77-/Ich schaffe das!

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Tenko POV

Schon als wir eintreten, finde ich diese Atmosphäre hier ganz merkwürdig, vielleicht liegt es einfach daran, dass ich weiss, wer hier ist. Welcher Mann hier in diesem Gebäude untergebracht ist.
Ich drücke Touyas Hand etwas fester als wir an der Rezeption nach der Zimmernummer fragen und nun dorthin laufen.
Diese paar Minuten, dieser Gang zu dem Zimmer dieses Mannes kommen mir vor wie Stunden, ich gebe zu, ich will da nicht unbedingt rein.

Aber ich muss.

Ich muss einfach.

Und ich werde auch hineingehen.
Mein Freund flüstert mir ein letztes
"Du schaffst das!"
Ins Ohr, ehe er mir einen Kuss auf die Lippen drückt und seine Stirn gegen meine lehnt.
"Danach gehen wir wieder zu mir und verbringen den restlichen Nachmittag mit... Was auch immer du willst, ja?"
Ich Lächle ihn an und nicke.
"Ja, du bist der beste, danke"
Damit löse ich mich von ihm und betrete zögernd das Zimmer.

Dass ich mal freiwillig zu ihm kommen würde... Hätte ich vor ein paar Wochen noch für völlig absurd gehalten.

Aber ich stehe hier.

Seine Augen fixieren mich sofort, er liegt einfach da und schaut mich an... Sein Blick verrät mir, das er am liebsten aufspringen, und mich umbringen würde, wie sonst auch immer, kann ich den Zorn und die Wut in seinen Augen sehen.
wahrscheinlich weil er mich wieder sieht.
Aber es ist mir egal.

Er kann mir nichts tun.
Er kann sich keinen Zentimeter bewegen.
Die Ärzt und Therapeuten sagten uns, er sei durch diesen Unfall tatsächlich Querschnittslähmt, könne nicht einmal mehr wirklich sprechen.

Ich bin bloß hier, um etwas loszuwerden.

Ich komme weiter in den Raum und verrücke mir einen Stuhl, ich Stelle ihn etwas von ihm entfernt hin und schaue ihn an.
Ehe ich beginne zu sprechen, vergehen ein paar Minuten, in denen ich versuche meine Worte und Gedanken zu Ordnen.

Ok... Ich schaffe das.

Sogar Touya glaubt an mich.

"Na gut... Weisst du, ich hatte mir schon überlegt was ich nun sagen will, ich war sogar kurz davor etwas aufzuschreiben... Habe es aber gelassen, ich meine... Warum sollte ich... Das was ich zu sagen habe, werde ich auch so zusammenbekommen. Und du wirst es dir anhören, ob du willst oder nicht...
Ich... Habe kein verständnis für das was du uns von Beginn an angetan hast, ich kann es nicht nachvollziehen und ich will es auch nicht versuchen.
Ich glaube es gibt einfach auch nichts zu verstehen, und erst recht nichts, für das ich auch ansatzweise Verständnis haben sollte.
Ich hasse dich nicht.
Das tue ich tatsächlich nicht...-"

Ich mache eine kleine Pause und atme einmal tief durch.

Du schaffst das.

"-Aber diese Situation hier tut mir nicht leid, ganz und garnicht. Ich würde sogar sagen es ist verdient... Aber das ist nicht das, über was ich reden wollte... Ich wollte bloß sagen, das ich noch lebe.
Ich lebe noch, du hast es nicht geschafft mich zu brechen, auch Hana und Mom leben noch. Und weisst du was? Es geht uns gut. Besser als je zuvor.
...
Du hast so einiges kaputt gemacht, das bezweifle ich nicht, aber zerstören konntest Du uns nicht und...  ich habe jemanden gefunden. Dieser jemand ist das beste, was mir... Oder uns dreien jemals passiert ist. Diese Person hat mir das Leben gerettet. Das leben, welches du jeden Tag zu beenden versucht hast.
Ich- Ich habe mich wirklich lange gefragt, warum du mich hasst, was dein Problem mit mir ist, ob ich etwas getan habe, oder ob meine bloße Existenz dir einfach gereicht hat, um mich zu hassen. Aber ich habe gemerkt... Das es mir vollkommen egal ist. Ich will es garnicht wissen, es spielt nämlich keine Rolle. Der Fehler liegt bei Dir... Nicht bei uns.
Ausserdem ist das einzige was wirklich eine Rolle spielt, die Tatsache,  das wir leben und frei von Dir sind und du hier bist. Und auch nicht mehr hier weg kommst, um sie... Um uns, zu verletzen...
Das wars."

Nachdem ich glaube, alles gesagt zu haben, stehe ich langsam auf und rücke den Stuhl zurück, er hat mich die ganze Zeit so angesehen.
So... So wie sonst auch immer, aber diesmal konnte er mich nicht einfach auf den Boden schlagen und auf mich eintreten bis ich das Bewusstsein verliere und endlich still bin.

Diesmal nicht.
Niemals wieder.

Als ich grade meine Hand an die Klinke der Tür legen, und diese herunter drücken will, fällt mir aber noch etwas ein.
Ich drehe mich noch einmal um und schaue ihn gleichgültig an.

"Achso- diese Person die ich meine, die, die mich gerettet hat, ist mein Freund. Ich bin nämlich Schwul."

Er wird tatsächlich leicht rot vor Wut, diesmal aber, kann ich mir ein schmunzeln nicht verkneifen und öffne einfach die Tür.
Ich habe es geschafft.
Und ich fühle mich... Ich fühle mich irgendwie besser- oder eher einfach... Befreiter?
Ich weiss es nicht genau.
Aber diese sache hier, die musste sein.
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miau miau °^°

Another day to stay alive --Shigadabi--Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt