16 - Verlustängste

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Donnerstag, 22. September 2016, Boston

Zuhause angekommen, wartet Jane bereits auf die beiden. Kelly stürmt auf sie zu und umarmt sie überschwänglich. Überrascht nimmt Jane sie auf den Arm und lacht: "Soll ich dich heute ins Bett bringen?" Kelly nickt heftig. Maura schlingt kurz ihre Arme um die beiden. „Gute Nacht Liebling." „Gute Nacht Mummy." Ein kleiner Schmatzer landet auf Mauras Wange, bevor Jane sie auf der Hüfte in ihr Zimmer trägt.

Im Bett liegend unterhalten sich Jane und Kelly über den Abend. Während ihrer ganzen Erzählung zwirbelt Kelly eine von Janes Locken zwischen ihren Fingern. Verlegen lässt Kelly den Teil in dem sie weggelaufen ist aus. Im Nachhinein ist sie da wirklich nicht stolz drauf.
"Tony scheint nett zu sein", meint Jane schließlich und Kelly nickt vorsichtig. "Ja. Und Tali ist soo süß, ich wollte schon immer eine kleine Schwester haben", meint Kelly strahlend. Jane grinst und streicht ihr übers Haar. "Gute Nacht. Schlaf gut." "Gute Nacht", murmelt Kelly zurück, "Auch wenn ich jetzt einen Papa habe, verbringst du weiter viel Zeit mit uns oder?" "Aber natürlich", entgegnet Jane lächelnd. Kelly schließt erleichtert die Augen. „Gute Nacht Bonusmama", flüstert sie mit einem Lächeln im Gesicht. Jane schaut sie überrascht und gerührt an. Es ist schon eine Weile her, dass sie von ihr als Mama bezeichnet wurde. Doch der neue Ausdruck gefällt ihr sehr. Sanft gibt sie ihr einen Kuss auf die Stirn bevor sie das Zimmer des Mädchens verlässt.

"So ich habe jetzt zwar schon Kellys Sicht der Dinge gehört, aber wie war's für dich? Ich will alles wissen!!", meint Jane, als sie sich neben Maura aufs Sofa vor dem Kamin fallen lässt.
Maura grinst, reicht ihr ein Glas Wein und erzählt ihr alles ausführlich. Jane hört aufmerksam zu.
"So wie ich das sehe, hat er es insgesamt eigentlich ganz gut aufgenommen, wenn man von ein paar Ausfällen absieht", stellt sie fest. Maura nickt: "Er ist eindeutig erwachsener geworden in den letzten Jahren." Sie lächelt gedankenverloren.  Jane mustert sie und nimmt ihre Hand. "Und wie wird es jetzt weitergehen?", fragt sie vorsichtig. "Tony hat vorgeschlagen, dass wir sie in zwei Wochen in DC besuchen kommen", erzählt Maura und streicht vollkommen in Gedanken mit dem Daumen über Janes Hand, „Ich finde das ist eine gute Idee und wollte morgen mal gucken, ob ich noch einen Flug bekommen kann."

„Klingt gut", murmelt Jane vorsichtig, „Ich bin sicher, dann könnt ihr vier euch besser kennenlernen." „Du kommst natürlich mit Jane!", stellt Maura klar. „Wirklich??" Die dunklen Augen leuchten augenblicklich. Damit hatte sie nicht gerechnet. „Auf jeden Fall. Weißt du, das war das erste was Kelly ihn gefragt hat nach dem Vorschlag", erinnert sie sich. Ein Lächeln huscht über das von dunklen Locken umrahmte Gesicht. Fragend schaut Jane ihre beste Freundin an. „Und du?" Unsicherheit schwankt in ihrer Stimme mit. „Ich hätte ihn gar nicht gefragt", gibt Maura zu, „Für mich war sowieso klar, dass ich dich dabei haben möchte. Und da hätte er nichts gegen sagen können, schließlich bist du nach Kelly die wichtigste Person in meinem Leben."

Erleichtert fällt Jane ihr um den Hals. Ihr Herz klopft ungewöhnlich schnell und es hat ihr ausnahmsweise die Sprache verschlagen. Sie atmet tief den vertrauten Geruch von Mauras Shampoo ein bevor sie ihre doch recht feste Umarmung wieder löst. Sie ist immer noch berührt von Mauras Worten. Dennoch sind ihre Zweifel nicht vollkommen ausgelöscht.

„Was meinst du wie ihr es auf lange Sicht organisieren werdet? Vermutlich reicht es Kelly nicht ihn nur selten zu sehen", teilt Jane ihre Sorgen mit. Wie automatisch hatte sie ihre Hand wieder auf die von Maura gelegt.

