Kapitel 8

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Die Krieger zogen langsam wieder ab und Elijah war mehr als erleichtert. Sie holten die Jungs aus dem Wald und gingen durch die Gassen Eruns. Es schien irgendwie bedrückend still zu sein. Der Krieg machte ihnen allen zu schaffen. Die Händler kamen nur noch unregelmäßig durch das Dorf und jetzt felten wichtige Arbeitskräfte für die Beschaffung von Dingen wie Getreide.

Es war eine seltsame Stimmung und viele starrten die Jugendlichen an, als sie durch das Dorf liefen. Bald betraten die Vier die Hütte Yurbilas. „Hallo, Kinder." sagte sie und bedeutete ihnen sich zu setzen. Sie aßen gemeinsam zu Abend, doch niemand schien etwas sagen zu wollen.

„Ich gehe heute früh ins Bett." sagte Elijah leise. Sie hatte Kopfschmerzen und fühlte sich recht kaputt. Yurbila nickte und nachdem Noelle und Seirus abgezogen waren legte sie sich tatsächlich schon schlafen. Draussen war es eh die ganze Zeit hell - es war schließlich höchster Sommer, also war es eh egal wann man schlafen ging.

In ihrem Traum stand sie vor einer schweren schwarzen Holztür mit silbernen Scharnieren. Der Griff war aus filigranem Silber und Elijah griff danach. Die Tür schien zu klemmen und sie zog fester daran. Mit einem Quietschen und Aufwand, als wären die blinkenden Scharniere völlig verrostet, gab die Tür irgendwann nach.

Sie betrat den dunklen Raum dahinter. Es roch nach Moder und nassem Wald. Doch es war so dunkle, dass sie nicht sehen konnte wo sie war. Angst kroch in ihr hoch. Sie wollte hier nicht sein, doch als sie sich umdrehte und wieder durch die Tür zu gehen, durch die sie ein gemütliches Zimmer mit Kaminfeuer sah, knallte die Tür zu und schnitt sie vom Licht ab.

Ein kalter Luftzug zog um ihre Füße und sie sah sich verängstigt um. Die Dunkelheit schien ihr auf die Augen zu drücken und tat weh, als würde sie genau in die Sonne gucken. Im nächsten Moment schien die Luft sich zusammen zu ziehen. Sie konnte nicht mehr Atmen! Dann gab es einen Schlag und sie riss die Augen auf...

Sie starrte an die Decke in Yurbilas Hütte. Sie zitterte und zog die Decke fester um sich. Da war etwas. Langsam verging der Traum und sie starrte an die Holzdecke. In ihrem Kopf pochte es. Dort an der Decke im Holz schienen sich Gesichter zu bilden. Vor ihren Augen verschwamm alles. Dann blickte sie in die Augen ihrer Eltern. Elijah war wieder Robin.

Sie konnte sich wieder an alles erinnern. Jedes Detail. Von ihrer Kindheit, bis hin zu ihrer schlechten Ankunft in Shomeron. „Mary!" flüsterte sie, stand schwungvoll auf und hielt sich den Kopf. Er schmerzte schrecklich. Ein Blick auf die Uhr sagte ihr, dass es viertel vor acht war. In Fünfzehn Minuten würde Yurbila sie wecken.

Stolpernd lief sie aus dem Haus und in den Garten. Dort setzte sie sich in die Hollywoodschaukel und starrte die Blumen an. Mit den Erinnerungen kamen die Tränen. Wo war Mary? Sie konnte überall sein. Zwei Jahre waren eine lange Zeit. Wer weiß wie sie von dieser Welt empfangen wurde. Ihre Eltern. Sie mussten sich solche Sorgen machen!

Verzweiflung machte sich in ihr breit. Weinend saß sie dort, bis Yurbila sie im Garten zu suchen begann. „Elijah!" rief sie entsetzt als sie sie erblickte. „Was ist passiert?" fragte sie, setzte sich neben sie und legte ihr einen Arm um die Schultern. „Ich kann mich erinnern." sagte Elijah, oder besser Robin jämmerlich.

„An alles?" fragte Yurbila und Robin nickte. „Erzähl mir doch einfach was passiert ist. Dann kannst du alles besser einordnen." meinte Yurbila dann und Robin fing an zu erzählen. Mit jedem Wort wurde die Verwirrung auf Yurbilas Gesicht größer. Eine andere Welt?

„Ich muss Mary finden!“ sagte Robin und rieb sich dir Stirn. Sie saß mit Yurbila und Tamesis am Esstisch und versuchte sich verständlich auszudrücken. „Aber sie könnte doch überall sein!“ antwortete Tamesis zweifelnd. „Ich weiß, dass du sie finden musst, aber es waren zwei Jahre. Da werden ein paar Tage, in denen du dich erholst nicht schaden.“ sagte Yurbila und lächelte traurig.

