20 - La Bilirrubina

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„Sag mal, hast du einen Besenstock verschluckt?", fragt mich Teo, als er seine Hand um meine Taille legt und mich mit sich zieht. Der Bachata Song dröhnt durch die Lautsprecher, während die wenigen Tanzenthusiasten hier im Raum dazu wackeln.

„Nein, aber ich habe Muskelkrämpfe", stöhne ich.

Wir haben gerade mal vor drei Minuten mit dem Tanzen angefangen und ich fühle schon jede Faser meines Körpers ächzen. Die Musik ist für meinen Geschmack viel zu laut. Den Takt höre ich auch nicht heraus, was bei dem Chaos an Instrumenten, die alle gleichzeitig spielen auch echt unmöglich ist. Teo führt mich, denn er wollte mir den Basis-Schritt beibringen, bevor er mich auf die anderen – oder besser gesagt auf seinen besten Freund – loslässt.

„Bachata ist wie Sex, Mamacita. Nur mit Kleidern. Bewege deine Hüfte so, als würdest du den heissesten Hengst auf Erden reiten", haucht mir Teo ins Ohr.

Ich muss trocken schlucken. Sein Griff um meine Taille verstärkt sich und ich spüre seine Lenden deutlich an meinen. Kein Blatt passt mehr zwischen uns.

„Woah, Teo. Zu heftig", murmle ich.

Sowas sagt man nicht, wenn man die Körper aneinander reibt, denke ich mir.

No, carajo. So tanzt man eben in der Dominikanischen Republik. Gewöhn dich besser daran, weil danach werfe ich dich Chris in die Arme und der hat einen Hüftschwung, da wird selbst mir schwindelig."

„Wirst du nicht!"

„Oh doch", droht er mir und zieht mich an einem eng aneinander tanzenden Pärchen vorbei.

„Teo, bitte nicht. Ich kann mich vor ihm nicht blamieren", flehe ich absichtlich dramatisch, um ihn die Ernsthaftigkeit darzulegen.

Wenn Chris merkt, wie steif ich tanze, werde ich nicht bei ihm punkten können. Der findet sicher – wie die Mehrheit der Männer dieser Welt – eine lasziv bauchtanzende Schlangenmensch-Frau attraktiv, aber nicht so ein ungelenkiger Pinguin wie mich.

„Wirst du nicht. Ihr zwei passt ganz gut zusammen, das sieht man von Weitem. Ihr strahlt euch an wie zwei Sonnenblumen im Hochsommer. Eure Hüften werden sich harmonisch miteinander bewegen, sowohl beim Tanzen, als auch im Bett."

Ich befreie meine Hand aus seinem Griff und boxe ihn in die Schulter.

„Teo!"

Er lacht, packt meine freie Hand wieder und dreht mich plötzlich um meine eigene Achse. Dabei wird mir schwindlig und ich muss mich reorientieren, aber da fühle ich schon seine Arme an meinem Körper. Dieser Kerl ist auch wirklich schnell.

Teo führt mich geschickt durch die tanzende Meute und so langsam gewöhne ich mich an den Rhythmus der karibischen Klänge. Die Musik bewegt sich in sanften Wogen durch den Raum und ich stelle mir vor, am Meer zu sein und barfuss im Sand zu stehen.

Ich schliesse die Augen und lasse mich von Teos sicheren Händen leiten. Drehe mich, wenn er es anzeigt, und folge der Bewegungen seines wiegenden Beckens.

„Genau so, Mamacita!", feuert mich Teo an, denn er muss die Verbesserung gespürt haben. Ich lerne eben schnell, wenn man mich nötigt.

Das Lied endet und ich rette mich aus Teos Fängen, indem ich auf eine Ecke zusteuere, um meine Füsse auszuruhen. Einen Song muss ich aussetzen, denn ich bin nicht mehr so sportlich wie früher. Während geschlagenen drei Minuten zu hüftschwingender Musik koordiniert zu wackeln ist verdammt anstrengend. Der Hocker, der dort in der Ecke steht, lächelt mich an. Ich muss mich setzen.

„Partnerwechsel!", ruft Teo.

Ich bleibe wie erstarrt stehen, denn an meinem linken Ellbogen spüre ich Fingerspitzen, die mich sanft antippen. Es ist Chris, der sich angeschlichen hat.

HerzbruchversicherungWhere stories live. Discover now