Chapter 6

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Ich sitze an einem Tisch in der Cafeteria, da meine Mutter mir kein Essen mehr macht. Hier sind viele Kinder, aber ich versuche mich abzulenken, indem ich an Wölfe denke.
Wusstet ihr, dass Wanderwölfe bis zu 45 Kilometer zurücklegen können? Das ist echt cool. Wölfe sind wirklich sportlich.

Ich glaube, ich stehe einfach auf und setze mich nach draußen. Vielleicht bringt Kayo mir mein Essen dahin und wenn nicht, warte ich, bis ich zu Hause bin.

Ich stehe auf und laufe Richtung Ausgang. Genau neben dem Ausgang steht eine Bank. Auf ihr sitze ich gerne, da Kayos Freunde meistens hier stehen, aber während der Mittagspause ist keiner hier.

Ich winkle meine Beine an und lege meine Arme um sie. Meinen Kopf stelle ich auf meinen Knien ab. Ich schaue geradeaus und sehe einige Bäume. Ich versuche, sie zu zählen, aber ich kriege es nicht hin. Manchmal ist mein Kopf so leer, dass es schon weh tut. Ich weiß nicht, an was ich denken soll.

Ich kann mich nicht mehr dran erinnern, wie lange ich auf der Bank sitze. Ich sehe nur, wie immer mehr Kinder aus der Tür laufen und wahrscheinlich nach Hause gehen. Vielleicht hätte ich in diesem Moment meine Tabletten gebraucht, aber ich bin mir nicht ganz sicher. Ich meine, ich bekomme alles nur halb mit, aber was bedeutet das? Träume ich? Halluziniere ich?
Plötzlich steht jemand vor mir. Ich gucke hoch.
Toni.

"Du hast zwei Stunden verpasst. Ich wusste gar nicht, dass du so ein Badgirl sein kannst."

Sie lacht.
Ich habe zwei Stunden verpasst? Sonst habe ich nie Stunden verpasst. Macht mein Bruder sich Sorgen? Sucht Lola mich?

"Hallo, lebst du noch?"

Ich bemerke, wie ich sie anstarre und stehe auf. Ich wollte gerade gehen, aber sie greift mich am Arm, wie es jeder macht.
Ich kriege aber keine Panik. Ich nehme es so hin. Sie zieht mich zu sich und schaut mich an.

"Ich glaube, du kannst jetzt nicht gehen. Ich habe gesagt, ich fahre dich. Außerdem sucht dein Bruder und dieses komische Mädchen dich."

Ich bleibe einfach stehen und schaue in ihre Augen. Wieder sehe ich dieses leichte Gold unter dem dunkelgrün gemischt. Sie funkeln ein wenig. Ich weiß nicht, ob es wegen ihrer Wut ist oder ob sie immer funkeln. Bevor ich weiter darüber nachdenken kann, reißt mich eine Stimme aus meinen Gedanken.

"Kaya? Wir haben dich überall gesucht!"

Ich schaue nach rechts, wo ich Kayo und Lola vorfinden kann. Sie sehen besorgt aus.

"Sei froh, dass ich Mama noch nicht angerufen habe! Jetzt komm mit!"

Kayo kommt auf mich zu und will mich am Arm greifen, aber ich trete ein paar Schritte zurück.

"Warum müsst ihr mich alle immer berühren? Was habt ihr davon?! Alle wissen, wie schlecht ich mich wegen Berührungen fühle! Ich komme jetzt nicht mit! Ich bin erwachsen und kann mich um mich selber kümmern! Ihr behandelt mich alle wie ein kleines Kind!"

Ich schreie förmlich. Ich glaube, ich gucke gerade genauso überrascht, wie alle um mich rum, aber ich kann nicht viel darüber nachdenken, da meine Beine sich einfach bewegen. In irgendeine Richtung. Ich weiß
selber nicht in welche.

Nach etwa 15 Minuten laufen setze ich mich an eine Wand neben der Straße und winkle meine Beine wieder an. Ich zähle die Autos, welche an mir vorbeifahren. Nach einiger Zeit mache ich meine Augen zu und versuche, die Geräusche um mich herum mit meinen Gedanken zu überdecken.

"Willst du jetzt immernoch nicht mitfahren?"

Ich erschrecke mich leicht und öffne meine Augen. Vor mir steht Toni mit ihrem Motorrad und hält mir einen Helm hin.

"Nein."

"Jetzt komm mit. Ich bring dich nach Hause. Wir müssen nicht zusammen lernen, ich setze dich nur ab und gehe wieder. Deine Familie macht sich bestimmt sorgen."

Sorgen? Warum machen sie sich sorgen? Ich gehe doch immer einfach so weg. Vielleicht weil ich geschrien habe. Kann man das schreien nennen?

"Was ist jetzt?"

Ich schaue sie an und stehe auf. Ein wenig Angst habe ich schon, aber ich will nach Hause.
Ich stelle mich neben das Motorrad und Toni will mir den Helm aufziehen, aber ich zucke zusammen. Ich weiß nicht, wieso.

"Alles gut. Ich schlag dich schon nicht."

Sie lacht und zieht mir dann ihren Helm auf.

"Setz dich hinten drauf und halte dich an meinen Seiten fest."

Ich setze mich aufs Motorrad, aber fasse sie nicht an. Meiner Meinung nach ist das jetzt schon zu nah. Plötzlich greift sie mit ihren Händen meine und legt sie an ihre Hüfte.

"Du musst dich festhalten, sonst fällst du runter und ich glaube, das wollen wir nicht."

Als sie losfährt, festige ich meinen Griff um ihre Hüfte. Warum habe ich mich darauf eingelassen? Das ist ja schrecklich. Nach einer Weile beruhige ich mich ein wenig. Es ist windig, aber trotzdem beruhigend, den Wind auf seiner Haut zu spüren.
Toni hat irgendwas gesagt, aber ich habe es nicht ganz verstanden.

"Hm?"

Sie lacht und dreht sich an einer roten Ampel zu mir rum.

"Ich habe gefragt, ob du mir jetzt deine Adresse nennen willst."

Oh, meine Adresse. Aber will ich nach Hause? Will ich von meiner Mutter komisch angeguckt werden, weil ich das erste mal meinen Bruder und Lola angeschrien habe? Nein.

"Ich will nicht nach Hause."

Sie guckt mich fragend an.

"Du willst nicht nach Hause?"

Ich schüttele den Kopf.
Bevor sie antworten kann, ist die Ampel grün und sie fährt los. Ich habe keine Ahnung, wo sie jetzt hinfährt, aber aus irgendeinem Grund ist es mir egal. Ich lasse sie einfach fahren, was merkwürdig ist. Sie schlägt mich und am nächsten Tag ist sie so nett.

Warum nimmt sie mich mit? Warum hilft sie mir? Und die größte Frage die ich mir stelle ist, warum kann sie mich anfassen, ohne dass ich direkt durchdrehe? Und wie habe ich es geschafft, sie anzufassen?
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Heute mal ein kurzes Kapitel. I'm sorry! Danke fürs lesen;)

981 Wörter

The little idiot (GirlxGirl)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt