In meinen Armen

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Die Dämmerung bricht bereits herein, als Kaíyra und ich den Garten verlassen und gemeinsam zurück in ihr Krankenzimmer gehen.
Den gesamten Abend über lagen wir zu zweit im Gras, die Elfe eng in meinen Armen und genossen das immer leiser werdende Zwitschern der Vögel, die warmen, schwindenden Sonnenstrahlen und die zarten Berührung des anderen.
Ich kann mich nicht an schönere und friedlichere Stunden in meinem Leben erinnern. Sie waren einfach nur wunderschön, einfach perfekt.
Auch Kaíyra wirkte so gelöst und entspannt wie noch nie. Hier, im Schutze ihrer Heimat und noch immer gezeichnet von ihrer Schwäche, erlebe ich eine ganz andere Seite der jungen Elfe.
Da ist nichts mehr von ihrer ständigen Wachsamkeit aus unserer gemeinsamen Zeit im Wald. Und auch nichts von ihren harschen Worten oder abweisenden Reaktionen. Im Gegenteil.
Wenn Kaíyra mich jetzt ansieht, leuchten ihre goldenen Augen förmlich, und ein Lächeln ziert nahezu immer ihre vollen Lippen.
Die Berührungen ihrer Hände sind nun sanft und zärtlich, sogar ihre Worte lassen mich ununterbrochen wissen, dass die Elfe diese warmen und flügelschlagenden Gefühle in meinem Herzen auf eine ganz bestimmte Art und Weise teilt. Und das, ist absolut das atemberaubendste auf dieser Welt.
Doch es gibt noch eine Sache, die mir an der Elfe auffällt. Jedenfalls, seitdem sie bis vor wenigen Momenten noch in meinen Armen gelegen hatte.
„Deine Bewegungen wirken sicherer. Allein schon wie du vorhin ohne Mühe aufgestanden bist... Fühlst du dich besser?", frage ich verwundert, als ich leise die Glastür zum Garten schließe und hinüber zu Kaíyra sehe, die mich nun ebenfalls nachdenklich anblickt.
„Jetzt wo du es sagst...ja, in der Tat. Nicht so viel, dass es mir selbst aufgefallen wäre, aber..."
Sie spricht nicht weiter und blickt stattdessen an mir vorbei hinaus in die immer dunkler werdenden Natur. Offenbar sind ihre Gedanken gerade nicht in diesem Raum.
„Kaíyra?", frage ich vorsichtig und gehe langsam zu ihr hinüber, um ihre Hände in meine zu nehmen. Das scheint die Elfe aus ihren Gedanken zu reißen.
„Entschuldige. Ich dachte nur..."
Wieder beendet sie ihren Satz nicht und ich ziehe fragend eine Augenbraue nach oben. Kaíyra sieht mich ehrlich an, doch der rosige Schein auf ihren hohen Wangenknochen, lässt sie ein wenig verlegen wirken.
„Was dachtest du?", frage ich sanft nach und streiche mit meinen Daumen behutsam über die warme Haut der Elfe. Kaíyra hingegen beißt sich nur auf die Lippe und bringt mit dieser simplen Geste mein armes Herz dazu, ein wenig schneller zu schlagen.
„Es...es liegt an unserem Körperkontakt", erklärt die Elfe schließlich ruhig und blickt mir fest in die Augen, „ich ziehe viel Kraft daraus. Natürlich werde ich auch wieder gesund, wenn du nur in meiner Nähe bist, aber deine Berührung... sie hilft mir. Sehr."
Einen Moment lang bin ich still und versuche zu verstehen, warum Kaíyra dieses Bekenntnis so schwer über die Lippen kommt, doch da beginnt sie auch schon, es mir zu erklären.
„Das soll aber nicht heißen, dass du es tun musst, ich möchte dich auf keinen Fall dazu drängen, ich-..."
„Hey, hey", unterbreche ich die Elfe sanft und berühre mit meinen Fingerspitzen zärtlich ihre Wange, „hörst du dir eigentlich selbst zu? Die Berührung meines Körpers beschleunigt deine Genesung und gibt dir deine Kraft zurück und du machst dir Sorgen, mich dazu zu drängen, wenn ich mich doch schon so lange nach deiner Nähe sehne?"
Ich sehe Kaíyra tief in die aufmerksamen Augen und versuche ihr die Wahrheit hinter meinen Worten begreiflich zu machen. Und zu meiner Erleichterung schleicht sich ein kleines Lächeln auf das hübsche Gesicht der jungen Elfe.
„Du vergisst, dass all diese Dinge absolut neu für mich sind. Die Art wie du mich ansiehst, wie mein Körper darauf reagiert, die Sehnsucht nach deiner Nähe, und der Wunsch nach Berührungen. Ich kannte diese Gefühle mein Leben lang nicht, bis ich dir begegnete und auch jetzt noch weiß ich oft noch nicht, wie ich mit ihnen umgehen soll. Und was sich für dich richtig anfühlt. Was dir zu schnell geht oder was du dir wünscht..."
Mein Herz in meiner Brust wird bei Kaíyras ehrlichen Worten immer wärmer und wärmer. Es bereitet mir ein unglaubliches Gefühl, dass die Elfe ihre eigene Gesundheit hinten anstellt, um mich nicht zu überfordern oder zu drängen.
Was könnte mir mehr beweisen, dass ich ihr unfassbar wichtig bin, als das?
