5. Kapitel

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Jirou PoV:
Samstag:
Auch wenn Ayuko und ich uns wieder besser verstanden, machten wir nicht mehr so viel zusammen. Nur unseren Filmabend jeden Samstag hielten wir strikt ein. Auch heute war es wieder soweit. Um 6 Uhr Abends ging ich zu ihr. Leider ist ihr Zimmer am anderen Ende vom Mädchenflur. Aber ok. Und ich musste zugeben, dass ich ein wenig eifersüchtig auf Mina war, als die beiden zusammen in die Stadt gegangen sind. Aber egal, denn der Samstagabend gehörte nur uns beiden.

Ayuko PoV:
Es klopfte und ich wusste natürlich schon, dass es Jirou ist.
Ich freute mich schon und wie immer machte mein Herz einen kleinen Sprung, als sie ihren Kopf durch die Tür steckte.
Sie kam mit zwei Chipspackungen herein und schloss die Tür wieder. Ich hatte schon alles Vorbereitet. Überall lagen Kissen, viele Kuscheldecken und alles, was man für einen gemütlichen Filmabend brauchte.
,,Welchen Film schauen wir zuerst", fragte sie, als sie sich zu mir gesellte.
,,Your Name", sagte ich, eher fragend. ,,Dann musst du nur wieder weinen", erwiderte sie lächelnd, nickte aber, als ich sie mit großen Augen anbettelte.
Sie kuschelte sich wie immer an mich und ich genoss diese Nähe, die ich wohl nie sonst bekommen würde. Bevor der Film startete, schnappte sie sich die Fernbedienung für die LED Lichterkette, stellte ein gemütliches Lila ein und drückte auf Play.

Der Film neigte sich dem Ende zu und mal wieder konnte ich meine Tränen nicht zurück halten.
,,Ich habe es dir gesagt", sagte sie und ich musste lächeln. Wir schauten noch weitere Filme und plötzlich hörte man ein entferntes Grummeln. Ich spürte sofort wie Jirou sich augenblicklich anspannte.
,,Hey. Alles ok", fragte ich sie.
,,Ja.... ähm", sie zögerte kurz, ,,also ich mag Gewitter nicht so gerne", antwortete sie schließlich.
,,Wegen meines Quirks verstehst du? ...kann ich heute bei dir schlafen", fügte sie noch hinzu.
,,Klar, natürlich. Du kannst immer bei mir schlafen, wenn du willst", sagte ich und zog sie nur fester in meine Arme.
Sie kuschelte sich, wenn das überhaupt geht, noch mehr an mich und ich konnte mir ein kleines Lächeln nicht verkneifen. Und aus dem Augenwinkel konnte ich auch sie lächeln sehen. Ich genoss diesen Moment, da wir uns nur Samstags so nah kamen.

,,Du? Jirou", fragte ich schließlich.
,,Ja", antwortete sie mir. ,,Also... ähm.. Wie viele also aus unserer Klasse wissen das eigentlich? Also das du Mädchen magst, meine ich", fragte ich schüchtern.
,,Bis jetzt wissen es nur du, Momo, Mina, Denki uuund joa ich denke das waren alle", antwortete sie mir nach kurzem Überlegen.
,,Ich hoffe irgendwie, dass sich niemand an die Party erinnert...", erzählte ich laut meine Gedanken.
,,Ach stimmt du hattest das ja kurz gesagt. Aber schau mal. Selbst wenn sie es wissen, es hat doch noch niemand etwas gesagt, oder", sagte sie. ,,Stimmt." Und ja. Ich fühlte mich tatsächlich ein bisschen besser. ,,Es ist nur, weil.... weil es früher nicht so gut aufgenommen wurde. Bei meiner alten Klasse. Ich wurde oft ausgelacht, beleidigt und.... gemobbt", erzählte ich ihr. Warum ich es ihr jetzt so bereitwillig erzählte? Das wusste ich selbst nicht genau. Aber ich war froh, dass sie in diesem Moment einfach zuhörte. ,,Dann haben wir wohl die selben Erfahrungen gemacht", seufzte sie. Meine Augen weiteten sich. ,,Echt", brachte ich schließlich hervor. Sie nickte wortlos und klammerte sich fester an mich.
Ich verstand es nicht. Warum musste dieses wunderschöne Mädchen diesen Schmerz erfahren? Diesen Schmerz, den man nicht mal seinem ärgsten Feind wünscht. Und doch hätte ich zu dem Zeitpunkt niemals gedacht, dass sie nicht nur diese Art von Schmerz nachvollziehen konnte, doch sollte ich dies schon am nächsten Morgen erfahren.

