Leben und leben lassen

905 69 35
                                    

• Grace Stilinski •

Oops! This image does not follow our content guidelines. To continue publishing, please remove it or upload a different image.

• Grace Stilinski •

„Not all storms come
to disrupt your life,
some come to clear your path."

Graces Gesicht war angewidert verzogen, als sie am folgenden Morgen die letzte Elektrode wie ein Pflaster von ihrer Haut abzog. Feine Härchen, die mit ihr abgerissen wurden, ziepten unangenehm und die betroffene Stelle verfärbte sich hellrosa. Mit einem nassen Lappen wusch sie die Überreste des Klebers ab und zog sich schließlich ein hochgeschlossenes Top über den Kopf, welches auch die rote Markierung der Elektrode unterhalb ihres Schlüsselbeins verdeckte.

Zufrieden warf die Brünette einen letzten Blick in den Spiegel. Am ersten Schultag musste nun einmal alles sitzen, was am zweiten schon wieder unwichtig war. Eine seltsame Denkweise, doch Grace war sich sicher, dass sie nicht die einzige war. Nachdem sie sich noch eine leichte Jacke überwarf, machte sie sich schließlich auf den Weg nach unten. Ihr Vater musste diese Woche Frühdienst haben, denn am Frühstücksstisch erwartete sie bloß Stiles.

Mit einem Grummeln setzte sie sich zu ihm. Sie war nicht gerade ein Morgenmensch, besonders nicht am ersten Tag nach den Ferien. Doch ihr Bruder war es genauso wenig, weswegen er sie ebenfalls bloß mit einem knappen Nicken begrüßte. Wenn Grace sich recht entsann, dann war am Abend zuvor eine Veranstaltung der Oberstufenschüler gewesen. Eine seltsame Tradition, bei der die angehenden Zwölftklässler ihren Namen in der Nacht auf die Regale in der Bibliothek kritzelten. Auch sie selbst war dank des Unwetters erst spät zuhause gewesen.

„Wie wars gestern?", fragte sie schließlich, nachdem sie eine Weile an ihrem Toast geknabbert und die trockenen Krümel mit Orangensaft heruntergespült hatte, welcher ihre müden Lebensgeister allmählich wieder zum Leben erweckt hatte.

Stiles gab einen grummelnden Laut von sich und vergrub beide Hände in seinen dunklen Haaren. „Scott wurde gestern angegriffen", gab er letztendlich zu und wirkte merkwürdig erschöpft auf eine Weise, die über Müdigkeit weit hinaus ging, „von einem anderen Werwolf, der ihm seine Macht stehlen wollte."

„Das geht?", fragte Grace überrascht nach, doch war erstaunter über die Tatsache, dass ihr Bruder ihr dies überhaupt erzählte. Zumal er ihr zuvor mit Verschlossenheit begegnet war. Doch nun war sie eingeweiht in das Meiste, was jedoch nicht bedeutete, dass sie dieses auch gänzlich verstand. Doch vieles hatte sich verändert, wie die Beziehung zwischen dem einst entfernten Geschwisterpaar.

„Anscheinend", warf der Dunkelhaarige überfordert ein, „doch Scott hat ihn letztendlich besiegen können."

Sie nickte bloß knapp und musste kurz mit gerunzelter Stirn darüber nachdenken. Es war schon verrückt, was in ihrer scheinbar so normal wirkenden Kleinstadt vor sich ging. Schließlich stopfte Grace sich die letzten Bissen ihres Toastes in den Mund und stand auf, um ihren Teller in die Spüle zu räumen. In den letzten Monaten hatte sie gelernt Dinge einfach so hinzunehmen, wie sie waren. Solange sie nicht mehr von wildfremden Auftragskillern verfolgt wurde, sollte ihr alles recht sein. Dass sie sich jedoch die unfähigen Möchtegern-Mörder einmal zurückwünschen würde, ahnte sie zu diesem Zeitpunkt noch nicht.

Metanoia | 𝑻𝒆𝒆𝒏 𝒘𝒐𝒍𝒇Where stories live. Discover now