„Alles, was ich mir momentan wünsche ist, dass du bald wieder zu Kräften kommst und dass du mich während dieser Zeit bei dir sein lässt. So nah wie möglich", antworte ich wahrheitsgemäß, meine Worte sind bittend.
Daraufhin nickt Kaíyra nur stumm und bevor ich mich versehe, hat die Elfe mich auch schon in eine liebevolle Umarmung gezogen. Ihr schlanker Körper schmiegt sich eng an meinen und ich lege instinktiv meine Arme um ihren Oberkörper, halte sie behutsam fest und atme tief den mir so vertrauten Duft ihrer Haut ein.
„Du kannst mir gar nicht nah genug sein, Raine", flüstert Kaíyra mir ins Ohr und kurz darauf spüre ich ihre weichen Lippen an meiner Wange, fühle wie zärtliche Küsse meinen Hals hinunter wandern und kann nicht verhindern, dass ich reflexartig meinen Kopf hebe, um ihren vollen Lippen noch besseren Zugang zu meiner Haut zu gewähren.
Die Elfe lacht leise, doch dann zieht sie sich langsam zurück und nimmt stattdessen meine Hand in ihre.
„Würde es dir etwas ausmachen, heute Nacht bei mir zu schlafen?"
Ihre Stimme ist sanft und ruhig, keine Forderung oder Drängen liegt in ihr. Und trotzdem merke ich, dass Kaíyra diese Frage enorm wichtig ist, sonst hätte die Elfe sie mir nicht gestellt.
Natürlich muss ich keine Sekunde überlegen.
„Ich könnte mir nichts schöneres vorstellen, Kaíyra. Trotzdem fürchte ich, dass es Vendor etwas ausmachen könnte..."
Ich kann mir ein breites Grinsen nicht verkneifen und Kaíyra lacht nur amüsiert, als sie mich an der Hand hinüber zu ihrem Bett führt. Erst jetzt bemerke ich, dass in unserer Abwesenheit jemand die Bezüge gewechselt haben muss, denn sie haben nun eine dunklere Farbe. Ich tippe auf Alrï.
„Ist das so? Na vielleicht sollten wir dann die Tür abschließen?", neckt mich Kaíyra und ich senke schnell den Blick, als die Elfe kommentarlos ihr Oberteil über den Kopf zieht und aus ihrer Hose schlüpft.
Es ist nicht so, dass die Elfe nun nackt wäre, trotzdem fühlt es sich für mich nicht angebracht an, sie beim Ausziehen ihrer Kleider zu beobachten. Und obwohl Kaíyra noch immer nicht bei ihrem alten Gewicht angelangt ist, treibt mir der kurze Anblick ihres ansonsten makellosen Körpers die Röte ins Gesicht.
Dabei weiß ich genau, wie Kaíyra unbekleidet aussieht, jedenfalls ihr Oberkörper. Die Erinnerung an den nächtlichen Bergsee hat sich für alle Zeiten fest in mein Gedächtnis eingebrannt.
„Ich glaube nicht, dass eine verschlossene Tür Vendor aufhalten würde, wenn er mich mit dir im Bett sieht", erwidere ich zweifelnd und blicke hinüber zu besagter Tür, um ja nicht in Versuchung zu kommen, die Elfe zu beobachten.
„Vermutlich nicht. Aber davon lassen wir uns nicht abhalten", antwortet Kaíyra schmunzelnd und legt zart eine Hand auf meinen Rücken, sodass ich mich automatisch zu ihr umdrehe.
Ich bemühe mich, ausschließlich in ihre goldenen Augen zu sehen, doch es gelingt mir nicht. Immer wieder huscht mein Blick hinunter zu ihrem Körper und meine Wangen werden noch röter. In den Augen der Elfe liegt jetzt ein liebevoller Ausdruck.
„Hör bitte auf dich zu quälen, Raine. Du bist die Einzige, die diesen Körper jemals zu sehen bekommen wird, also denke bloß nicht, dass du dich mit deinen Blicken zurückhalten müsstest..."
Und mit diesen Worten und einem selbstbewussten Zwinkern, schlüpft Kaíyra unter die warme Decke und sieht mich auffordernd an.
Etwas verblüfft aber dennoch stolz und  glücklich, folge ich ihrem Beispiel und entledige mich ebenfalls meinem Hemd und meiner Hose.
Dann lege ich mich vorsichtig zu Kaíyra, doch die hübsche Elfe überbrückt rasch den Abstand zwischen uns und schmiegt sich augenblicklich eng an mich. Gleichzeitig legt sie ihren Kopf auf meiner Schulter ab und ihre Fingerspitzen, streicheln sanft über meinen nackten Arm.
„Ist das in Ordnung?", flüstert sie fragend, während sich die dunkle Nacht langsam über Fernīr zu senken beginnt.
„Mehr als das", flüstere ich zurück und ziehe Kaíyra mit einem Arm noch näher an mich heran. Das Gefühl ihr so nah zu sein und nun auch noch die Wärme ihrer Haut spüren zu dürfen ist schlicht überwältigend.
„Schlaf gut, Raine", wispert die hübsche Elfe und ich spüre noch einmal ihre zarten Lippen auf meinem Schlüsselbein, bevor sie in einen sanften Schlaf entschwindet.
„Schlaf gut, Kaíyra", antworte ich leise, doch ich glaube nicht, dass die bezaubernde Elfe mich noch gehört hat...

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