2.

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"Hast du schon mal ein Verbrechen miterlebt?", fragte Jisung Jeongin, der auf seinem Bett saß.

Es war der nächste Tag und Jeongin war bei Jisung zu Besuch. Die beiden waren ziemlich gut befreundet. Sie hatten sich durch die Geschäfte ihrer Eltern kennengelernt.

"Warum fragst du?", wollte  Jeongin wissen.

Jisung drehte sich mitsamt seines Schreibtischstuhles um. "Ich weiß nicht, bin nur neugierig"

"Warum? Hast du schon mal eins gesehen?"

"Vielleicht"

"Oh mein Gott, Jisung, was hast du gesehen? Hast dus gemeldet?!"

"Er hat gestohlen und mit mir geredet-" Jisung unterbrach sich mitten im Satz selbst. "Warum hab ichs nicht gemeldet?"

"Er hat mit dir geredet? Was hat er gesagt?", fragte Jeongin neugierig.

"Er hat gesagt, wenn ich es irgendjemanden sage, findet er mich und sorgt dafür, dass ich niemals wieder irgendetwas sagen kann"

"W-Whoah gruselig"

"Also es war schon gruselig, aber nicht so gruselig, verstehst du?" Jisung dachte an die letzte Nacht zurück. "Er war nur ein kleines Stück größer als ich, also nicht super groß"

"Und? Hast dus gemeldet?"

"N-Nein"

"Was? Jisung, warum nicht?"

Jisung wusste nicht warum er es nicht getan hatte. Wenn er so viel Angst vor der Drohung hätte, hätte er es ja eigentlich melden können. Hatte er aber nicht.

"Keine Ahnung"

"Oh Gott, du bist verrückt", sagte Jeongin und widmete sich wieder seinem Handy.

               -

Es war spät in der Nacht und Jisung war wieder auf dem Weg zu dem kleinen Laden.

Er hatte nicht mal Hunger, er wollte nur sehen, ob der Dieb heute wieder stehlen würde und ihn stoppen. Nicht, um ihn und seine dunklen schönen Augen wiederzusehen, die man durch seine Maske erkennen konnte.
Definitiv nicht.

"Was zu Hölle denk ich mir dabei?", murmelte Jisung leise vor sich hin, als er den Laden betrat. Er grüßte den Kassierer, bekam aber keine Antwort.
Kein Wunder, dass es hier so leicht ist, zu stehlen.

Jisung ging seit 5 Minuten durch die Gänge und tat so, als würde er nach etwas suchen. Eine Frau, Mitte vierzig, betrat ebenfalls den Laden. Jisung rollte die Augen, denn jetzt war er nicht länger allein.

Die Klingel der Tür leutete erneut. Jisungs Augen wanderten gerade in die Richtung des Geräusches.

Es war der Junge. Er trug einen roten Hoodie, schwarze Jean, den selben Rucksack und natürlich eine schwarze Maske.

Jisungs Herz setzte einen Schlag aus. Er sah ihm zu, wie er nach hinten in Laden ging und begann, ihm zu folgen.

"Ich kann sehen, dass du mich verfolgst. Was willst du?", fragte der Dieb, während er sich damit beschäftigte, Essen in den Rucksack zu stopfen. Jisung verschluckte sich fast an seiner eigenen Spucke.

"Ich- Ich wollte nur sehen, ob du heute wieder stiehlst", meinte Jisung und versuchte dabei, selbstbewusst zu klingen. Er wusste nicht, warum es ihm so schwer fiel, normal mit dem Jungen zu sprechen. Es war ja nicht so, dass er Angst vor ihm hatte.

"Warum? Willst du mich verraten?"

"Nein! Nein, will ich nicht. Ich hab dich gestern ja auch nicht verraten, warum sollte ich das dann heute tun?"

"Ja, ich denke, das stimmt", antwortete der Junge und schloss den Reißverschluss seines Rucksackes, um zu einem anderen Regal zu gehen.

"Warum brauchst du so viel? Du hast gestern schon so viel mitgenommen", fragte Jisung und folgte ihm.

"Die Jungs meinten, es wäre nicht genug. Die haben das alles in zehn Minuten gegessen", sagte er, während er seine Augen durch das Regal schweifen lässt.

"Das sind mehrere Diebe?"
"Oh..." Jisung beobachtete ihn, wie er mehr in seinen Rucksack packte.
"Seid ihr eine Gang oder sowas?"

"Hm ja, ich glaube, so kann man das sagen"
Der Junge drehte sich zu ihm um.
"Dir ist bewusst, dass ich dich nur zweimal treffe, wenn ich dir das hier erzähle-", warnte er, wurde aber unterbrochen.

"Junger Mann, stehlen Sie?!"
Die Frau mittleren Alters kam auf die beiden mit verschränkt Armen zu.

"Nein, wie kommen Sie auf die Idee?", erwiderte der Junge ruhig. Jisung war schockiert. Er musste das anscheinend schon öfters gemacht haben.

"Lass mich sehen, was Sie in Ihrer Tasche haben", forderte die Frau und streckte die Hand nach dem Rucksack aus. Der Junge packte diesen aber fester. Jisung bemerkte, dass seine Ruhe langsam verschwand.

"Wer glauben Sie, wer Sie sind, dass Sie das Recht dazu haben seine Sachen zu durchsuchen?", fuhr Jisung die Frau an. "Was zur Hölle mache ich gerade??"

"Naja, er sieht verdächtig aus, sehen Sie ihn doch mal an", entgegnete die Frau und zeigte auf den Jungen.

"Was fällt Ihnen ein!", sagte Jisung entsetzt. "Sie wollen ihn durchsuchen, weil er verdächtig aussieht?"

Die Frau hielt sich die reuevoll die Hand vor den Mund.
"Entschuldigen Sie mich, junger Mann", sagte sie und ging.

Der Junge verließ stumm den Laden und Jisung folgte ihm, doch stoppte plötzlich in einer Seitengasse hinter dem Laden.

"Danke, dass du mir den Arsch gerettet hast"

"K- Kein Problem"

"Warum hab ich ihn verteidigt?", dachte er.

"Minho"

"Was?"

"Mein Name ist Minho"

"Ich bin Jisung"

"Jisung...", wiederholte er und drehte sich um.

"Wir sehen uns, Jisung", sagte Minho und winkte zum Abschied.

Er sah Minho nach, bis es zu dunkel war, um ihn in der Nacht zu erkennen.

An das einzige, was er gerade denken konnte, waren Minhos schöne Augen, die ihn ansahen, als er Jisungs Namen aussprach.

"So schön, wie seine Augen sind, muss sein Gesicht das eines Engles sein", dachte Jisung und machte sich auf den Weg nach Hause.

"Wir sehen uns, Jisung", wiederholten sich Minhos Worte immer wieder in Jisungs Gedanken, was ihn Schmetterlinge im Bauch fühlen lies.




bad || minsung [German Translation] Where stories live. Discover now