Unerwartete Ereignisse

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Mit dem mir zugewiesenem Schlüssel öffnete ich die Tür zu meinem Hotelzimmer. Genauer gesagt zu unserem. Während Joseph sich an der Rezeption um unsere Zimmer gekümmert hatte, bekam ich mit, wie Jotaro sich mit ihm nebenbei über die Zimmeraufteilung unterhalten hat. Letztes Mal habe die Zimmeraufteilung doch auch so gut funktioniert, wieso sollten wir sie ändern, hatte er gesagt. Schmunzelnd strich ich mir meine rote Strähne aus dem Gesicht. Insgeheim freute ich mich ja, wieder mit ihm ein Zimmer teilen zu dürfen...
Als ich die Zimmertür hinter mir hörte, drehte ich mich um und brabbelte direkt drauf los.

"Jotaro! Ich weiß, du würdest am liebsten sofort zu Dio, es tut mir leid, ich wollte nicht Mitauslöser dafür sein, dass wir hier eine Pause einlegen und..."

Überrascht schnappte ich nach Luft, als der Riese mich ohne Vorwarnung ergriff und unglaublich fest in seine Arme schloss. Er klammerte sich regelrecht an mich.

"Kakyoin... Ich hatte solche Angst um dich..."

Okay.. So etwas hatte ich nun echt nicht erwartet...nicht von Jotaro.
Nachdem sich unsere ungewohnt lange Umarmung wieder gelöst hatte, räusperte er sich und zog sich seine Mütze ein wenig tiefer ins Gesicht. Wortlos ging er an mir vorbei und setzte sich auf eines der Hotelbetten. Erneut räusperte er sich und meinte:

"Tut... Tut mir leid, ich wollte dich nicht so überfallen... Ich hab mir nur wirklich Sorgen gemacht. Die Aussagen der Ärzte waren nicht besonders hilfreich."

Während ich ihn beim Zuhören so musterte, fiel mir auf, dass er mich diesmal gar nicht anschaute. Sonst tat er das immer, sein fester Blick haftete bisher bei jedem Gespräch immer an seinem Gegenüber. Doch diesmal schaffte er das nicht. Zugegeben, mir erging es aber auch anders. Es war seltsam. Ich fühlte mich so wohl und gleichzeitig so unter Strom. Das war sicher, weil ich nie zuvor eine echte Freundschaft kannte, oder..? Doch wenn es daran läge, warum fühlte ich mich dann bei Jotaro so seltsam, aber nicht bei Polnareff, Joseph oder Avdol? Immerhin waren sie mir während unserer gemeinsamen Reise auch ans Herz gewachsen und echte Freunde geworden. Was war das dann bei Jotaro?

"Mach dir um mich keine Sorgen. Mir geht's wieder gut!"

lachte ich. Endlich hob er den Blick und sah mich an. Eines dieser seltsamen Gefühle schoss wie ein Blitz durch meinen Körper als mich sein Blick traf. Doch sein Blick war ebenso seltsam. Er wirkte traurig und zugleich irgendwie streng.

"Versprich' mir, dass du sowas nie wieder tust!"

Sanft lächelnd setzte ich mich zu ihm und schaute ihn an.

"Okay. Ich verspreche es! Dann musst du das aber auch tun. Beschützen wir uns einfach gegenseitig. Machen wir Dio fertig!"

Lächelnd nickte er und schaute dann durch das Fenster hinaus.

"Ich... denke ich gehe eine Weile raus. Frische Luft schnappen. Ein wenig spazieren. Willst du mich begleiten?"

Ich nickte heftiger als gewollt und stand wieder auf um meinen Mantel über zu werfen.

"Wohin möchtest du gehen?"

"Weiß ich noch nicht, mal sehen wo es uns hinführt. Oder gibt es einen Ort, wo du unbedingt hin möchtest?"

Kopfschüttelnd steckte ich den Zimmerschlüssel ein und folgte ihm durch die Tür.

"Nein, dein Plan klingt schon gut. Ich komme einfach mit dir mit."

