Teil 1

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Der Schnee lag glänzen weiß auf den Straßen. Bedeckte Häuser, Wälder und blaue Seen. Leuchtete heller als die Morgensterne am dunklen Himmel, denn es war noch früh. Der 1. Dezember 7 Uhr. Für manche ein unscheinbarer Tag, doch für andere einer, an dem die Freude und vor allem die Vorfreude im Jahr beginnt.

Müde, aber mit einer gewissen Glücklichkeit, blickte er auf die vorbeiziehenden Straßen. Allesamt mit Schnee bedeckt, sodass sogar schon die großen Schneeraupen kommen mussten, um die Straßen freizuräumen. Er dachte an zuvor zurück, als er das Haus verließ und sich umguckte. Man sah die Menschen aus den leicht vereisten Fenstern schauen, Kamine rauchen und die Leute Schnee schieben. Alle waren hellwach und betrachteten mit einem Glücksgefühl das weiße Wunder. Lange, lange hatten sich die Menschen den langersehnten Schnee gewünscht, so selten war er über die Jahre geworden. Die Gefühle von Gemeinschaft und Gleichgesinntheit, welche dort herrschten, zauberten ihm ein Lächeln ins Gesicht. All das, was ihm lange gefehlt hatte.

Der Junge nahm seinen schwarzen Rucksack vom Boden des Busses und festigte seinen Griff um die Tasche, die er trug. Als der Bus hielt und er ausgestiegen war, verschnellerte er seine Schritte, denn er wollte nicht zu spät kommen. Die Kinder hinter ihm bewarfen sich mit Schneebällen oder begannen einen kleinen Schneemann zu bauen. Wieder schlich sich ein Lächeln auf das Gesicht des Schülers. Nach wenigen Minuten des Fußweges kam er an der modernen Schule an. Sofort machte er sich auf zu seinen Klassenkameraden, die wie immer am selben Eck neben der Uhr standen. Seine Freunde waren noch nicht anwesend, doch zuversichtlich grüßte er alle und erhob einmal die Hand, als nette Geste. Wie jeden Tag trudelten seine Freunde, fast wie abgesprochen, zur selben Zeit ein und mit einem gekonnten Handschlag begrüßte er alle drei. Sein Blick schweifte in die Weite, immer Ausschau haltend nach ihm. Beruhigend sprach seine Freundin auf ihn ein, dass er noch rechtzeitig erscheinen würde, doch die Stimmung des Jungen sank mit jeder Minute, die verstrich. Als sie schon alle ihre Sachen packten, um das neue Gebäude zu betreten, kam er angerannt. Völlig außer Puste und mit gerötetem Kopf. Der Besagte stütze sich mit den Armen auf den Knien ab und atmete schwer. Nach langen erholsamen Sekunden des Schweigens, erhob er die Stimme und sagte, dass er leider verschlafen hatte. Entschuldigend schaute er den Dunkelblonden an und sein Blick traf auf die Tasche in den Händen des anderen. Mittlerweile hatte es wieder angefangen zu schneien und dicke Schneeflocken tanzten in der Luft. Der Junge erklärte er würde es ihm nachher zeigen. Zustimmend nickte der Gegenüber und schnell machten sie sich auf ins Klassenzimmer, denn draußen wurde es langsam ungemütlich und beide wollten nicht zu spät zum Physik Unterricht kommen.

Nach etlichen Stunden Formeln berechnen und Ergebnissen auswerten, rannten die Schüler förmlich aus dem Klassenzimmer in die große Pause. Draußen lag nun haufenweise weißer Schnee und einige Schüler bauten schon Schneemänner, machten Schneeengel und wilde Schneeballschlachten begannen. Wie so oft an diesem Tag musste der Dunkelblonde grinsen. Er umgriff seine Tasche schüchtern, als der Braunhaarige vor ihm stand und ihm gespannt in die Augen sah. Vorsichtig reichte er dem anderen die kleine hellblaue Tasche, mit den Worten es sei ein Weihnachtsgeschenk für ihn, doch er hatte es nicht ausgehalten und wollte es ihm jetzt schon geben. Überrascht nahm der andere Junge die Tasche in die Hand und blickte hinein. Der Dunkelblonde platzte fast vor Aufregung, als der andere den Brief durchlas und anschließend mit großen Augen sein Selbst gemaltes Bild und die Pralinen betrachtete. Ein Lächeln schlich sich auf sein Gesicht und auch der andere blickte ihm glücklich in die Augen. Sie blendeten die klatschende Menschenmasse um sich herum vollkommen aus, während ihr hitzigen Gesichter sicher immer näherkamen. Ihre Lippen berührten sich und ein Feuerwerk brach in dem Jungen aus, die Rose, die er in den Händen hatte, fallen lassend. Ihre Lippen bewegten sich vorsichtig in einem Takt. Er schmeckte den Schnee, der auf ihre beiden Lippen fiel. Er fühlte das Kribbeln auf ihren Lippen. Zufrieden löste sie sich und sahen sich um. Seine gesamte Klasse und ein paar andere Schüler hatten einen großen Kreis um sie gebildet und klatschen, jubelten und warfen fröhlich Schnee in die Lüfte. Er liebte den Winter, er liebte seine Klasse, er liebte seine Schule, doch ganz besonders liebte er den wundervollen Jungen vor sich. Er nahm ihn fest in den Arm und zusammen drehten sie sich im Kreis, der frische Schnee fiel auf sie hinab. Nach einer langen liebevollen Umarmung lösten sie sich und lächelten sich an. Mit einem einfachen, aber bedeutungsvollen „Danke.", bedankte sich der Dunkelhaarige. Der andere nickte zufrieden, und dann zur selben Zeit rutsche ihnen das Offensichtliche hinaus. „Ich liebe dich.", war es, was wie ein frischer Hauch von warmer Luft in der kalten Jahreszeit vorbeizog. So langsam gingen die anderen Schüler wieder ihren eigenen Dingen nach, doch alle noch positiver gestimmt als zuvor. Die Freunde des Dunkelblonden beglückwünschten ihn und Hand in Hand machten sich die beiden in das nächste verschneite Schulgebäude auf.

Das weiße WunderWo Geschichten leben. Entdecke jetzt