Britische Schauspieler und andere Probleme

Western-Jas und seine Freunde

Kapitel 12

Zum dritten Mal an diesem Abend setzte ich an, um meinen Lidstrich auf dem oberen Lid vernünftig zu ziehen. Die beiden ersten Male, hatte ich es mal wieder vollkommen verhunzt, was aber auch daran lag, dass ich es so selten machte. Wofür auch ohne einen Anlass? Im Unterricht und im Stall achtete darauf sowieso niemand. Seufzend ließ ich es nun doch und sah mich nach Sophie um. Sie war gerade mit ihren Haaren beschäftigt, sprühte sich einmal mit Haarspray ein, schüttelte dann ihre braunen Wellen. Bei dieser Haarpracht konnte man wirklich neidisch werden. Ihr blassrosa Kleid bildete einen wunderschönen Kontrast zu ihren dunklen Haaren und stand ihr einfach perfekt. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass es an irgendjemandem besser aussehen könnte, als an meiner Freundin. Flo würde sich definitiv freuen. „Kannst du mir helfen?“, jammerte ich nun, sah sie bittend an und hielt ihr den Eyeliner hin. Ein mildes Lächeln breitete sich auf ihre Lippen, die leicht vom Lipgloss schimmerten.

„Wieso kannst du sowas eigentlich nicht? Ist doch gar nicht so schwer. Einfach ansetzen und vorsichtig am Lidrand entlang…“, redete sich langsam vor sich hin, während sie vorsichtig mit dem Stift auf meinem Lid entlangfuhr und einen – wahrscheinlich perfekten – Lidstrich zog. „So, einen haben wir, jetzt der andere.“ Eine Minute später nahm sie die Hand weg und schien wohl ihr Werk zu betrachten, ich hatte noch immer die Augen geschlossen. „Ja, sehr schön.“ Sie schien zufrieden. Vorsichtig linste ich durch ein Auge in den Spiegel, um wenigstens eine Seite richtig sehen zu können. Allerdings war ich ziemlich unfähig was sowas anging, doch das was ich sah, schien gut zu sein.

„Vielen Dank, du bist wirklich meine Rettung.“ Nun tuschte ich mir noch fix die Wimpern und fertig war mein Makeup. Im schummrigen Licht des „Ballsaals“ würde sowieso niemandem wirklich etwas auffallen, deshalb war übermäßige Mühe damit auch vergeudet – fand ich.

„Jaja, ich weiß, aber jetzt hopp in dein Kleid, damit ich deine Haare machen kann.“, scheuchte sie mich schon weiter und hielt mir mein Kleid hin. Bereitwillig zog ich meine bequemen Klamotten aus und schlüpfte in das dunkelblaue Kleid, das ich mir erst vor kurzer Zeit gekauft hatte. Es fühlte sich gut an, etwas steif vielleicht, doch nicht übermäßig unbequem. Und das, was ich im Spiegel sah, gefiel mir. „Ich glaube, Jasper wird nicht unzufrieden sein mit seiner Begleitung.“ Sophie grinste mich aus dem Spiegel heraus an und machte sich schon an meinen Haaren zu schaffen. In den letzten Tagen hatte sie so einiges an mir ausprobiert, was nicht immer angenehm war, doch heute schaffte sie es tatsächlich, es ohne großes Ziepen und Piksen. Wir hatten uns erst heute entschieden, was sie mir nun für eine Frisur verpassen sollte, und schließlich war es auf eine einfache Art die Haare auf eine Seite fallen zu lassen hinausgelaufen. Die eine Seite wurde ein wenig geflochten und festgesteckt. Die restlichen lose fallenden Haare wurden noch ein wenig mit dem Lockenstab eingedreht, sodass sie in natürlichen Wellen über meine Schulter nach vorn fielen.

Gerade als Sophie mit ein wenig Haarspray ihre Arbeit beendet hatte, klopfte es an der Tür und kaum hatte ich „Herein“ gesagt trat die Person ein, die wir absolut nicht erwartet hatten. Vollkommen entgeistert starrte ich Will an. Er trug einen schwarzen Anzug, mit weißen Hemd und schwarzer schmaler Krawatte. Seine rotbraunen Haare waren wie immer wuschelig, sahen aber dieses Mal ein wenig gebändigt aus. Und er war rasiert, was so selten vorkam, dass es erwähnenswert war.  „Äh, hi?“, fragte ich und blickte ihn verwirrt an. Dass ein Lehrer mitten im Zimmer von zwei Mädchen stand war wirklich verwirrend, aber er wirkte aus irgendeinem Grund genauso verwirrt. „Bist du auf der Flucht?“, hakte ich nun grinsend nach und mutmaßte einfach mal, was sein könnte.

„Kind of. Und ich wollte nochmal etwas fragen… wegen Liam.“, antwortete er in seinem üblichen Mix aus Englisch und Deutsch.

„Wegen Liam King? Was denn? Und wer verfolgt dich?“