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Mein Vater strich grinsend seine grauen Haare, die in seiner Jugend einst mal blond waren, zurück und hielt die Kamera vor mir und Yuri. „Sag Spagetti!"

„Wieso sollte ich das sagen?", fragte sie verwirrt und fand, dass es dumm klang.

„Lächle einfach.", schlug ich ihr unauffällig auf die Schulter.

Er knipste und schaute das ganz Bild lange und verträumt an, bevor er murmelte: „Endlich habe ich das perfekte Abschlussfoto."

„Sollen wir jetzt alle essen gehen?", fragte Mai und war es satt, unsere Taschen zu tragen. „Meine Arme tun weh."

Mein Vater fuhr mit Yuris und Mais Eltern mit, während wir den alten Hyundai nahmen und uns im Restaurant trafen. Die Kellnerin führte uns in einem stillen Raum, wo Freunde und Verwandten uns überraschten. Selbst meine Stiefmutter und mein Stiefbruder hielt man auf einem Tablet hoch.

Ich konnte nicht anders als sprachlos meine Hände vor den Mund zu halten. Jeder, den ich liebte war hier. Jeder, bis auf eine Person.

Ich guckte mein Vater an, der nur stolz lächelte und dann meine Hand nahm. „Du denkst an sie nicht wahr?" In der Hoffnung, dass mein Liebeskummer dadurch verschwinden würde, drückte ich seine Hand fester. „Wär ich du, ich würde keine Zeit verlieren." Verwirrt schaute ich in allen Richtungen, plötzlich wurde mir schwindelig. Ich war hin- und hergerissen, ich war erschöpft, ich wusste es nicht besser. Was wollte ich? „Was willst du?", fragte mein Vater, als könnte er Gedanken lesen, diesmal ganz ernst, seine Miene war düster und er schien wütend.

„Sloane.", klang Meist liebliche Stimme. „Was willst du?"

„Was genau willst du?", fragte diesmal auch Yuri. „Sag es uns."

„Sag uns, was du willst!", schrie mein Vater.

Und ich hob den Unterteil meines langen Kleides und floh nach draußen, wo ich frische Luft schnappte. Meine Gedanken sortierte. Ich ließ mein Blick über die wunderbaren Nachtlichter der Stadt leuchten und sah hier und da wunderschöne Menschen über die Straßen gehen. Ich vergewisserte mich, wo ich war und wer ich war, bevor ich den ersten Schritt wagte.

Den Schritt mir endlich zu gestehen, wer Sloane Mi-Sun Grey war. Den ersten Schritt, zu akzeptieren, anstatt zu bereuen.

Der einzige Ort, wo sie sein konnte, war in Myeong-dong. Entschlossen raffte ich wieder mein Kleid auf und entschied mich, zu ihr zu laufen. Ich lief, fühlte kein einziges Glied, keine Schmerzen, ich war unaufhaltbar. Selbst meine Füße, die in dummen High Heels steckten, fühlten sich an wie von Watte umschlungen. Das einzige, was schmerzte, war mein Herz. Das einzige, das ich fühlte, waren die Tränen, die mir über die Wangen entlang liefen, über mein Dekolleté und wie kalte Regentropen auf den Gehweg perlten.

Im Gebäude angekommen, gab ich ohne lange zu überlegen den Code für den Fahrstuhl ein. Der siebte Stockwerk, dachte ich impulsiv. Der siebte Stockwerk. Und als sich die eisernen Fahrstuhltüren öffneten, stand sie vor mir. In einer Hand hielt sie einen großen Strauß Rosen, während die andere in die Hosentasche ihres dunkelblauen gestreiften Anzuges steckte. Sie hatte ihre Haare zusammengebunden, doch so schienen sie mir kürzer als je zuvor.

Sie hob einen Mundwinkel und schenkte mir ein selbstsicheres Lächeln. „Niemals, für kein Geld der Welt, hätte ich diesen besonderen Tag verpasst."

„Aeri.", schluchzte ich und warf mich ihr um den Hals. Mein Gesicht bohrte sich in ihre Brust, wo sie diesmal ein schwarzes Hemd darüber trug und die obersten Knöpfe eindrucksvoll offen ließ. „Bitte, verzeih mir.", weinte ich und wagte nicht, meinen Kinn wieder zu heben. „Ich habe dich gehen lassen."

„Nein, hast du nicht. Ich war immer hier und habe still auf dich gewartet." Sie ließ den Strauß fallen und griff gierig nach meinen Taillen. „Guck mich an.", flüsterte sie zärtlich, woraufhin ich zögerlich meinen Kopf hob. Ihre dunklen Augen drangen tief in meine und setzten mich fast in Trance, dann legte sie ihre Stirn sanft auf meine. „Ich bin stolz auf dich."

„Und ich auf dich.", hauchte ich, bevor ich einen eindringlichen Blick auf ihre Lippen warf.

„Auf was wartest du?"

Ich küsste sie zärtlich und lange.

Dieser Moment sollte gar kein Ende mehr finden.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Oct 02, 2020 ⏰

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Destiny - Ich bin mir treuWo Geschichten leben. Entdecke jetzt