Ich schaltete den Fernseher aus, legte uns richtig hin, deckte uns zu und schaltete das Licht aus. ,,Jirou-", murmelte ich, wurde aber unterbrochen. ,,Kyouka. Enge Freunde nennen mich Kyouka", sagte sie und es ließ mein Herz nur noch einen gewaltigen Sprung machen. ,,Kyouka. Schlaf gut", murmelte ich und kurz darauf waren wir beide eingeschlafen.

Mitten in der Nacht wachte ich auf. Ausnahmsweise schwitzte ich nicht wegen eines Alptraums, sondern einfach, weil es zu zweit so warm war. Ohne weiter darüber nach zu denken, zog ich meinen Hoodie aus und ein gemütliches T-Shirt an. (Wahrscheinlich das einzige T-Shirt, welches ich je besaß) Dann legte ich mich wieder zu Kyouka.

Am nächsten Morgen wurde ich geweckt von.... Ja was war es eigentlich? Ich schlug meine Augen auf, nur um zu sehen, dass Kyouka mit verengten Augen meine Verbände inspizierte. FUCK! Sofort war ich hellwach. Bitte frag nicht. Bitte frag nicht. Bettelte ich stumm. Aber es nützte nichts.
,,Warum trägst du Verbände", fragte sie. ,,Habe mir beim letzten Training ein paar Schrammen zugezogen", antwortete ich so locker wie möglich. Allerdings schien sie mir das nicht ganz ab zu nehmen, denn der Ausdruck auf ihrem Gesicht verschwand nicht. Plötzlich seufzte sie. Sie öffnete den Mund und wollte anscheinend etwas sagen, schloss in daraufhin aber auch wieder. Noch ein Seufzen. Sie schien ein wenig mit sich selbst zu kämpfen. Ich wurde schon fast wahnsinnig. Was wollte sie sagen? Was war so schlimm, dass sie es mir nicht erzählen konnte?

Dann aus heiterem Himmel nahm sie die Hände von meinem Armen und zog langsam die Ärmel ihres Shirts hoch, wie auch immer sie es geschafft hatte nicht zu ersticken in dieser Nacht. Allerdings war das nicht der Grund, weshalb ich die nächsten Sekunden auf ihre Arme starrte, sondern viel mehr das, was darunter zum Vorschein kam. Und natürlich. Das war der Grund für euren ähnlichen Kleidungsstil. Warum auch sie niemals irgendwelche T-Shirts trug.

Denn unter den Ärmeln versteckt, waren Narben. Keine Narben, welche man hier und da vom Training mit davon trug, sondern Narben, die man sich selbst zufügte. Narben, die mir selbst nur allzusehr vertraut waren.

Nun, langsam, ganz von selbst wanderten meine Hände zu meinen Verbänden und machten sie vorsichtig ab. Und darunter kamen die selben Narben hervor, wie Kyouka sie mir gerade gezeigt hatte. In unserer beiden Augen sammelten sich Tränen. Endlich jemanden gefunden zu haben, der den selben Schmerz spürte, war unglaublich. Und im nächsten Moment fielen wir uns in die Arme, drückten die jeweils andere so fest an uns, wie wir es von niemandem sonst jemals zugelassen hätten. Einfach nur glücklich, in diesem Moment für einander da zu sein. Und noch am selben Morgen gaben wir uns das Versprechen, immer für den anderen da zu sein, und schworen, nicht zu zögern nach Hilfe zu fragen.

Und im tiefsten Inneren merkte ich, wie die Gefühle für sie stetig zunahmen.

Kyouka Jirou x OC (wlw)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt