Kapitel IV: Sai

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Als Juvia wieder zu sich kam, war die Umgebung bereits in das wunderschöne orange-rote Licht der Dämmerung getaucht.
Ihr ganzer Körper schmerzte und war wie gelähmt.
Sie blickte sich um. Dies war nicht mehr der Ort an dem sie in Ohnmacht gefallen war. Sie lag an einen Stein gelehnt auf einer kleinen Lichtung. In kurzer Entfernung sah sie einen kleinen See, in dessen Wasser sich das Licht der untergehenden Sonne glitzernd spiegelte. Ein paar Lotusblüten schwammen auf der Oberfläche und im Hintergrund kommte man leises Froschquaken vernehmen.
Sie tastete über den Boden, über das sanfte, trockene, grüne Gras und versuchte aufzustehen. Doch es gelang ihr nicht.
Erst als sie sich zurück sinken ließ bemerkte sie den schwarzen Mantel mit Fellkragen, der ihren Körper zudeckte.
Panisch drehte sie sich zu allen Seiten und dann sah sie ihn.
Den Leviathan. Er hockte auf einem Stein ganz in der Nähe. Sein Gesicht war blutverschmiert und er umklammerte mit der einen Hand ein Tanto mit dem er sich abstützte. Mit der anderen drückte er in seine linke Hüfte, die stark auf seine Hand blutete.
Als er bemerkte das Juvia ihn an sah versuchte er schnell seine Wunde zu verstecken, was angesichts seines vollgebluteten Tanktops und seiner Hand nicht einfach war.
"Ah. Wieder unter den Lebenden? Ich hatte schon Angst ich hätte dich zu Tode erschreckt."
Juvia wich zurück.
"W-wie sind wir hierhergekommen und was ist passiert."
Der Leviathan lächelte. "Du warst ohnmächtig also musste ich dich tragen. Und unterwegs hat uns eine Gruppe Wölfe angefallen und einer davon hat mich etwas unsanft erwischt.", er zeigte auf die Wunde, an der Mann noch eine tiefe Bissspur erkennen konnte.
Doch Juvia war immer noch verwirrt.
"Wo sind wir hier? Und- wie kann es sein das du verletzt bist? Ich dachte der Leviathan sei unverwundbar."
Er setzte sich vor sie in das weiche Gras und starrte sie mit seinen tiefschwarzen Augen an. Von nahem sahen sie gar nicht mehr so bedrohlich aus. Eher beruhigend.
"Hahaha- ja das ist so eine Sache. Mein Orientierungssinn ist nicht wirklich der Beste. Ich habe keine Ahnung wo wir hier sind, aber mir gefiel es hier.
Und meine Verwundbarkeit kommt daher, dass ich noch nicht vollends meine Kraft entfalten kann. Ich bin nur ein Mischling aus Leviathan und Mensch.
Als die Leviathane ausgerottet wurden, konnten die Götter nicht gegen ihre Grundprinzipien verstoßen, eine Spezies komplett auszulöschen. So ließen sie einen Leviathan am Leben, aber nur einen. Dieser würde irgendwann mit der Zeit seine Kraft verlieren und wie ein Mensch sterben.
Es gäbe somit keine Möglichkeit für die Leviathane sich noch weiter fortzupflanzen.
Doch ein Mensch schaffte es, noch kurz vor dem Tod dieses Leviathanen, diesem Blut abzunehmen und einem neugeborenen zu injezieren. Damit war dieses Kind automatisch der Erbe der Leviathanen-Fähigkeiten. Von Generation zu Generation wuchs somit die Mischlingsfamilie, bis sie eines Tages, bis auf mich, erneut ausgerottet wurde. Ich bin der Letzte meiner Art."

