Kapitel 2

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Sein Leib trug die Blässe eines weißen Schimmels und den Gestank einer toten Ratte. Ohne Zweifel war ihm der letzte Hauch des Lebens ausgelöscht worden, da gab es keinerlei Zweifel. Kopfschüttelnd rieb sich Doktor Charles Dolton über die Stirn und verfasste noch einige Notizen, bevor er sich Commissioner Blagden zuwandte, der schon geschlagene Stunden auf die Resultate der Untersuchung wartete. Vor dem ungeduldigen Polizeibeamten stoppte er nun und steckte sein kleines, vergilbtes Notizbuch in seine Manteltasche.
(Doktor Charles Dolton) ,, Commissioner ich fürchte ich werde den Leichnam in mein Labor entführen müssen."
Das Entsetzen über die Erkenntnis, dass das Warten umsonst gewesen sein könnte, lässt den Commissioner etwas erschrecken und er schüttelt unverständlich den Kopf.
( Commissioner Blagden) ,, Aber... Das verstehe ich nicht. Haben Sie denn nicht tausende von Untersuchungen gerade durchführen können Doktor?"

(Doktor) ,, Commissioner..."
Ein erschöpftes Seufzen rinnt aus dem Mund des Doktors, während er seinen Zylinder richtet.
(Doktor) ,, Es ist mir nur möglich, den Leichnamen genauer zu untersuchen, wenn ich meine gesamte Ausrüstung bei mir habe. Wenn Sie mich also entschuldigen."
*pfeifen*
Auf dieses Geräusch stießen zwei junge Männer zum Geschehen und hob den Leichnam in eine der hölzernen Schubkarren, die schon so einige Tote gesehen hatte. Zurück blieb nur noch der Commissioner und seine Bande von Gesetztes treuen Anhängern. Der Weg von dem grausamen Schauplatz des Todes, bis zum bescheidenen Häuschen des Doktors waren es ganze 20 Minuten. Der Gehstock des Doktors stach bei jedem Schritt auf die gepflasterte Straße und erzeugte ein Echo, welches das wohl einzig lauteste Geräusch in der ganzen Stadt zu sein schien. Die Sonne stand schon etwas niedrig und verabschiedete sich für ein weiteres Mal. Beißende Gerüche, Ratten, Obdachlose, Kranke waren das Symbol Londons, welches wie vor dem Aussterben bedroht zu sein schien. Die beiden Anhänger des Dokors keuchten schwer. Doch dies nicht ohne Grund, sie trugen immerhin den 230 Kilo schweren Metzger Jo- Hanson mit sich, welcher selbst sein bester Kunde gewesen ist.
In einem anderen Teil der Stadt tippelt eine ungeduldige Hand gegen den Türrahmen eines verrammelten Hauses, während die andere steif und ruhig neben ihrem Bordeaux roten Rock platziert ist und schon seit Jahren nicht mehr zu gebrauchen ist. Das Weiß des Elfenbeins an dieser Hand glänzt in den letzten Strahlen der Sonne und scheint das größte Schmuckstück an Kati McFallens Körper zu sein. Sie beisst sich auf ihre Lippe und wirft gelegentlich einen prüfenden Blick nach hinten, um ihr dunkles Geheimnis vor unerwünschten Gestalten zu wahren. Endlich öffnet sich die alte und morsche Tür und ein alter Kautz wirft ebenfalls einen prüfenden Blick hinaus in die dämmrige Umgebung.
(Kati McFallen) ,, Also? Was ist nun? Ich stehe hier schon seit Stunden."
Schwer schluckend wagt der gebrechliche Mann die Tür einige Zentimeter weiter zu öffnen und stammelt.
(Mister Bartly) ,, Äh, äh also äh."

(Kati McFallen) ,, Was äh?!"
Bei der Bemerkung eventuell etwas zu laut gesprochen zu haben, wirft die Frau einen hastigen Blick hinter sich. Nur um sicher zu gehen, das sie auch ja keiner belauscht. Verärgert wendet sie sich wieder zu Mister Barley, der im Schatten von Kati einem kleinen Gnom ähnelt.
(Mister Barley) ,, Er ist noch nicht soweit Miss."

(Kati McFallen) ,, Ach was ein Unsinn, sie hatten so viele Stunden Zeit, sie Nichtsnutzender Versager."
Rücksichtslos schubst sie Mister Barley zur Seite und erblickt ihr so lang ersehntes Geschenk. In einem ledrigen und schon längst durchgesessenen Stuhl sitzt Mister McFallen. Doch er ist nicht der, der er mal war. Er ist das Abbild einer toten Hülle. Einbalsamiert in langanhaltende Stoffe. Er ist nicht nur Tod, sondern auch das Opfer seiner Nekrophilen Frau. Herzlichst umarmt sie ihren schon längst verstorbenen Ehegatten und sprießt so vor Begeisterung. Bei diesem Anblick muss sich Mister Barley glatt sein braunes Tuch vor die Nase und Mund halten. Plötzlich beginnt es an der Tür zu klopfen. Dem Herzinfarkt nah zuckt Mister Barley zusammen.
(Doktor) ,, Mister Barley?! Ich bin's Doktor Dolton!"

The plagues prayerWhere stories live. Discover now