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Gab es so etwas wie einen emotionalen Muskelkater? Denn genau so fühlte sich Hermine, als sie spät nachts in ihre Wohnung zurückkehrte. Sie und Lucius hatten noch eine Weile geplaudert, doch ihnen beiden war klar gewesen, dass der Abend für heute vorbei war. Sie mussten erst einmal ihre Wunden lecken und alles ein wenig sacken lassen. Zumindest ging es Hermine so und sie hatte keinen Zweifel, dass es bei Lucius nicht anders war - so hatte sie ihn noch nie erlebt. Der sonst so kühle und kontrollierte Geschäftsmann schien aufrichtig aufgewühlt gewesen zu sein. Sie wusste nicht so recht, was sie damit anfangen sollte.

Hermine hingegen empfand so etwas wie Ruhe. Sie hatte es ernst gemeint, als sie Lucius vergeben hatte. Sollte er damit machen, was er wollte, aber sie hatte sich damit ein weiteres Stückchen Frieden erkämpft. Mit diesem Gedanken schlief sie ein und blieb den Rest der Nacht vollkommen traumlos.

Die nächsten Tage verliefen ereignislos. Derartig ereignislos, dass sie sich fast schon Sorgen machte, denn Lucius hatte sich keinen Mucks mehr gemeldet. Kein Brief, kein Buch und erst recht keine Nachricht über das Flohnetzwerk. Hermine war kurz davor, bei ihm im Manor vorbeizuschauen, doch sie konnte sich noch immer nicht dazu überwinden. Die Haustür war das Maximum. Ein kurzer, harmloser Brief von ihr blieb unbeantwortet, was ihm überhaupt nicht ähnlich sah. Sie konnte auch mit niemandem sonst darüber sprechen, da Hermine das Gefühl hatte, damit Lucius' Privatsphäre zu sehr zu verletzen. Sie war also in einer etwas unangenehmen Lage. Vier Tage nach ihrem gemeinsamen Abend kam Poustry in ihr Büro. Er sah wie immer müde und überarbeitet aus.

"Hey Granger, könntest du mir einen Riesengefallen tun? In Muggellondon hat sich anscheinend ein dummer Reporter mit einem Zauberer angelegt und eine ältere Dame hat uns gerufen, dass wir uns das mal anschauen sollen. Anscheinend hat sie Angst, dass sich die beiden Streithähne am helllichten Tag duellieren oder so. Könntest du vielleicht schnell vorbeischauen? Ich ertrinke hier in Arbeit."

Normalerweise machte sie solche Laufarbeiten nicht mehr, aber sie hatte Poustrys Schreibtisch gesehen, auf dem sich die Akten türmten und das, obwohl er bereits Tag und Nacht schuftete. Sie waren unterbesetzt und das spürte jeder hier. Sie selbst musste sich die Zeit für den Vergessenszauber praktisch aus den Rippen schnitzen.

"Natürlich, Poustry. Schick mir die Adresse und ich bin schon auf dem Weg", versicherte sie ihm und packte schnell ihre Sachen zusammen.

"Danke, Granger, du bist ein Schatz."

Damit war er verschwunden und gleich darauf tauchte ein Zettel mit ihrem Ziel auf. Es war tatsächlich ein Teil von Muggellondon und mit einem einfachen Zauber verwandelte sie ihre Roben in geeignete Kleidung.

Hermine musste ein wenig entfernt von der besagten Stelle apparieren, damit niemand sie sah, doch sie hatte keine Probleme die Zielpersonen zu finden.

Das schrille "Mister Malfoy, Sie schulden uns Antworten!" war vermutlich bis in die Winkelgasse zu hören. Natürlich waren Lucius und der Tagesprophet die beiden Kontrahenten und natürlich war sie die Aurorin vor Ort. Das machte sicher einen prächtigen Eindruck.

Als sie endlich um die Ecke bog, offenbarte sich die gesamte Szenerie:

Ein junger "Journalist", der tatsächlich für den Tagespropheten arbeitete, stand mit Kamera und Diktiergerät bewaffnet vor Lucius, der sein Gegenüber gefährlich anfunkelte. Das war der Lucius Malfoy, den sie so lange Jahre gekannt hatte.

"Ich warne Sie ein letztes Mal! Lassen Sie mich in Ruhe und verschwinden Sie endlich!", zischte er zwischen zusammengepressten Zähnen hervor. Seinen Gehstock und damit auch seinen Zauberstab hatte er fest umklammert, vermutlich jederzeit bereit, dem Reporter einen Fluch an den Hals zu hetzen.

Happy HourWhere stories live. Discover now