Teil 14: Nähe

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- Ushijima Wakatoshi -

"Ich möchte dir etwas zeigen."
Es machte keinen Sinn mehr, weiterhin über die Zukunft und meine Beerdigung zu reden. Ich wollte nicht, dass Tendou traurig war, er sollte jeden Augenblick genießen.
"Nimm die Musikbox und komm mit."
Mein Lächeln brachte ihn scheinbar auch zum lächeln. Er schnappte sich die Box und griff nach meiner Hand. Ich zog ihn zum Treppenhaus und wir stiegen die Treppen nach oben auf das Dach des Krankenhauses.
Es war bereits spät, ein Blick auf die Uhr sagte mir, dass es schon 23 Uhr war.
Der Mond erleutete die Nacht und die Sterne funkelten am Himmel.
Wir setzten uns an den Rand, machten leise Musik an und begannen uns zu unterhalten.
Ich legte mich hin, verschränkte meine Arme hinter meinem Kopf. Ich legte den Sauerstoffschlauch, welcher unter meiner Nase langlief weg und atmete tief durch. Die Luft war rein und frisch, es war kühl, aber nicht kalt.
"Die Sterne sehen unglaublich schön aus."
Solche Momente machten es schwer für mich, bald sterben zu müssen.
Dinge, wie Sterne am Nachthimmel oder starke Gewitter würde ich gerne viel öfter miterleben.
"Irgendwie sehen sie magisch aus." Tendou legte sich neben mich.
"Sie sind so unerreichbar, scheinen aber trotzdem greifbar zu sein."
"Du bist echt ein Poet, was?"
Ich grinste kurz und sah ihn dabei an. Ein kurzes Lachen seinerseits war zuhören, doch es verstummte genau so schnell wie es gekommen war.
"Ich war schon immer so, mit dem Kopf in den Wolken."
"Willst du mir etwas über dich erzählen? Ich würde dich liebend gern besser kennenlernen."
Er hatte scheinbar nicht damit gerechnet, denn er verstummte für einen Augenblick.
"Ich hab die Schule abgebrochen. Jeder Tag war die Hölle für mich. Meine einzigen Lichtblicke waren schreiben und Volleyball. Ich wurde von der ersten Klasse an ausgeschlossen und gemobbt. Irgendwann wurde es immer schlimmer, die Beleidigungen wurden zu Drohungen und als auch meinen Eltern meine Probleme zu viel wurden, haben sie mich rausgeschmissen."

Er atmete durch, sein Blick galt den Sternen.
Mein Blick galt jedoch nur ihm.
Je länger ich ihn ansah, desto vertrauter war er mir. Er war schon lange kein Fremder mehr, doch seiner Stimme zu lauschen und ihn anzuschauen gab mir das Gefühl ihn schon ewig zu kennen.
Er war wunderschön, alles an ihm war unglaublich. Der Mond spiegelte sich in seinen dunklen Augen wieder.

"Meine Tante bezahlt mir die Wohnung, aber nur bis ich 20 bin. Ein Jahr also noch. Ich begann zu glauben, dass ich ein Fehler, ein Monster sei."
"Das stimmt nicht Tendou."
Nun blickte er mir in die Augen. Ich konnte seine Schmerzen, seine Trauer darin erkennen.
"Du bist etwas Besonderes."
Er schüttelte kurz den Kopf.
"Hör auf so etwas zu denken!"

Mit der Intention, ihn glücklich zu machen und ihm solche Gedanken aus dem Kopf zu schlagen sprang ich auf und beugte mich über ihn. Er lag nun unter mir, drehte seinen hochroten Kopf weg.
"Schau mich an." flüsterte ich.
Langsam drehte er sich zu mir und blickte mir direkt in meine Augen.
"Du bist perfekt. Alles an dir."
Meine Stimme war bereits nurnoch ein Hauchen.
Seine Augen funkelten.
In diesem Moment blendete ich all meine Gedanken aus und tat das, was ich für richtig hielt.

Ich beugte mich zu ihm runter, bis unsere Gesichter nurnoch wenige Zentimeter voneinander getrennt  waren.
Seine kalte Hand strich über meine Wange und in seinen Augen war nun keine Trauer mehr, sondern Wärme und Geborgenheit.

Nachdem ich kurz durchatmte, legte ich meine Lippen behutsam auf seine. Erst war es so als würden unsere Lippen sich nur streifen, doch dann legte Tendou seine Hände in meinen Nacken und zog mich tiefer in den Kuss. Aus einem zaghaften und schönen Kuss wurde ein verlangender. Tendou biss mir leicht in die Unterlippe, sodass ich meinen Mund leicht öffnete. Als ich unsere Lippen wieder miteinander vereinte, packte Tendou meine Hüfte und drehte uns um, sodass er nun über mir lag.
Das Blut in meinen Adern kochte und der Boden unter mir kühlte mich ein wenig ab.
Der Zungenkuss wurde immer verlangender und Tendou zog mich dabei nach oben.
Wir beide saßen nun, er auf meinem Schoß.

"Ist dir nicht kalt?" fragte ich außer Atem.
"Ein wenig." Tendou grinste mich an und stand langsam auf.
"Lass uns wieder rein gehen. Komm schon."
Er griff nach meiner Hand und zog mich Richtung Treppenhaus, danach auf mein Zimmer.
Als wir die Tür hinter uns geschlossen hatten, küsste ich ihn erneut.
Ohne irgendwelche Sorgen oder Zweifel.

Jeder meiner Gedanken galt nur ihm und ich genoss die Nähe, die Tendou mir in diesem Augenblick schenkte.

Breathe out. - UshitenWhere stories live. Discover now