Kapitel 24

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Etwa eine Stunde früher

Langsam kam ich wieder zu mir. Im ersten Moment wusste ich nicht ganz, wo ich mich befand. Es war kalt, und aus irgendeinem Grund bewegte ich mich, obwohl der Untergrund, auf dem ich lag, eigentlich weich und warm war.

Mir wurde ziemlich schnell klar, dass das nicht mein Bett war.

„Ach du Scheiße!", fluchte ich und zappelte so wild umher, dass ich vom Unterkörper der Riesenspinne rollte und geradewegs am feuchten Waldboden landete. Meine Arme und Beine waren gefesselt, also blieb mir nichts übrig, als wie ein hilfloser Käfer liegenzubleiben.

Ein Seufzen drang zu mir.

„Ich hatte wirklich gehofft, das Betäubungsmittel würde länger anhalten", sagte Arac und trat in mein Blickfeld. Er packte mich an den Schultern und zog mich zurück in eine aufrechte Position. Ich schluckte schwer. Links und rechts von mir standen die beiden Riesenspinnen und klickten mit ihren Kiefern. Doch selbst wenn die beiden nicht gewesen wären – weglaufen konnte ich mit gefesselten Beinen sowieso nicht. Und meine Hände waren natürlich hinter meinem Rücken zusammengebunden, sodass ich sie nicht verwenden konnte, um meine Beine zu befreien.

Arac hob mich hoch, als würde ich höchstens drei Kilo wiegen, und legte mich erneut über den Rücken der Spinne. „Wenn du das noch einmal machst, binde ich dich an ihr fest und lasse sie dich durch den Dreck hinterherziehen", sagte er.

Ich verkniff mir einen leisen Fluch – hauptsächlich deswegen, weil ich mit dem Gesicht zur Hälfte in Spinnenhaar lag. Was für ein Glück, dass ich keine Spinnenpanik hatte! Wobei ich ehrlich gesagt dabei war, eine zu entwickeln...

„Was zum Teufel willst du von mir?", knurrte ich, als sich die Spinnen in Bewegung setzten. „Mich umbringen und aufessen?"

Arac gab ein leises Schnauben von sich. „Als ob jemand dich freiwillig essen würde. Du riechst vollkommen ungenießbar."

Okay, vielen Dank, schätzte ich mal? Wenigstens bedeutete das, dass er mich nicht essen würde. Ob er mich umbringen würde, hatte er damit allerdings noch nicht beantwortet.

„Wohin bringst du mich?", fragte ich. Wer weiß, vielleicht war Arac ja einer dieser bescheuerten Bösewichte, die ihren gesamten Plan offenlegten, bevor sie ihn ausgeführt hatten. Nicht, dass mir das im Moment viel helfen würde, während ich gefesselt auf dem Rücken einer Riesenspinne lag, aber na ja, man konnte ja nicht alles haben.

„Das wirst du sehen, wenn wir dort sind", antwortete Arac.

Ich schnaubte. Anscheinend war er doch nicht doof genug. Schade – das wäre ja zu einfach gewesen.

Ein paar Sekunden lang blieb ich einfach auf dem Rücken der Spinne liegen. Mir kam eine weitere Idee.

„HILFE!", schrie ich, so laut ich nur konnte.

Arac blieb kurz stehen. „Ich glaube nicht, dass dich jemand hören wird", sagte er, als ich erneut um Hilfe rief. „Aber wenn du so weitermachst, werde ich dir den Mund zukleben."

Ich verstummte wieder. Na gut, dann eben keine Hilferufe. Zumindest in einer Sache schien Arac Recht zu haben – niemand hörte mich.

Nach ein paar Minuten hatte ich die nächste glorreiche Idee. „Ich muss aufs Klo", sagte ich.

„Ist mir egal", erwiderte Arac.

„Wenn ich nicht aufs Klo gehen kann, pinkele ich auf deine Spinne."

„Der ist das auch egal. Aber mach ruhig, wenn du willst. Wechselgewand habe ich für dich aber nicht."

Meine Güte, konnte man den Typen denn zu gar nichts bringen? Wenigstens musste ich nicht wirklich pinkeln, sonst wäre das wohl sehr unangenehm für mich geworden.

Die Bewohner von Harrowville (Band 1: Spinnen) | Wattys 2022 ShortlistDonde viven las historias. Descúbrelo ahora