12_Vergangenheit und Träume

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|𝙿𝚘𝚅 𝚁𝚎𝚊𝚍𝚎𝚛|

"Darf ich fragen was dir damals im Untergrund passiert ist...?" murmelte ich zu Isabel und kickte einen belanglosen Stein weg, der am Boden vor meinen Füßen lag.

Ich saß mit ihr auf einem etwas größeren Baumstamm.
Es war bereits Abend, der Himmel dunkelblau und der Mond zur Hälfte am leuchten.
Grillen zirpten und wieder ertönte die Eule ab und zu. Es war eher sehr bewölkt.
Der Himmel bot sich nicht als freie Aussicht.

Isabel zögerte. Ich wollte meine Frage zurückziehen und mich dafür entschuldigen, einfach so gefragt zu haben, doch genau dann fing sie an zu erzählen.

"Ich habe mich oft mit anderen angelegt... Daraufhin wurde ich geschlagen, fertig gemacht und körperlich verletzt." antwortete sie mir nach langzeitiger Stille.
Ich sah zu ihr.
"Hier..." sie zog ihren Ärmel nach oben.
"Manche Narben trage ich bis heute noch an meiner Haut. Ich konnte mich damals nicht so gut wehren. Und meine Haare, ich bin froh das sie nachgewachsen sind..." nuschelte sie und zog ihren Ärmel wieder nach unten. Sie zeigte mir daraufhin ihr Bein, was ebenfalls ein paar Narben auf der Haut trug. Sie überwand sich sehr mir dies zu erzählen. Ich merkte das.

"Deine Haare...?" fragte ich vorsichtig nach.

"Sie wurden mir abgeschnitten... Ich habe mich mit jemandem angelegt, es war mein Fehler." gestand sie und lehnte sich etwas zurück. Ich allerdings presste meine Zähne aufeinander und senkte etwas meinen Blick.

"Nein, das stimmt nicht... Es gibt keinen Grund warum man sowas tun sollte. Du hast keinen Fehler gemacht. Gib dir dafür nicht die Schuld. Es waren die Penner, die dir das angetan haben.
Ich hoffe, dass sie eines Tages mehr leiden als alles andere...!" murrte ich letzteres.
Ich war wirklich sauer.
Ich hasste den Untergrund. Die meisten Menschen, die dort leben sind reiner Abschaum. Ich hasste sie. Abgrundtief.

Eine kurze Zeit war es Still. Sie ließ meine Worte auf sich wirken und dies verstand ich auch. Ich wollte einfach nur dass sie nicht sagte das es ihr Fehler sei. Denn das stimmte nicht. Schließlich war sie es, die am ende die Wunden davon trug.

Isabel lachte plötzlich etwas. Verwundert sah ich sie an.
"Hab' ich was falsches gesagt?" ich hatte Angst, dass sie mich auslachen würde...

"Nein, alles gut. Nur ich glaube, das ist ihnen schon längst passiert. Als Levi davon erfahren hat, hat er sie wahrscheinlich zur Strecke gebracht." erzählte sie und sah in den mit Wolken bedeckten Himmel.

Levi also.

Ich lächelte leicht und sah zu Boden, kickte einen weiteren Stein beiseite und grub mit meinem Fuß eine kleine Kuhle in den sandigen Boden.

Ich wusste, dass er nicht einfach kalt daneben sitzen kann. Dennoch erscheint er mir in manchen Situationen echt gruselig.

"Was ist dir eigentlich zugestoßen...?" wollte die Rothaarige neben mir nun von mir wissen. Augenblicklich fuhr meine Hand zu meiner Wange, leicht unter dem linken Auge. Meine Fingerspitzen berührten die kleine Narbe, die dort ihren Platz fand. Sie zog sich diagonal zu meinem Haaransatz neben meinem Ohr. Man sah sie nicht auf den ersten Blick.

Ich reagierte erst nicht auf ihre Frage. Überlegte, ob ich es ihr erzählen soll, aber im Endeffekt entschied ich mich dafür.
Schließlich erzählte sie mir auch etwas von sich. Also atmete ich noch einmal tief durch und fing an zu sprechen, suchte vorher aber noch die richtigen Worte.

"Ich war von Anfang an allein. Wurde ebenfalls körperlich verletzt, geschlagen... Nur, dass ich mich nie so wirklich dagegen wehrte..." Ich machte eine kurze Pause, um weiter nach den richtigen Worten zu suchen.

𝐋𝐢𝐟𝐞𝐜𝐡𝐚𝐧𝐠𝐞𝐬 𝐰𝐢𝐭𝐡 𝐃𝐞𝐚𝐭𝐡𝐬 ˡᵉᵛⁱ ˣ ʳᵉᵃᵈᵉʳ AᴏTWhere stories live. Discover now