„Ich muss zugeben, dass wir das noch nicht komplett durchdacht haben. Vermutlich ist es gut, dass in den nächsten zwei Wochen jeder für sich überlegen kann."
Jane schaut sie mit gemischten Gefühlen an. Sie freut sich für Maura, aber andererseits hat sie Angst ihre beste Freundin zu verlieren. Maura sieht ihren Gesichtsausdruck. "Was ist los?", fragt sie mit schief gelegtem Kopf. "Was ist wenn ihr zu ihm nach D.C.zieht?", äußert Jane ihre Bedenken leise, "Was soll ich denn ohne euch tun?"
Ihre beste Freundin sieht sie gerührt an. "Wir gehen nicht weg", beteuert sie und drückt Janes Hand. "Kelly hat hier ihre Schule und ihre Freunde. Ich möchte sie nicht aus ihrer gewohnten Umgebung reißen", meint Maura ehrlich, "Außerdem weiß ich nicht, wie ich ohne meine beste Freundin leben soll." Sie lächelt liebevoll.
Jane schaut sie erleichtert an und streicht ihr eine Haarsträhne hinter das Ohr. "Dann ist ja gut", murmelt sie leise. Sanft gibt sie Maura einen Kuss auf die Wange. "Ich wüsste nicht, was ich ohne dich tun soll." Maura lächelt und legt ihren Kopf auf Janes Schulter. Sie schauen gemeinsam ins Kaminfeuer. Eine Weile sagt keiner etwas. Mauras Blick ist auf die ineinander verschränkten Hände gerichtet während sie glaubt noch immer Janes Lippen auf ihrer Wange zu spüren.

Nach und nach spüren beide die Müdigkeit der anderen. "Wenn wir in D.C. sind, gehen wir dann auch zum NCIS?", fragt Jane gähnend, "Ich will sehen, wo und wie du gearbeitet hast." Maura reibt sich müde die Augen und nickt: "Natürlich. Aber jetzt muss ich schlafen." Jane grummelt etwas, kann ein weiteres Gähnen aber nicht unterdrücken. Maura steht auf. "Darf ich heute wieder bei dir schlafen?", fragt Jane bittend. Maura lacht und zieht sie hoch. "Natürlich."

Jane folgt Maura ins Schlafzimmer und muss zugeben, dass der Schlafanzug, den Maura ihr gegeben hat, wirklich bequem ist. Zusätzlich dazu sieht er auch noch gut aus. Dass beides möglich ist, findet Jane immer noch seltsam.
Kurz darauf liegen sie nebeneinander in Mauras Bett. "Hast du noch irgendwelche großen Geheimnisse, von denen ich nichts weiß?", fragt Jane und dreht ihren Kopf zu Maura. "Nein", lächelt Maura, "Das war alles."
Jane atmet erleichtert auf. Für ihren Geschmack waren es genug Überraschungen in den letzten Tagen. Maura legt sich auf die Jane zugewandte Seite und grinst über ihren erleichterten Gesichtsausdruck.


"Oh ich muss noch meine Mutter anrufen", stellt sie fest. "Welche?", hakt Jane nach.
"Meine Adoptivmutter, naja ich sollte mich vermutlich bei beiden melden. Erst einmal soll Constance aber wissen, dass es nun kein Geheimnis mehr ist, dass ich früher Kate war", erklärt Maura aufgeregt, "Oh dann wirst du endlich meine Adoptivbrüder kennenlernen und meine Schwester Rachel." Mittlerweile ist sie aufgesprungen und wählt grinsend die Nummer ihrer Adoptivmutter. Jane schaut auf die Uhr, ob elf Uhr abends die richtige Zeit war?
"Hallo?", kommt es verschlafen von Constance. Scheinbar hat Maura sie nun geweckt, was diese in ihrer Aufregung aber nicht bemerkt.
"Hier ist Maura", meldet sich ihre Adoptivtochter, "Ich wollte dir nur sagen, dass Gibbs Bescheid weiß, dass ich nunja lebe." Constance freut sich für sie und schlägt sofort vor, demnächst mit der ganzen Familie vorbeizukommen.
"Da ist noch was", unterbricht Maura sie zögernd, "Kellys... Vater weiß nun auch von ihr."
"Das ist doch gut", findet Constance, "Ich würde ihn wirklich gerne kennenlernen."
"Eins nach dem anderen", kommt es energisch von Jane, die die ganze Zeit über Lautsprecher mitgehört hat, "Erstmal möchte ICH die ganze Isles Familie kennenlernen."
Maura lacht leise und Constance erklärt sich einverstanden am Wochenende mit allen vorbeizukommen. Sie verabschieden sich und legen auf. Maura seufzt und denkt an ihre Halbschwester. Seit sie ihren Tod vorgetäuscht hat, hatten die beiden wenig Kontakt. Auch bei ihrer Hochzeit war sie nicht dabei und mittlerweile ist Rachel wieder geschieden. Insgeheim hofft Maura jetzt wieder mehr Kontakt zu ihr zu bekommen.

"Wann wirst du denn Hope davon erzählen?", unterbricht Jane ihre Gedanken, kaum dass sie wieder im Bett liegt. "Ich weiß nicht", seufzt diese, "Es war gerade fast normal zwischen uns."
Jane zuckt mit den Achseln. "Für Hope ändert sich doch nicht viel. Du warst immer Maura für sie und dass du zwischendurch Agentin warst ist doch unwichtig."
"Vielleicht melde ich mich morgen bei Hope", gähnt Maura. Jane befürwortet den Plan und dreht sich zu ihr. Nachdem sie noch etwas über vergangene Familiendramen geredet haben, beschließen sie zu schlafen. „Gute Nacht Jane", flüstert Maura. „Gute Nacht", flüstert Jane zurück und rutscht ein Stück näher zu ihr bevor sie ihre Augen schließt. Kaum ist Maura eingeschlafen, rutscht ihr Kopf langsam an Janes Schulter.


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⏰ Last updated: Feb 28, 2021 ⏰

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