Teil 19: Breathe out.

1.8K 146 57
                                    

- Ushijima Wakatoshi -

"Ich denke ja."

Satoris Augen weiteten sich, in seinen Augen bildeten sich Tränen.
"Wein jetzt nicht." meine Stimme kratzte und war leiser als jemals zuvor.
"Wie soll ich das denn schaffen?"
Er drückte meine Hand gegen seine Stirn, küsste sie danach.
"Du kannst dir nicht vorstellen wie sehr ich dich liebe, Wakatoshi."
"Und ich dich, Satori."
Der Rotschopf beugte sich langsam zu mir hinunter um mir einen Kuss zu geben. Ich erwiederte ihn schwach, versuchte dennoch all meine Gefühle in diesen hineinzustecken.
"Hätte ich nur diese blöde Chemo gemacht." hustend lachte ich auf.
"Das ist pure Ironie." Er lachte ebenfalls auf, schluchzte dazwischen jedoch.
Hätte ich damals gewusst, dass es einen Sinn geben würde, für den es sich zu leben lohnt, dann hätte ich die Chemotherapie niemals aufgegeben.
Doch das war nun Vergangenheit.

"Ich bin so glücklich."
Es war bereits nurnoch ein Hauchen.
"Du hast es geschafft, in acht Monate die Gefühle von 60 Jahren zu stecken."
Seine Wangen waren komplett nass.
"Wir haben das geschafft."
Es schmerzte, dass er traurig war, das hatte ich nie gewollt.
"Alles fühlt sich leichter an."
All meine Schmerzen waren wie weggeblasen, meine Glieder fühlten sich nichtmehr schwer und träge an.
"Ich liebe dich, für immer." Satoris Stimme war nurnoch ein Hallen in meinem Kopf, es war als würde er weit von mir entfernt in einem Tunnel stehen.

Es war wie als würde jedes Ereignis in meinem Leben Revue passieren.
Meine Mutter, die mir sagte, dass sie für immer stolz auf mich sei und dass sie nun gehen würde.
Mein Vater, der mich im Stich ließ, als ich ihn am meisten brauchte.
Die Freunde, die ich mir im Krankenhaus machte und welche starben.
Dr. Takemi, welche für mich meine Familie war. Die lustigsten und traurigsten Momente in den letzten Jahren. Ob es eine Schachpartie oder eine Untersuchung war.
Und zuletzt Tendou.

Der Junge mit dem roten Haar und dem frechen Grinsen. Seine Gedanken waren wie ein heftiger Sturm und dennoch war er still.
Und er sah beinahe immer perfekt aus, egal in welcher Situation.

Bei unserem ersten Treffen, in seinem durchnässten Hoodie.
Als wir bei ihm auf der Couch schliefen.
Oder als wir uns die Sterne auf dem Krankenhausdach anschauten.
Er war wie ein Engel, eine nicht reale Erscheinung.
Letztenendes retteten wir uns gegenseitig und deshalb war es sowohl bitter, als auch süß, dass wir uns hoffnungslos ineinander verliebten.
Jeder Augenblick, den ich mit ihm verbrachte zog an mir vorbei, fast als wäre mein Leben ein Kinofilm.
Wir standen gemeinsam vor dem Altar, küssten uns.

So hätte es zumindest laufen sollen.

Der Traum, mit ihm ein gemeinsames Leben zu führen fühlte sich nun wie die Realität an.
Ein kleines Mädchen an seiner Hand, ihr Lächeln war beinahe genau so süß wie seins.
Ihre Haare waren zu einem geflochtenen Zopf gebunden und sie blickte ständig auf seinen Ehering.
'Darf ich kurz zu Papa?'
Seine Haare waren länger geworden und er trug eine Brille.
'Natürlich mein Schatz.'
Sie hatte ebenfalls dunkelbraune Haare und hellbraune Augen.
'Papa!'
Mit offnen Armen lief sie auf mich zu.

"Ayumi."

Es war nur ein Augenblick für Satori, in welchem ich mein letztes Wort sprach, doch für mich war es so, als hätten wir all unsere Träume erfüllen können.
Das Leben war unfair, denn es war nur eine Illusion, doch es störte mich nicht.

'Ich liebe dich, Satori.'

Jegliches Gefühl aus meinem Körper verschwand und meine Augen fielen langsam zu.

Und dann atmete ich aus.

Breathe out. - UshitenWhere stories live. Discover now