Draußen herrschten hier in Kairo wirklich angenehme Temperaturen um diese Uhrzeit. Es war zwar schon dunkel und die Sterne funkelten am Himmel, und trotzdem mussten es mindestens 12° gewesen sein. Frischere Luft konnten wir gerade wirklich nicht haben. Es war die Ruhe vor dem Sturm. Die Ruhe vor dem finalen Kampf. Ich schielte hinüber zu Jojo, er schien in Gedanken versunken. Sicher machte er sich Sorgen um die nächsten Tage. Mittlerweile waren wir schon eine ganze Weile schweigend nebeneinander her gelaufen. Ich hätte mich so gerne mit ihm unterhalten, doch ich hatte Angst, ihn aus seinen Gedanken heraus zu zerren und ich wusste nicht so recht, was ich überhaupt sagen sollte. Andererseits genoss ich auch einfach seine Gesellschaft.

"Kakyoin?"

"Ja, Jotaro?"

"Ich bin ehrlich froh, dass du mitgekommen bist auf dieser Reise."

"Mhmmm.. Geht mir genauso."

"Weißt du, mich stört etwas seit du zurück bist."

"Was denn?"

"Dass du diese dämliche Sonnenbrille jetzt immer trägst."

Verdutzt musste ich lachen.

"Nunja, meine Augen sind jetzt noch etwas empfindlich von den Verletzungen. Ich muss sie schonen. Ärztliche Anordnung."

"Es ist Nacht und dunkel, wovor willst du sie schonen?"

"Kann nicht schaden. Es reichen schon Laternen oder..."

Etwas ärgerlich zu mir blickend blieb er stehen. Was hatte er denn nun? Es war manchmal wirklich schwierig, ihn zu durchschauen.

"Deine Augen... Ich kann sie nicht mehr sehen mit der Brille. Das stört mich."

Ich prustete ohne nachzudenken drauf los.

"Seit wann ist es dir denn so wichtig, Leuten beim Reden in die Augen zu schauen? Sowas hat dich doch sonst nie gestört!"

Nun wirkte sein Blick etwas wütender. Was war los? Regte er sich gerade ernsthaft wegen einer Sonnenbrille auf? Ich verstand nicht ganz, was gerade passierte. Plötzlich schlug er seine Faust direkt neben mir in die Hauswand, an der wir vorhin stehen geblieben waren. Erschrocken schaute ich zu ihm hoch. Ungezügelt redete er weiter.

"Verstehst du nicht? Ich will deine Augen sehen! Sie sind zu schön um sie zu verstecken!"

Noch im selben Atemzug schien er zu bereuen, was er gerade ausgesprochen hatte. Bevor er den Kopf hastig senkte, um sein Gesicht wieder hinter der Mütze zu verstecken, verriet mir ein schneller Blick auf seine Wangen, dass er etwas rot wurde. Hatte der sonst immer ruhig bleibende Jotaro Kujo gerade wirklich seine Fassung verloren? Weil er...meine Augen schön nannte?

"Jotaro, ich..."

"Tut mir leid, vergiss was ich gesagt hab."

Er nahm seine Faust wieder runter und baute sich wieder seine starke, ruhige Ausstrahlung auf. Doch als ich meine Sonnenbrille absetzte und zu ihm hoch schaute, bemerkte ich, wie seine leichte Nervosität diese schon wieder zerbrach. Er erwiderte meinen Blick und wir sahen uns lange einfach nur wortlos an.
Jotaro griff nun plötzlich unerwartet sanft nach meiner Hand und streichelte über meinen Handrücken. Er wurde nun richtig rot. So wie ich mich fühlte, musste ich schon seit einer ganzen Weile im Gesicht roter sein, als meine Haare es waren... Ich war so unglaublich aufgeregt. Seine Hand wanderte nun vorsichtig meinen Arm hinauf, bis er sie auf meine Wange legte. Während sich die Gefühle in diesem einen Moment so heftig intensivierten, schossen mir so viele Gedanken gleichzeitig durch den Kopf. Passierte das gerade wirklich? War das richtig? War es das, was ich wollte? War das die Erklärung für all die Verwirrung und Unruhe in mir? Doch all diese Gedanken verstummten urplötzlich, als sich seine Lippen auf meine legten. Die Welt um uns herum schien stehen zu bleiben. Alles andere war unwichtig. Die Sorgen waren verflogen. Die Nervosität war gewichen. Es war einfach alles perfekt in diesem Augenblick. Ich wollte, dass es nie endete.

In Your Arms - Last Train Home [Jotakak] Where stories live. Discover now