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Es dauerte einen Moment, bis Naira Thranduils Hand wieder losließ, auch wenn sie nur wenige Sekunden zum Aufstehen gebraucht hatte. Keiner der beiden sagte ein Wort und die Stille hing wie eine große schwarze Gewitterwolke über ihnen. Anstatt mit Naira zu sprechen, setzte der Elbenkönig sich jetzt allerdings wieder in Bewegung. Wie konnten sie einen neuen Anfang beschwören, wenn alles auf einer Lüge aufgebaut war? Mit großen Schritten lief er zurück zur Tür, die ins Innere des Schlosses führte. Verdutzt sah Naira ihm nach, bevor sie wieder ihre Beine in die Hand nahm und ihm folgte.

Ein leichtes Schmunzeln huschte über Thranduils Gesicht, es verschwand allerdings genauso schnell wieder, wie es gekommen war. Immerhin lief sie jetzt nicht mehr vor ihm weg, sondern versuchte bei ihm zu sein. Niedlich auf ihre eigene Art und Weise. Ohne sich noch mal umzusehen, betrat er das Schloss, stieg die Treppen zu seinem Thron empor, legte den Umhang wieder um, nahm seinen Weinkelch und ließ sich mehr oder weniger elegant auf den Thron fallen. Sein Blick ruhte auf Naira, während er den Kelch an seinen Lippen ansetzte und dann innehielt.

»Willst du den Dorvinion Wein probieren? Mittlerweile müssen wir keine Angst mehr haben, aus dem Weinkeller geschmissen zu werden.« Er hatte bei dieser Aussage nicht einmal sein Gesicht verzogen. War das ein Scherz gewesen oder nicht? Zögernd legte Naira ihre Stirn in Falten. Meinte er das ernst? Drohten nicht Allen grausame Strafen, wenn sie den Wein auch nur anrührten? Oder hatten die Geschichten über ihn an dieser Stelle mal wieder die Wahrheit verdreht?

»Wenn… wenn mir das denn gestattet ist?«, fragte sie vorsichtig und behielt den König im Auge. Es wäre ein ziemlich falsches Spiel, wenn er das jetzt gegen sie verwenden würde, nach all dem Vertrauen, das sich wieder zwischen ihnen aufzubauen schien. Andererseits hätte Naira es auch nicht wirklich gewundert, wenn er ihr damit in den Rücken gefallen wäre.

Thranduils Miene war undurchdringbar, als er sich langsam vom Thron erhob und mit der Karaffe und seinem Weinkelch die Treppen nach unten lief. Vor Naira angekommen, nahm er die Karaffe und füllte den Kelch erneut, bevor er ihn ihr entgegenhielt.

Ohne weiter über mögliche Konsequenzen nachzudenken nahm Naira ihm den Kelch aus der Hand. Wie sollte sie hier normal leben, wenn sie immer noch Angst vor Thranduil hatte. Er hatte ihr doch deutlich bewiesen, dass er ihr nichts tun wollte. Es war nicht fair von ihr, dass sie immer noch an ihm zweifelte. Unter dem beobachtenden Blick des Elbenkönigs nahm Naira einen kleinen Schluck von dem roten Nass und weitete sofort überrascht die Augen. Sie hatte mit allem gerechnet aber nicht mit der süßen Explosion, die jetzt in ihrem Mund stattfand. Sie hatte vermutet, dass der Wein bitter schmecken würde oder trocken aber nicht damit, dass er so süß und schmackhaft war. Als sie damals einen Schluck Wein erhaschen konnten hatte er anders geschmeckt, wie Gift. Seitdem hatte sie keinen Schluck Alkohol mehr angerührt. Wieso hätte sie etwas trinken sollen, was beinahe ihren ganzen Magen verätzt hatte. Naira sah den Elbenkönig an und nickte dann anerkennend. Er hatte einen guten Weingeschmack, zumindest das musste man ihm lassen.

»Das ist ein sehr leckerer Wein!«

Thranduils Miene blieb unverändert, als er Naira den Kelch aus der Hand nahm und selber einen Schluck trank. Normalerweise hätte er seinen Kelch niemals mit irgendeinem anderen Elb oder einer anderen Elbin geteilt, bei Naira war es jedoch anders. Sie war nicht irgendeine Elbin für ihn.
»Bei Wein sollte man niemals auf den Preis achten. Es geht nichts über einen gut gereiften Wein.« Stolz hob er seinen Kopf, während er Naira weiter in die Augen sah und versuchte ihre Gedanken und Gefühle aus diesen abzulesen.

Ganz zu seiner Überraschung pflichtete Naira ihm mit einem leichten Nicken bei. Der Wein hatte sie mehr als nur überzeugt und als König hatte er sowieso genügend Gold, welches in den Schatzkammern langsam vor sich hin moderte. Warum dieses Gold also nicht für gute Sachen, wie beispielsweise Wein ausgeben? Wenn er schon dabei war, dann konnte er auch gleich den Soldaten eine neue Rüstung besorgen. Die Jetzige war gelinde gesagt einfach nur grauenhaft. Vermutlich war die Idee gewesen, dass die Wachen mit einer stattlichen Goldrüstung auftraten. Mittlerweile war sie allerdings nur noch matt und abgetragen.

Thranduil || Flammendes Herz √Donde viven las historias. Descúbrelo ahora