Sie hatte sich schon gedacht, dass das Mädchen sie verlassen würde, sobald ihre Erinnerungen wieder gekehrt waren. Heimlich hatte sie gehofft es würde nie so weit kommen. Diese Hoffnung war nun zerschlagen. „Wie sollen wir dich denn jetzt nennen?“ fragte Tamesis nach einer kurzen Stille.

„Ich denke ihr könnt mich ruhig weiter Elijah nennen... Ich habe mich daran gewöhnt, ihr habt euch daran gewöhnt und so schlecht ist der Name nicht.“ meinte Elijah und lächelte. „Wenn ich jetzt über meine Ankunft hier nachdenke, fühlt sich das ganz komisch an. Schließlich weiß ich jetzt einiges mehr. Was habe ich mir dabei gedacht, einfach so in ein Dunkelelfenlager zu spazieren?“ lachte sie dann und Tamesis stimmte ihr lautstark zu.

„Ich machte mir Sorgen.“ sagte Elijah, als sie mit Tamesis am Waldrand saß und auf Noelle und Seirus wartete. „In letzter Zeit wurden hier in der Nähe einige Dörfer geplündert und ich habe Angst, dass die zu uns kommen. Ich meine... Ich habe vor das Dorf bald zu verlassen, aber ich habe Angst um euch. Was ist wenn Mary nicht mehr lebt? Wenn sie noch lebt, dann müsste sie mich doch gesucht haben, oder nicht?“ erklärte Elijah.

„Ich werde sie natürlich trotzdem suchen, aber was ist wenn sie nicht mehr lebt, ich hier her zurück kehre und ihr alle weg seid? Ich möchte nicht, dass euch etwas passiert.“ Tamesis schaute sie an und lächelte. „Es wird alles gut werden, ok? Ich werde dich begleiten.“ sagte er und Elijah riss die Augen auf. „Das würde Yurbila doch niemals erlauben!“ meinte sie dann.

„Ich bin schon groß genug um eigene Entscheidungen zu treffen und außerdem haben wir eh Probleme mit der Ernährung. Wenn wir beide weg sind, dann kann meine Mutter besser leben.“ erklärte Tamesis und drückte Elijah einmal kurz.

„Danke.“ sagte diese nach einigen Minuten leise. „Ich möchte dich nicht in Gefahr bringen indem ich dich mit mir nehme, aber ich weiß, dass ich dich nicht davon abhalten kann, also Danke.“ sagte sie und sie saßen weitere Minuten schweigend nebeneinander. Der blaue Wald raschelte leise, durch den heute lauwarmen Wind und einige bunt schillernede Sommerkäfer flogen durch die Sonne.

„Hallo, Leudingse!“ rief Noelle Elijah und Tamesis von weitem zu und zog ihren Bruder hinter sich her zu ihnen. „Hallöchen!“ sagte Elijah glücklich und stand auf. Sie hielt Tamesis die Hand zum aufstehen hin, der ergriff diese und zog sich auf die Beine. „Ihr wolltet etwas erzählen?“ fragte Seirus und Elijah nickte grinsend. „Ich habe meine Erinnerungen wieder!“ sagte sie und die Zwillinge beglückwünschten sie sofort. Dann fing Elijah an zu erzählen.

„Du gehst?“ fragte Seirus traurig und Elijah nickte. „Ich begleite sie.“ sagte Tamesis und die Zwillinge sahen sie traurig an. „Wir werden euch sehr vermissen.“ meinte Noelle und  Seirus nickte. „Wir werden wieder kommen und dann bringen wir Mary mit. Die wird euch gefallen. Sie ist einfach wundervoll!“ meinte Elijah und Seirus lächelte traurig.

„Versprecht ihr, dass ihr auf euch aufpasst?“ fragte er dann und Elijah nickte. „Versprochen.“ sagte auch Tamesis und umarmte Seirus kurz, der so traurig aussah, dass es Elijah ins Herz schnitt. „Wann geht ihr denn?“ fragte Noelle und Elijah zuckte mit den Schultern. „In ein paar Tagen vermutlich. Wir müssen noch das wichtigste einpacken und so.“ sagte Tamesis.

„Können wir die letzten Tage zusammen alles noch mal machen, das wir gerne gemacht haben?“ fragte Seirus und sah jetzt so aus, als müsste er weinen. Schnell zog Elijah ihn in eine Umarmung und Noelle und Tamesis schlossen sich an. „Machen wir.“ flüsterte Elijah.

Eine andere WeltWhere stories live. Discover now