja...entschuldige nochmal. Ich wollte das nicht."

"Mach dir nichts draus, es ist schon okay, wir finden ein anderes Kaninchen."

Fuchspfote nickte nur unsicher. Wie sollte er jemals Beute fangen, wenn er jedes Mal Schreie hörte? Todesschreie.

Vielleicht kann ich es ausblenden. Wenn ich mich ganz fest konzentriere klappt es vielleicht.

Etwas entschlossener witterte er mit hochgerecktem Maul, nahm aber nichts anderes wahr, als schneefeuchtes Gras und aufgeweichte Baumrinde. Leicht verärgert zitterten seine Schnurrhaare.

"Ich hab eins. Willst du es erschrecken?"

Der Kater nickte nur stumm und schlich um das neue Kaninchen herum. Er war wütend auf sich selbst. Und auf diese Gabe. Oder den Fluch. Was nützte ihm diese Fähigkeit? Brachte ihm doch bloß nur Ärger. Und einen leeren Magen. Und hungernde Clangefährten.

Zum Glück war er schon hinter der Beute, als er versehentlich auf einen knorrigen Ast trat. Das Kaninchen ahnte wohl, dass es nicht mehr lange zu leben hatte, schon als Eispfote aus dem Gebüsch sprang. Wahrscheinlich war es schon alt und hätte auch bei einer Flucht keine Chance. Der sehnige Körper des Wesens und die ergraute Schnauze wiesen auf diese Theorie hin, allerdings war Fuchspfote sich nicht sicher.

Als sie zurück zu ihren Mentoren kamen, waren Schneepfote und Krähenpfote schon da, neben ihnen lag ein fettes, junges Kaninchen und ein kleiner Spatz. Kein Wunder, Krähenpfote hatte ja auch viel mehr Erfahrung als die um fünf Monde jüngeren Schüler.

Ich muss mich mehr anstrengen und dieses Gedankenhören in den Griff kriegen. Oder werde es am besten gleich los. Nur wie...?


WarriorCats- Spielende FarbenWhere stories live. Discover now