Juvia schluckte. Was in der Zeitung berichtet wurde war fast alles falsch.
Dieser hier war kein blutrünstiges Monster. Er hatte sie gerettet und bis hierher getragen. Wie weit das gewesen sein musste?
Noch dazu war er verwundbar und schwer verletzt.
Mehr und mehr schwand ihre Angst vor dem geheimnisvollen Leviathan.
"Juvia würde gerne wissen was mit ihren Freunden passiert ist.", fragte sie. Doch er sah sie nur fragend an.
"Juvia? Ach bist du das? Freut mich. Mein Name ist Saishu. Aber du kannst mich Sai nennen."
"Wo sind meine Freunde?"
"Freunde? Als ich dich gefunden habe warst du allein. Oh- Moment, ich erinnere mich. Ihr habt doch gegen Kyoku, Soji und Suri gekämpft, nicht wahr? Dann wird euch Suris Druckwelle wohl weggeschleudert haben. Die hab selbst ich noch auf die Entfernung gespürt."
"M-meinst du sie leben noch?"
"Suris Druckwellen sind stark, aber nicht tödlich. Es ist unwahrscheinlich das einer von ihnen daran gestorben ist. Wenn, dann nur aufgrund der Tiere in diesem Wald."
Etwas beruhigt schloss Juvia die Augen. Sie dachte an ihre Freunde. An Lucy, Natsu, Happy und...an Gray.
Es war das erste Mal seit langem das die beiden getrennt von einander waren. Ob sie ihn jemals wieder sehen würde?
Warum musste sie so oft an ihn denken, obwohl er sie so verletzt hatte?
Tränen stiegen in ihr auf. Sie war innerlich zerissen.
Da spürte Juvia eine raue und doch sanfte Hand, die ihr über die Wange streifte und ihre Tränen wegwischte.
Dann umarmte Sai sie wie aus dem nichts. Die körperliche Nähe wärmte Juvia angenehm. Sie konnte spüren wie sehr er vor Schmerzen und Anstrengung zitterte. Und dennoch ließ er sie nicht los.
"Sai ich-"
Sie drückte leicht gegen seinen Körper und sofort gab er nach. Sai fiel auf den Rücken und Blut spritzte aus der Wunde.
Er stöhnte leicht vor Schmerz und blieb liegen.
Halb sorgenvoll, halb neugierig krabbelte Juvia zu ihm Begutachtete seine Wunde.
Sie war tiefer als es den Anschein hatte. Lange würde er dieses Spiel nicht mehr durchhalten.
Als Sai seine Augen wieder öffnete und in die von Juvia sah biss er die Zähne zusammen und stämmte sich hoch.
"Komm. Wir suchen deine Freunde."
"Aber du bist doch-"
"Nur ein Kratzer. Die Zeit heilt alle Wunden."

***

"Gray! Da sind Lucy und Natsu!"
Happy kreiste über den Baumkronen und hielt Ausschau nach den übrigen Vermissten. Er hatte Gray bereits recht früh gefunden und zusammen hatten sie sich auf die Suche nach den anderen gemacht.
"Kannst du Juvia irgendwo sehen?", fragte Gray der kaum noch Kraft hatte.
"Aye, nein! Nur Natsu und Lucy!", rief Happy.
Gray biss sich auf die Lippe. "Verdammt. Sie hätte auf mich hören sollen, hoffentlich ist nichts passiert."
"NATSUUU! Hier oben!" Happy winkte den beiden zu und keine Minute später standen die vier Freunde wieder zusammen.
"Oaaah diese dreckige Schlampe hat mit ihrer Attacke mein ganzes Kleid ruiniert! Das war gerade erst neu!", jammerte Lucy.
"Du sahst auch schonmal besser aus, Gray. Tja also mir kann sowas nicht passieren ich bin der Druckwelle einfach ausgewichen und hab die dann mit 1, 2 Schlägen ins Land der Träume geschickt."
"Aye, Natsu dich hat es bloß nicht erwischt weil du schon k.o. am Boden lagst."
"Los komm runter du Katzenkerl, dann zeig ich dir wie stark ich bin!"
"LEUTE!", unterbrach Gray die Streithähne, "Ihr könnt euch später fertig machen, wir müssen Juvia finden! Sie ist noch irgendwo da draußen und es wird schon dunkel. Und dann ist dieses Monster noch irgendwo da draußen!"
Lucy sah ihn mitleidig an.
"Gray, ich sag es dir nur ungern, aber Juvia stand am dichtesten an der Druckwelle. Wir wurden nur durch die Ausläufe getroffen, sie direkt beim Einschlag. Es ist unwahrscheinlich, dass sie überlebt hat. Und selbst wenn...dann ist da dieses Monster und wir sind nicht stark genug es zu bekämpfen."
"Das ist mir egal! Sie ist wegen mir mitgekommen und ich lasse nicht zu, dass sie meinetwegen stirbt! Dann such ich sie eben allein!"
Gray wollte losrennen, doch Natsu schmiss sich auf ihn und drückte ihn zu Boden.
"Lass mich gehen du Idiot!"
"Willst du einfach so in deinen Tod rennen?! Du kommst nicht alleine gegen den Levi-egal an!"
"Aber wenn Juvia stirbt verlieren wir ein Teammitglied!"
"Und mit dir gleich noch eins! Willst du den Rest der Gilde einfach so im Stich lassen?!"
Lucy stellte sich vor die beiden.
"Ich schlage vor, wir gehen zurück zur Gilde und holen Verstärkung. Und gleich morgen früh suchen wir Juvia im Hellen. Mit etwas Glück hat das Monster dann schon unsere heutigen Angreifer verspeist."
Gray sah missmutig zu Boden. Dann nickte er.
"Gut. Das klingt sinnvoll."
"Aye! Nicht weit von hier im Westen ist der Wald zu Ende!", rief Happy plötzlich von oben.
Natsu half Gray aufzustehen und unter der Führung von Happy ließen die Freunde den Wald und seine Geheimnisse hinter sich.

Fairy Tail: LeviathanWhere stories live. Discover now