▪ Epilog ▪

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Die Sonne war noch nicht aufgegangen, als Crow leise an Skys Zimmertür klopfte.
Es dauerte kurz, bis sich diese öffnete und Sky verschlafen auf der Türschwelle stand und ihn verwirrt ansah. ,,Crow? Was ist los?", fragte sie, in ihrer Stimme schwang leichte Besorgnis mit.
,,Ich will dir etwas zeigen", erklärte Crow und wartete, bis Sky sich ihren Umhang über gezogen hatte. Der Umhang, der sie in der Nacht in der ihr Haus abgebrannt war vor der Kälte geschützt hatte.
Ungeduldig bedeutete Crow ihr, ihm zu folgen und kletterte in seinem Zimmer aus dem Fenster. Sky folgte ihm schnell und geschmeidig.
Draußen zog Crow sie durch die dunklen Straßen der noch schlafenden Stadt.
Sky wehrte sich nicht, sie war gespannt darauf, was Crow ihr zeigen wollte.
Dieser führte sie aus der Stadt hinaus und einen steinigen Weg hinauf, bis sie auf dem grasbewachsenen Plateau mit der alten Buche standen.
Sky sah sich mit großen Augen um, als sich die Wolken am Horizont von grau bis in ein helles rosa, bis in ein blutrot und dann gold verfärbten.
,,Das ist so unglaublich atemberaubend!", rief Sky aufgeregt und kurz erinnerte sie Crow an die alte Celynn, die er damals vor genau einem Jahr auf dem Ball in dem Schloss getroffen hatte, das von dieser Entfernung zwar immer noch mächtig, aber dennoch klein aussah.
,,Komm mit", wies Crow Sky an und begann auf den Baum zu klettern, bis er sich in der Astgabel niederließ und wartete, bis Sky sich neben ihn setzte.
Dort setzte sie sich neben ihn und legte ihren Kopf auf seiner Schulter, während er sie näher an sich heran zog.
,,Ich liebe dich", flüsterte er sanft in ihr Ohr.
,,Ich dich auch", antwortete sie und gemeinsam saßen sie so auf der Buche und schauten in den Sonnenaufgang.

Auch viele Jahre später saßen sie wieder dort, immer am Todestag des Königs, am Jahrestag ihrer ersten Begegnung.
Die Buche veränderte sich nicht, die Sonnenaufgänge waren immer wieder etwas Besonderes, das einzige, was sich veränderte waren Crow und Sky.
So kam es, dass einige Jahre später die beiden mit einer dritten Gestalt auf der Astgabel saßen und den Sonnenaufgang betrachtete.
Das kleine Mädchen hatte schwarze, seidige Haare und himmelblaue Augen und hörte auf den Namen Blackbird.
Crow war anfangs kritisch gegenüber Kindern gewesen, doch Sky hatte ihn überredet, dass sie, nachdem sie sich eine eigene Wohnung in der Stadt hatten leisten können, es wenigstens mal versuchen könnten.
Blackbird war nun vier Jahre alt und Crow hatte beschlossen, dass sie alt genug war, ihr Training zu beginnen.
So war sie inzwischen schon ziemlich vertraut im Umgang mit Waffen.
Ihr war langweilig, sie wollte endlich trainieren gehen, weshalb sie am Ärmel ihres Vaters zupfte.
,,Papa, ich will weiter üben", meckerte sie und schaute ihn aus den blauen Augen ihrer Mutter an.
Crow lächelte und wuschelte ihr durch ihr schwarzes Haar. ,,Wenn du schneller als in dreißig Sekunden unten bist, beginnen wir sofort", versprach er.
Blackbird sprang sofort motiviert auf und begann in Sekundenschnelle den Baum hinunter zu klettern.
Sky sah ihr lächelnd nach und wandte sich dann an Crow. ,,Ich wusste, dass du sie lieben würdest", grinste sie und lehnte ihren Kopf an seine Schulter.
,,Nun, vielleicht hattest du wirklich Recht", antwortete Crow, woraufhin Sky schon antworten wollte, doch eine Stimme von unten unterbrach sie.
,,Papa, ich will jetzt üben!", rief Blackbird und hüpfte wie ein kleiner Kobold unten auf und ab.
,,Tja, sieht so aus, als werde ich gebraucht", seufzte Crow, gab Sky noch einen Kuss auf die Stirn und kletterte seiner Tochter hinterher.
Sky blieb auf dem Baum sitzen und beobachtete ihre Tochter, wie sie lachend vor Crow weg rannte, der ihr angedroht hatte, sie zu kitzeln, sobald er sie fing.
Natürlich lief er absichtlich langsam, um Blackbird eine Chance zu lassen.
Das kleine Mädchen quiekte vor Vergnügen, als sie wieder den Baum nach oben geklettert kam und sich außer Atem auf Skys Schoss setzte.
,,Bei Mama ist frei!", erklärte sie und Sky lachte. ,,Das hättest du wohl gern", meinte sie und begann ihre Tochter zu kitzeln, die sich daraufhin kichernd versuchte, Skys Griff zu entkommen.
Plötzlich unterbrach sie eine weitere Stimme von unten. ,,Tss, ärgert eure Tochter doch nicht so", lachte Emerald und kletterte zu Sky und Blackbird auf den Baum.
,,Em!", rief Blackbird glücklich und Sky ließ sie los, damit sie zu der rothaarigen Frau kommen konnte.
Diese nahm Blackbird kurz in den Arm, dann forderte sie sie zu einem Wettklettern heraus, das Blackbird natürlich sofort annahm.
Crow war inzwischen wieder neben Sky geklettert und schaute sie nachdenklich an.
,,Was ist los?", fragte Sky und schaute Crow verwundert an.
,,Ich muss daran denken, wie unschuldig und jung sie jetzt ist. Sie wird auch mal Leute umbringen müssen, um ihr Geld zu verdienen", bedachte Crow.
Sky seufzte und nickte. ,,Ja, aber noch ist es noch nicht so weit. Lass uns einfach die Zeit in der es so wie es jetzt ist, genießen."
Crow nickte bestätigend und schloss die Augen.
Ja, er würde die Zeit genießen. Im Moment war er einfach nur glücklich.

Hinter der MaskeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt