Kapitel 19

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19.

~Niemand hatte bemerkt, wie Ginny Weasley in den Krankenflügel gekommen war. Sie hatte alles gesehen und war auch so lange Harry allein bei Draco gewesen war dageblieben und hatte sie beobachtet.

Sie verzog das Gesicht. Harry und Draco als Freunde? Das durfte nicht sein, aber was konnte sie schon dagegen tun? Es war ja nicht so, als hätte sie den beiden etwas zu sagen. Ginny überlegte. Sie vielleicht nicht, aber was war mit Dracos Eltern? Sie wären bestimmt entsetzt, wenn sei erführen, dass ihr Sohn mit einem Gryffindor befreundet war.

Das war ihre Chance. Sie würde Dracos Eltern informieren und die beiden waren schneller keine Freunde mehr, als man blinzeln konnte. Zufrieden mit ihrer Lösung verließ sie ganz leise den Krankenflügel, schlich durch das Schloss und kam ungesehen, wenn man nicht von den Spuren im Schnee ausging, zur Eulerei.

Die Eulen hockten alle auf ihren Stangen und schliefen. Ginny schlich auch an ihnen vorbei, bis zum Fenster, durch das das Mondlicht hereinfiel.

Sie hatte ein paar Mal, als sie hier gewesen war, gesehen, wie Ron heimlich eine Pergamentrolle, eine Feder und Tinte in einem Schlitz zwischen zwei Holzbrettern versteckte, um immer einen Brief schreiben zu können, egal wann er herkam. Sie schob ihre Finger in den kleinen Spalt und holte die Sachen heraus.

Es war nicht mehr viel Pergament da, aber es würde reichen müssen. Eigentlich musste sie ja auch fast nichts schreiben. Nur „Ich wollte sie darüber in Kenntnis setzten, dass ihr Sohn mit Harry Potter befreundet ist", mehr nicht.

Sie öffnete das Tintenfass und tunkte die Feder hinein. Ihre Hand schwebte über dem Pergament, doch sie zögerte. War es wirklich richtig, meldete sich ihr Gewissen. Harry und Draco schienen beide glücklich darüber gewesen zu sein, nun endlich Freunde sein zu können, aber Ginny hatte Angst, dass sie sich ineinander verlieben könnten. Schließlich gab es da eine gewisse Gruppe von Leuten, die alles dafür tun würden. An sie dachte da niemand.

Es wäre die perfekte Rache an allen, aber ..., wenn Harry und Draco wirklich Freunde sein wollten, würden sie sich heimlich treffen. Außer Dracos Eltern würden ihn von der Schule nehmen. Wollte sie ihnen das wirklich antun?

Nun, Draco liebend gern, denn sie verabscheute ihn, aber was war mit Harry? Wollte man nicht, dass die Person, die man liebte, glücklich war? Egal um welchen Preis? Ginny war sich da nicht so ganz sicher. Sie wollte, dass Harry mit ihr glücklich war, aber das konnte sie natürlich nicht beeinflussen.

Sie sollte ihn lieber unterstützen, unwichtig, für wen er sich entschied, und im Moment sah es ganz so aus, als hätte er sich für Draco entschieden.

Sie erinnerte sich daran, wie Hermine und Ron darüber diskutiert hatten, dass Harry den ganzen Tag bei Draco gewesen war und den Unterricht hatte ausfallen lassen können. Wussten die Lehrer oder Dumbledore etwas? Normal hätte Harry in die Schule gemusst, wie sonst immer, aber dieses Mal schienen sie ein Auge zugedrückt zu haben.

Ginny kniff kurz die Augen zusammen, atmete tief ein und wieder aus und setzte dann die Feder auf das Pergament. Wieso zögerte sie überhaupt? Vielleicht dachte Harry jetzt, dass in Draco mehr steckte, aber er würde von ihm hintergangen und ausgenutzt werden. Er war eine hinterlistige und gemeine Schlange, die nur darauf wartete, ihre giftigen Fangzähne in ihr ahnungsloses Opfer zu bohren.

Das hast du aber einmal anders gesehen, sagte eine Stimme in ihrem Kopf. Du warst einmal ein Mitglied im Drarry-Club und wolltest unbedingt, dass Harry und Draco zusammenkommen; es ist die Eifersucht, die deine Sicht auf die Dinge verzerrt. Du willst, dass Harry dein Freund ist, aber du weißt doch, dass man nicht immer alles haben kann, was man will.

Ginnys Hand stockte und die Feder hinterließ einen großen Tintenklecks auf dem Pergament. Sie konnte nur mit Mühe einen frustrierten Aufschrei unterdrücken, um nicht alle Eulen aufzuwecken.

Sie war frustriert, weil sie wusste, dass die Stimme Recht hatte und die richtige Entscheidung war keinen Brief zu schreiben, aber nur der Gedanke daran schmerzte sie so sehr. Sie wollte Harry nicht verlieren und auch noch schuld daran sein.

Aber das würde nur passieren, wenn sie den Brief schrieb. Wenn sie es nicht tat, würde sie immer noch mit Harry befreundet sein, aber würde sie das schaffen, ohne nicht mit jedem Atemzug wütend und eifersüchtig zu sein?

Ginny sah sich um und entdeckte, dass eine Eule wach auf ihre Stange saß, ihren Kopf schiefgelegt hatte und sie aus ihren großen glänzenden Augen ansah. Ginny stand auf und ging zur Eule.

Sie hatte weißes Gefieder und ähnelte Hedwig sehr, aber Ginny wusste, dass sie das nicht war. Die Eule machte ein leises Geräusch. Ginny legte einen Finger an ihre Lippen.

„Sch, verrat mich nicht", flüsterte sie. Die Eule schwieg, als hätte sie sie verstanden, und streckte ihr sogar den Kopf hin, damit sie sie streicheln konnte.

Sie spürte ihr weiches Gefieder unter ihrer Hand und beruhigte sich etwas.

„Was denkst du, sollte ich machen?", fragte sie leise. Die Eule legte den Kopf wieder schief. Sie wusste ja nicht einmal worum es ging und selbst wenn, sie würde Ginny wohl kaum eine Antwort geben können, die sie verstehen würde.

Sie seufzte. Sie würde es wohl alleine herausfinden müssen.

Mit einem flauen Gefühl im Magen drehte sie sich zurück zu ihrem angefangenen Brief. Sie schloss die Augen. „Es tut mir leid", flüsterte sie.  

Seine Stimme - DrarryWhere stories live. Discover now