Kapitel 4 ✔️

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Die deutliche Ansage unseres Lehrers schien gewirkt zu haben. Den Rest des Unterrichts ließen die Jungs uns in Ruhe. Jetzt war die Schule endlich aus und ich schlug den Heimweg ein. Giulia und Mario waren schon weg. Dieser Marco hatte sie abgeholt. Aber erst nachdem ich Giulia nochmals versprochen hatte, mich später mit ihr zum Einkaufen zu treffen. Daher hatten wir abgemacht, dass ich um halb vier in der Shopping Mall sein würde. Ob sie alleine kommen würde? Nein, aller Wahrscheinlichkeit nach hatte sie einen zweibeinigen Wachhund dabei. Lächelnd verließ ich den Schulhof, als ich unvorhergesehen über etwas stolperte und der Länge nach hinfiel.

„Ach, kann unser Nerd nicht laufen?" Ich sah vom Boden hoch und registrierte das hämische Grinsen auf Aidens Gesicht. Wie gern würde ich es ihm aus der Fresse schlagen.

„Na, hat es dir die Sprache verschlagen?", reizte er mich weiter und beugte sich zu mir runter. Ich ließ brav das Gesicht sinken, um seinem Blick auszuweichen. Einmal wegen meiner Rolle, andererseits weil ich fürchtete, dass ich ihm doch gleich die Visage demolierte.

Er packte mich grob am Kinn und zwang mich, ihn anzublicken.

„Kleine, du bist sowas von hässlich. Und dazu noch ein Nerd. Dich wird nie ein Kerl wollen."

Schon klar, jetzt ging der Quatsch los. Dabei hatte er mich am Vortag noch angebaggert.

Ich rief mir Onkel Sams Worte über den grausamen Tod meiner Eltern ins Gedächtnis, um traurig auszusehen. Wie üblich half es, dass sich Tränenflüssigkeit in meinen Augen ansammelte.

„Ach, flennst du gleich? Sorry, aber jemand musste dir die Wahrheit sagen." Dann ließ er mein Kinn endlich los und stiefelte davon. Vollpfosten.

Mühsam stand ich auf. Ein stechender Schmerz im Knöchel forderte die sofortige Aufmerksamkeit. Langsam humpelte ich in die Richtung meines Zuhauses. Das mit dem Shoppen hatte sich erledigt. Erstmal den Fuß verarzten und ihn hochlegen. Aber der Weg würde genug Zeit kosten. Ich biss die Zähne aufeinander. Ein lautes Brummen brach abrupt ab.

Ein komplett schwarz gekleideter Kerl auf einer Yamaha R125 in Tech Black hielt neben mir. Er klappte sein Visier hoch und ich sah in hypnotisierende braune Augen mit goldfarbenen Sprenkeln. Er stieg ab und kam zu mir.

„Ciao Bella. Ich fahre dich. So kannst du nicht nach Hause laufen."

„Hallo Luca", hauchte ich, unfähig, mich von seinem Anblick loszureißen. Seine Augen blitzten erfreut auf. „Ich schaffe das schon und möchte dir keine Umstände machen."

„Keine Widerworte, Signorina. Du kommst mit mir mit." Sprach es, trug mich zu seinem Bike und setzte mich drauf. Eine Diskussion wäre sinnlos, daher nannte ich ihm brav die Adresse. Er nickte zufrieden und gab mir seinen Ersatzhelm, den er aus irgendeinem Grund mit sich führte. Ich hatte auf meinen Touren nie einen zweiten Helm dabei, daher wunderte es mich etwas. Doch mehr Beachtung schenkte ich der Angelegenheit nicht, denn Luca stieg ebenfalls auf.

Entsetzt riss ich hinterm Visier die Augen auf, als er in die entgegengesetzte Richtung fuhr. Grandios! Jetzt wurde ich von der Mafia entführt. War meine Tarnung wider allen Erwartungen aufgeflogen? Ich verwarf den Gedanken. Da gab es bessere Wege, mich zu beseitigen. Hoffentlich dauerte die Fahrt etwas länger. Ich genoss das Gefühl, auf einem schnellen Bike mitzufahren. Selber würde ich erst wieder fahren, wenn die Mission vorbei war. Für einen sicheren Halt schlang ich meine Arme um Lucas Körper und lehnte den Kopf an seinen Rücken.

Nach einiger Zeit fuhr er durch ein hohes Tor, an dem zwei riesige schwarzgekleidete zweibeinige Schränke standen. Ich hatte eine Ahnung, wohin die Fahrt ging. In die Höhle der Löwen, die Villa der Pensatori. Kurz darauf hielten wir vor einer Stadtvilla, die von einem kleinen privaten Park umgeben war. Es als Garten zu bezeichnen, käme einer Untertreibung gleich, so weiträumig war das Gelände.

Tempestuoso - A Storm is ComingWhere stories live. Discover now