Kapitel 18.3 - Das Versprechen des Todes

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Als Kain seine Erzählung beendete, blieb Candela mit bleichem Gesicht zurück. Die Urgöttin betrachtete ihn mit großen Augen, als wäre ihre letzte Stunde geschlagen. Beinahe erschien sie nicht mehr, wie die mächtige Herrscherin, die sie war. Anfangs war sie Kains Erzählungen noch interessiert gefolgt, doch kaum war Lucifers Name gefallen, wurde sie allmählich leise. Auch nach dem letzten Satz, benötigte es eine Weile, bis Candela aus ihrer Starre erwachte.

Währenddessen beobachtete Kain die Herrin und fragte sich, was in ihrem Kopf vorging. Obwohl er seine Entscheidung nicht bereute, konnte er die Anspannung nicht leugnen. Kein Training der Welt hätte ihn auf eine solche Situation vorbereiten können. In den Fingerspitzen des Auftragsmörders kribbelte es und er verkrampfte seine Hand, um das Gefühl loszuwerden. Die Erinnerungen an Athard hatte er bis jetzt in sich verschlossen gehabt. Trotzdem hatte er seinen Lehrmeister nie vergessen. Wenn sein Schlaf nicht von Albträumen gestört wurde, handelten manche seiner Träume von Athard. Möglicherweise hatte er damals eine schöne Zeit gehabt. Damals, an seiner Seite, zumindest so lange, bis Athard ihn und seine Prinzipien verraten hatte. Er hatte es für Rache getan und es wäre eine Lüge, wenn es Kain erstaunen würde, wie weit Menschen für Liebe gehen, trotzdem hatte er gehofft, dass Athard besser war. Besser als all die anderen einfältigen Menschen, die wie Parasiten Freundlichkeit und Empathie aussaugten. Anscheinend hatte er sich getäuscht, aber letztendlich hatte er Athard nur ausgenutzt. Jeder Mensch nutzte andere aus. Auch er war ein Teil in diesem Geflecht aus Egoismus.

Schließlich fasse sich Candela an die Stirn und ihre folgende Worte waren so leise, dass sie Kain kaum vernehmen konnte. »Er hat mich angelogen. Er meinte, dass er die Quelle deiner Unsterblichkeit nicht kennt. Aber warum sollte er das tun?«

»Ich weiß nicht, wie deine Beziehung zu Lucifer aussieht, aber ich bezweifle, dass Logik und Verstand seine Taten rechtfertigen können.« Der Auftragsmörder presste die Lippen aufeinander, während er die Reaktion der Urgöttin genauestens beobachte. Was würde nun passieren?

»Der Erhalt des Gleichgewichts ist von oberster Priorität. Sein Handeln bringt auch seine Leute in Gefahr.« Candelas nachdenklicher Gesichtsausdruck schwand und der Ernst manifestierte sich in ihren Blicken.

Kain schluckte. »Vielleicht ist Rache sein Motiv. Vielleicht möchte er mir zusätzlich Leid zufügen.«

»Er ist ein Urgott. Selbst wenn er auf Rache sinnt, darf Reamo nicht darunter leiden. Das ist unverantwortlich. Mehr als das! Das ist wahnsinnig.« Candela ballte ihre Hände zu Fäusten und die Adern an ihrem Hals stachen hervor. Sie knirschte mit den Zähnen und als das Gold ihrer Augen aufblitzte, trat Kain einen Schritt zurück.

Eine Schweißperle rollte über seine Stirn, tropfte auf dem Boden und zersprang zu kleinen Diamanten. »Lucifer ist wahnsinnig. Vielleicht kannst du es dir nicht vorstellen, aber er kümmert sich nicht um Reamos Wohl. Es geht um seine eigene Belustigung.«

»Reamo ist aber nicht seine Schöpfung! Sie gehört uns!« Candela legte alle falschen Masken ab und zurück blieb die grausame Herrscherin, die ihrer Ideologie wie ein ausgehungerter Wolf hinterherjagte. Erneut verformte eine Fratze ihr Gesicht und ihre femininen Finger erschienen wie lange Fühler. Nur mit größter Mühe gelang es ihr, die Ruhe zu bewahren, trotzdem ging ihr Atem schwer. Ihr Brustkorb hob und senkte sich ruckartig und ihre Lippe blutete an einer Stelle.

Die Krähe mied ihre Blicke. Zwar fürchtete er sich nicht, doch Candela war so instabil wie ein Kartenhaus. Ein falsches Wort und er würde einen unnötigen Tod erfahren. Inzwischen hatte er sich zwar an die Schmerzen gewöhnt, dennoch konnte er gut darauf verzichten. Normalerweise sollte er es sein, der andere quälte.

Mit tiefen Atemzügen versuchte Candela ihren Zorn zu zügeln. Die Luft trat pfeifend aus ihrer Nase, während ihre Blicke unruhig durch den Raum huschten. »Wie kann er so einfältig sein?«

Die blutrote KräheWhere stories live. Discover now