Kapitel 11: Kriegsrat

79 17 7
                                    

"Noch Kaffee, Frau Vostokov, Herr Boratav?", fragte Frau Bohn, den leeren Espressokocher in der Hand.

"Ja, sehr gerne", sagte Svetlana und lächelte Frau Bohn an. "Und ich bin dafür, dass wir uns duzen; wir sind hier doch nicht im Seminarraum. Ich bin Svetlana."

"Find ich gut", sagte Frau Bohn und strahlte. "Ich bin Babsi."

"Ich bin Conny", sagte Frau Koch.

Babsi Bohn und Conny Koch? Bert atmete einmal durch. Na ja, warum nicht?

"Ich bin Ogün. Und ja – ich hätte auch gern noch Kaffee. Bitte." 

Das war für Ogüns Verhältnisse ja richtig charmant!, dachte Bert. Aber warum sahen ihn jetzt alle an?

"Bert!", sagte er. "Ich bin Bert." Stimmt, das wussten Babsi und Connie ja noch gar nicht. Karola war die einzige, deren Vorname alle kannten.

"Schön", sagte Babsi. "Kaffee kommt!" Sie fing an, das Unterteil des achteckigen Wunderdings abzuschrauben, während sie zum Herd hinüberging. Irgendwie hatten alle Menschen auf der Welt schon lange coolere Kaffeezubereitungsgeräte als Bert gehabt hatte, bis zur kurzen Karriere seines Kaffeeautomaten; Friede seiner Asche.

Der Rest der Küche war auch sehr stilvoll: Die glänzende Küchenzeile, die hübschen Wandfliesen, der stabile Holztisch, die Eckbank mit bunten Kissen, dazu ein Rankepflänzchen auf dem Schrank und ein Basilikum auf der Fensterbank – das war Schöner Wohnen, nicht WG!

"So", sagte Svetlana, "wo stehen wir? Karola, hast du inzwischen deinen Chef erreicht?"

Die schüttelte den Kopf. Sie wirkte etwas mitgenommen. 

"Bei deinen Leuten ist bestimmt die Hölle los", sagte Svetlana mitfühlend. "Und der Polizei vor Ort können wir nicht mehr vertrauen?"

"Kettler hat uns Kaffee versprochen", sagte Karola. "Kurz darauf kommt jemand, der einer von seinen Leuten sein könnte, und bringt uns wahrscheinlich vergifteten Kaffee. Vielleicht war es keiner von seinen Leuten, sondern jemand, der sich dazwischen gemogelt hat; vielleicht hat auch jemand anderes in einem unbeobachteten Moment etwas in den Kaffee getan; vielleicht ist es normal für den Krankenhauskaffee, so bitter zu sein, dass man damit Alkohol vergällen könnte. Mir sind das zu viele Vielleichts."

Svetlana warf ihr einen unergründlichen Blick zu, dann nickte sie langsam. "Gut, gehen wir auf Nummer sicher. Aber deinen Kollegen vom Personenschutz können wir vertrauen?"

"Auf jeden Fall. Wir sind ein Team. Jeder von uns gibt alles, um die uns anvertrauten Personen zu schützen. Das haben wir trainiert, bis es zu unserer zweiten Natur geworden ist."

"Gut", sagte Svetlana.

"Nur schlecht, dass du dein Team nicht erreichen kannst", sagte Ogün.

"Ja, und wir können uns auch denken, warum", sagte Svetlana mit einem tadelnden Blick zu Ogün. "Aber wir finden schon eine Lösung. Uns fällt etwas ein, wohin wir Bert erst einmal in Sicherheit bringen können. Dafür muss er aber eindeutig vorzeigbarer werden – unauffälliger, meine ich."

Da hatte sie leider recht. Der Taxifahrer hatte  ihn schon sehr sparsam angesehen, obwohl der bestimmt schon schlimmer aussehende Leute gefahren hatte. Dann allerdings wohl eher spät in der Nacht.

"Ogün, was hast du mitgebracht?", fragte Svetlana.

"Na ja", sagte Ogün. "Die meisten Sachen von mir sind zu eng für Bert."

"Hey!", protestierte Bert. Dick war er nun wirklich nicht, auch wenn seine halbwegs schlanke Figur nicht durch Sport geformt war. Sein Körper legte einfach nicht so viele Vorräte an. Außerdem war Ogün wirklich sehr dünn.

Schutzfrau (ONC 2021 Deutsch)Kde žijí příběhy. Začni objevovat