Türchen #14

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Ich bin gerade dabei, alle Zutaten für die Plätzchen zusammen zusuchen, da geht auch schon der Skypeanruf von Amrei ein. »Bist du bereit?«, fragt sie, ohne mich zu begrüßen, was mich schmunzeln lässt. Sie klingt wie ein kleines Mädchen, welches es kaum erwarten kann, ihre Geschenke auszupacken. Dabei geht es hier nur um das backen von Lebkuchen. »Dir auch einen schönen Abend, Amrei. Und ja, ich bin bereit. Habe gerade alle Zutaten zusammen gesucht«, sage ich, und grinse sie über die Kamera an. »Ja ja, dir auch. Und jetzt los, lass uns anfangen.« Kaum spricht sie den Satz zu Ende, höre ich auch schon, wie sie die Eier aufschlägt und weitere Zutaten mit in die Rührschüssel gibt, ehe sie den Mixer einschaltet. Eindeutig. Sie kann es kaum erwarten die Lebkuchen plätzchen zu verzieren und zuessen. Auch ich bin nun dabei, den Teig zusammenzumischen und nebenbei der Weihnachtsmusik aus dem Radio zu lauschen. Das Backen ist gerade Erholung pur, irgendwie war das heute ein stressiger Tag gewesen und ich bin froh, das ich schon so früh in dieWeihnachtsferien starten konnte. So konnte ich bereits alles erledigen, was ich mir noch vor Weihnachten vorgenommen hatte. Nämlich die komplette Wohnung zu putzen, mein Outfit für Weihnachten heraussuchen und die Geschenke alle einpacken.

»Sag mal, hörst du mir überhaupt zu?«, erklingt Amreis Stimme aus dem Lautsprecher meines Laptops und zucke zusammen. »Sorry, ich war gerade in Gedanken. Was hast du gesagt?«, frage ich und sehe sie schmunzeln. »Ich wollte wissen, ob du schon weißt, was du Silvester anziehen wirst. Ich habe nämlich absolut keine Ahnung.« Das ist eine sehr gute Frage, darüber habe ich mir ehrlich gesagt noch gar keine Gedanken gemacht. »Frag mich etwas Leichteres. Habe da noch gar nicht drüber nachgedacht«, gebe ich ehrlich zu und zucke mit den Schultern. »Ich glaube, ich ziehe ein Kleid an«, sagt Amrei und nascht etwas von dem Teig.

»Warte mal kurz, Chris ruft mich an«, sage ich zu Amrei, die mir gerade schmatzend erzählt, dass sie sich ein dunkelgrünes Samtkleid gekauft hat. »Hi Chris, was gibt's? Ich backe gerade via Skype mit Amrei«, begrüße ich ihn und höre ihn leicht lachen. Kein normales 'Chrislachen'. Ein komisches lachen. »Ist alles okay?«, frage ich irritiert nach und sehe, wie Amrei in der Bewegung innehält und mich über die Webcam anschaut. Fragend schaut sie mich an und ich zucke mit den Schultern. »Ich habe eben mit Mama und Papa telefoniert. Die beiden stecken in Irland fest. Da ist für heute und die nächsten Tage ein heftiger Schneesturm angesagt und alle Flug- und Fährverbindungen wurden gecancelt.«, »Oh okay. Also schaffen sie es zu Weihnachten nicht nach Hause und wir sitzen zu zweit unter dem Tannenbaum?«, frage ich zerknirscht nach, höre, wie er ausatmet. »Nicht ganz. Bonnie hatte die Idee, das wir mit ihr zusammen zu ihrer Familie in den Norden fahren. Mit ihrer Mutter hat sie bereits telefoniert und sie würden sich freuen, wenn wir zu ihnen kommen. Wäre das okay für dich?«, fragt er mich. »Klar, warum nicht. Ist nur schade, dass Mama und Papa nicht dabei sein werden«, antworte ich noch immer etwas zerknirscht. Da hat mich das Gefühl der letzten Tage wohl nicht enttäuscht. Ich wusste, irgendwas wird diese Weihnachten anders sein. »Dankeschön, Kleine«, sagt er, und ich höre sein Lächeln hinaus, kann mir bildlich vorstellen, wie seine Augen erleichtert schimmern und sich das leichte Grübchen in der linken Wange bildet. »Nicht dafür. Hauptsache, wir beide sind beisammen. Du weißt, dass mir das am wichtigsten ist zu Weihnachten«, antworteich leise, schaue noch immer Amrei in die Augen und sehe, wie sie wehmütig lächelt, mir dennoch aufmunternd zunickt. »Ich weiß, Luna. Bonnie wollte ja bereits am Sonntag hoch fahren. Wollen wir zusammen frühstücken und dann gegen Mittag gemeinsam fahren? Wir könnten dann gleich bis Neujahr bleiben«, sagt er und ich sage direkt zu. »Klar, wann soll ich denn bei euch sein? Und wo schlafen wir überhaupt?«, frage ich nach. Jetzt noch ein Hotel zu finden, wird wohl nicht gerade leicht sein. »Wir bekommen die Gästezimmer im Haus von Bonnies Eltern. Die haben doch genug Platz«, sagt er und nimmt mir somit die Sorge um eine Unterkunft. »Du könntest gegen 10 Uhr bei uns sein, wäre das okay? Und gegen 13 Uhr fahren wir dann hier los«, beantwortet er meine vorherige Frage und ich nicke, ehe Amrei anfängt zu lachen und ich merke, dass er es ja gar nicht sieht. Warum bin ich nur so? »Hast du genickt und Amrei lacht deswegen über dich?«, »Du kennst mich zu gut, Bruderherz«, sage ich lachend und stecke ihn damit an. Im Hintergrund höre ich auch Bonnie leise lachen. »Dann möchte ich euch gar nicht länger aufhalten. Backt fleißig weiter und grüß Amrei von uns. Wir freuen uns auf sie und Sören.«, »Bis Sonntag und grüß Bonnie von uns. Ciao«, sage ich und auch Amrei brüllt ein 'Tschüss, Chrisilein' in Chris' Richtung.

