Kapitel 30

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Nims Sicht

X

"Home, Sweet  Home", meinte ich, während ich Maybell durch die magische Tür des Raums der Zeit, in den Keller meines Hauses folgte. "Schön, dass du dich freust. Ich werde jetzt auf direktem Weg zum Rat marschieren  und meine Pensionierung beantragen", meinte sie und ich klopft ihr lachend auf die Schulter, bevor ich die Treppen nach oben ging.

Die letzten zwei Wochen, nein besser gesagt Jahre, waren rasend schnell vergangen und wenn ich jetzt so darüber nachdachte wurde mir ganz komisch. Ich war jetzt 21 und nicht mehr 19. Im rasender Geschwindigkeit hatte ich zwei meiner Lebensjahre  durchlebt. Noch dazu in einer vollkommen anderen Welt und ohne meinen Bruder. Maybell hatte mir Kuchen gebacken, damit ich nicht ganz ohne Feier dastand. Schließlich wurde man nur einmal 20 und 21. Oh Gott, bei dem Gedanken meinem Bruder zu erklären, warum ich plötzlich gealtertet  war, wurde mir ganz schlecht.

"Hey Yannick! Stell dir mal vor, ich war im Raum der Zeit und habe dort zwei Jahre verbracht und bin jetzt 21! Was sagst du dazu. Achja und wo wir gerade dabei sind. Ich habe meinen Abschluss in Magie gemacht und bin jetzt eine Wächterin des Mondrosen-Zirkels. Ist das nicht einfach super?", wenn ich ihm das so sagen würde, müsste  ich bestimmt den Devibrilator holen. Kopfschüttelnd schaltete ich das Licht der Küche an. Warum hatte ich mich nochmal auf die ganze Sache eingelassen?

Wie sehr ich dieses Haus vermisst hatte. Den Geruch nach altem Holz und einem Hauch Vanille. Ich ging zielstrebig auf die Kaffeemaschine zu und strich ihr sanft über die Seite. "Wie sehr ich dich vermisst habe!", flüsterte ich. "Maybell, möchtest du auch einen Kaffee?", rief ich durch das Haus, als ich zwei Tassen aus dem Regal holte und mich dann fragte wo sie eigentlich steckte. War sie nicht direkt hinter mir gewesen?

"Einen extra starken bitte", kam es dann plötzlich aus dem Keller.

"Was machst du eigentlich immer noch da unten?", "Ich verwische unsere Spuren, damit niemand auf die Idee kommt dieses Portal zu benutzen. Sag mal, was habe ich dir in den letzten zwei Wochen eigentlich beigebracht?"

"Schon gut, schon gut!", lächelnd ging ich in das dunkle Wohnzimmer. Doch bevor ich das Licht einschalten konnte, rutschte auf etwas nassem aus.

"Autsch!", stöhnte ich und wischte mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht. "Diese blöde Tunika!"

Da wir direkt nach der Vergabe der Hexenpergamente aufgebrochen waren, trug ich immer noch den Boden langen Überwurf.

"Ich hätte ihn vielleicht erstmal ausziehen sollen."

Eher schwerfällig  schaffte ich es auf die Beine, wobei ich mir den Türrahmen zu Hilfe nahm. Ich ging zurück in die Küche und schlüpfte dort aus der Tunika. Doch dann hielt ich in der Bewegung inne und starrte auf meine Hand. Sofort wurde mir schwindelig und mein Bauch rebellierte, denn sie war voller Blut. Mein Blick glitt auf den Boden, wo blutige Fußspuren aus dem Wohnzimmer direkt zu mur führten.

"Was...", murmelte ich, während mein Herz anfing schneller zu schlagen und mir schlagartig heiß wurde. Langsam ging ich zurück zum dunkel gelegenen Wohnzimmer und tastete nach dem Lichtschalter. Bevor ich ihn betätigte atmete ich noch einmal kräftig durch. Dann drückte ich ihn kurz und schmerzlos nach oben, wie bei einem Pflaster, dass man mit einem Ruck abzog.

Sofort fuhr meine Hand zu meinem Mund um den Schrei zu unterdrücken. Denn das Zimmer war vollkommen verwüstet worden und eine Blutspur zog sich einmal komplett hindurch. "Maybell!", rief ich, musste mich jedoch kurz Räuspern, da meine Stimme sehr schrill klang.

"Maybell!",

"Was ist denn, Nim? Ist der Kaffee schon fertig?",

"Wie kannst du... Nein! Aber du solltest schnell mal herkommen!"

Das ich so ruhig blieb, überraschte mich selbst etwas. Vielleicht war ich einfach noch erschöpft von den letzten zwei Wochen.

Dennoch setzte ich mich lieber auf einen der Barhocker und versuchte meinen Magen zu beruhigen. "Meine Güte, was ist denn los?", genervt trat Maybell durch die Tür, die vom Keller nach oben führte und stutzte.

Sie folgte meinen blutigen Fußspuren und war mit zwei Schritten bei mir. "Geht es dir gut, Nim?", wollte sie wissen, während sie meinen Kopf nach Verletzungen abtaste. "Maybell...", zischte ich, als ich versuchte ihr auszuweichen. "Kannst du damit aufhören! Mir geht es Bestens. Aber wer auch immer hier abgeschlachtet wurde, hat eher schlechte Karten. Hier ist überall sein Blut... selbst an mir klebt es...", jetzt wurde meine Stimme doch etwas schrill und mein Körper begann zu zittern.

"Maybell, könntest du vielleicht...", "Mmhh?", fragend sah sie mich an. "Könntest du mir bitte das Blut wegzaubern!",

"Oh, klar!"

Mit einer Handbewegung war das Blut von meinem Körper verschwunden, dennoch schüttelte es mich noch einmal kurz.

"Widerlich! Einfach nur widerlich! Warum genau hat Blut nochmal soviel Macht?",

"Weil es das Elixier  des Lebens ist!", "Genau, das war es!"

"Was war hier nur los?", "Das ist die eine Millionen Euro Frage, würd ich mal sagen", erwiderte ich und kassierte einen bösen Blick von der kleinen Hexe.

"Jetzt hab dich doch nicht so...", meinte ich, während ich an ihr vorbei ging und der Blutspur folgte. Anscheinend hatte hier ein Kampf stattgefunden, denn im Flur lagen die Familiebilder mit kaputten Rahmen und zersprungenem Glas auf dem Boden verteilt. Auch der Spiegel über der antiken Holzkommode  war kaputt und sie mit Blut beschmiert.

Doch mein Blick glitt zur Eingangstür, die einen Spalt offen stand. Denn ein Strauß Rosen hinderte sie am schließen. Die Blumen hatten schon bessere Tage gesehen, dennoch ging ich wie in Trance zu ihnen und hob sie auf. Für mich gab es  keinen Zweifel, von wem sie waren und wessen Blut in meinem Haus verteilt war.  Auch Maybell schien es zu wissen, denn sie legte mir ihre Hand auf den Unterarm. "Nim...", "Maybell, ich muss zu Richard. Ich muss wissen ob es ihn gut geht", meinte ich, während ich die Blumen an mein Herz drückte. Dabei fiel die letzte Blüte auf den Boden und Tränen folgte ihr. Maybell strich mir über den Oberarm, bevor sie sagte "Beeil dich! Wir müssen wissen was hier passiert ist. Mir sieht das sehr nach einem Angriff des Ordens aus."

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