»Hat er das gehört?«, fragt sie mich und schaut mich neugierig an. »Klar, so laut, wie du geschrien hast, wäre es ein Wunder, wenn er dich nicht gehört hätte«, sage ich lachend und sehe, wie sie ein Schmollmund zieht. »Hör auf zu schmollen und roll besser mal deinen Teig aus.« So schnell lenkt man sie wieder vom Thema ab. »Denk ja nicht, dass ich nicht gemerkt habe, wie du versuchst vom Thema abzulenken«, sagt sie und zeigt mir drohend ihr Nudelholz in die Kamera. »Das weiß ich doch. Aber jetzt sollten wir wirklich weiter machen. Sonst zieht sich das Backen noch mehr in die Länge, als es das eh schon tut«, sage ich und nehme ebenfalls mein Nudelholz zur Hand. Kurz darauf erklingt die Stimme von Sören. »Moin Lu, na alles gut?«, fragt er und stellt sich zu seiner Freundin, um ihr etwas Teig zu klauen. »Außer das ich gerade erfahren habe, das ich Weihnachten mit Chris im Norden bei Bonnies Familie verbringe – ja, es ist alles gut. Und bei dir?«, »Warum das denn?«, fragt er, ohne auf meine Gegenfrage einzugehen. »Ihre Eltern stecken wegen des Schneesturms in Irland fest. Da geht gar nichts mehr in den nächsten Tagen«, erklärt ihm Amrei, ehe sie ihm auf die Finger haut, als er erneut etwas Teig klauen möchte. »Ey, lass das«, beschwert sie sich knurrend. »Ist ja gut, Tiger. Ruhig«, lacht er und zwinkert mir zu, ehe er die Küche wieder verlässt.

Etwas mehr als eine Stunde später haben wir beide viel zu viele Kekse in den Dosen. Wer soll das denn alles essen? Ich muss die unbedingt mit nach Neustadt nehmen. »Puh, wenn du nicht auch gebacken hättest, würde ich dir nun welche schicke. Das ist doch viel zu viel. Wer soll die denn alle essen?«, sagt Amrei leicht verzweifelt und bringt mich zum Lachen. Sie schmunzelt. »Das habe ich mir auch gerade gedacht. Ich glaube, ich treffe mich morgen noch mal kurz mit Clara und gebe ihr eine Dose ab, den Rest nehme ich dann mit nach Neustadt«, sage ich und lächel Amrei an, sie nickt. »Das klingt nach einem super Plan.«

DezemberwunderWhere stories live. Discover now