Seit wann ist Dezember?

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Seit dem Vorfall Ende November meiden wir beide den Kontakt zueinander. Bewusst, weil zumindest ich weiß, dass die Stimmung jetzt erst recht seltsam wäre. Wenn er jetzt mit mir flirten würde wie immer, wäre es einfach nicht mehr nur ein Witz zwischen uns. Indirekt ergibt sich der fehlende Kontakt auch dadurch, dass er ständig zu irgendwelchen Schulungen muss, um sich noch weiter auf seinen Job mit mir vorzubereiten. Keine Ahnung worum es da genau geht und ich nicht hin muss. Gleichzeitig hatte ich noch zwei Drehtermine für Galileo. Einmal mit meiner Verhaltenstherapeutin und einmal mit einem Job-Coach. Da Xenia diesmal keine Zeit hatte den Dreh zu begleiten, kam Sina mit, was mich natürlich sehr gefreut hat, da wir ein paar mal miteinander geschrieben haben, aber nie ein Treffen zu standen gekommen ist.

Es klingelt an der Wohnungstür und ich öffne Sina die Tür. „Hey, wie geht's? Ich freue mich, dass es endlich mal geklappt hat", begrüßt sie mich. „Ich freue mich auch, vor allem, dass du sehr gut riechendes Essen mitgebracht hast." „Erstmal ans Essen denken, war ja klar", erwidert Sina lachend, während sie mir die Tüte in die Hand drückt. Ich stelle sie auf die Küchentheke und hole aus dem Schrank Teller und Gläser. „Wo hast du Besteck?", fragt Sina und öffnet ziellos eine Schublade, wo sie jedoch nicht fündig wird. Ich deute auf die Schublade daneben und sie holt Messer und Gabeln. Gemeinsam decken wir den Tisch. „Ich hoffe es war okay, dass ich für dich einfach auch einmal mein Lieblingsgericht bestellt habe?" „Ja klar, ich sagte doch, dass es mir egal ist." Sie reicht mir die Plastik-Verpackung, die das Essen warm hält. Ich schütte den Gemüse-Reis auf meinen Teller und öffne die Weinflasche. Ich schenke ihr etwas Wein ein. Ebenso mir selbst. Sie nimmt ihr Glas in die Hand. „Auf einen schönen Abend!", prostet sie mir zu. „Auf einen schönen Abend!", stimme ich ihr zu und unsere Gläser klirren aneinander.

Sie erzählt mir von ihrer Familie. Okay, hauptsächlich von ihrer kleinen Schwester Svenja. Sie scheinen eine sehr enge Beziehung zu haben, so liebevoll wie Sina sich über sie aufregt. „Jedenfalls gehen wir nächste Woche auf den Weihnachtsmarkt und machen eine gebrannte Mandeln und Nüsse Verkostung. Ich muss sie schließlich davon überzeugen, dass die klassischen gebrannten Mandeln immer noch die besten sind und nicht irgendwelche experimentellen Variationen.", beendet sie ihre Erzählung. „Es gibt schon einen Weihnachtsmarkt?", frage ich verwirrt. Wir haben doch erst November, oder? „Es ist Anfang Dezember, selbstverständlich gibt es schon einen Weihnachtsmarkt!", klärt sie mich auf. Wann ist denn die ganze Zeit vergangen, frage ich mich innerlich, während ich ihr antworte: „Ja, ich war schon seit Ewigkeiten nicht mehr auf einem Weihnachtsmarkt..." „Wie kannst du nur?!?", empört sie sich gespielt. „Das gehört doch quasi zur Adventszeit dazu, dass man mindestens einmal auf dem Weihnachtsmarkt war!" „Ich bin sowieso nicht so der Weihnachtstyp...", versuche ich mich zu verteidigen. „Das geht nicht.", konstatiert sie. „Wie beide", sie fuchtelt mit der Hand zwischen uns her, „haben jetzt eine Verabredung auf dem Weihnachtsmarkt. Ob du willst oder nicht. Ich kann es nicht verantworten, dass jemand Weihnachten feiert ohne davor auf dem Weihnachtsmarkt gewesen ist." „Ich...", versuche ich sie zu stoppen. „Du wirst einfach mitkommen, wenn ich mit Svenja gehe! Dann hätten wir auch eine neutrale Meinung für unsere Verkostung.", präsentiert sie mir ihre Idee. „Hast du nächsten Donnerstag Abend Zeit?" Zögerliche nicke ich. Ich habe ehrlich gesagt nicht wirklich Lust mich durch die Menschenmassen zu quälen und an den überteuerten Ständen irgendwelche Anhänger zu begutachten, um mich am Ende mit Glühwein zu betrinken. „Perfekt!", freut sie sich, „Svenja hat sicherlich nichts dagegen. Wenn du willst kannst du ja noch jemand mit bringen, so als Ausgleich zur Schwestern-Power." Da mir spontan niemand einfällt, erwidere ich bloß: „Ja mal schauen." Damit scheint das Thema für sie erledigt zu sein und wir reden darüber wie wir Weihnachten verbringen werden.

Später sitzen wir gemeinsam mit der Flasche Wein auf der Couch. „Wie läuft eigentlich deine Zusammenarbeit mit Tim?", fragt sie irgendwann. Sofort wandern meine Gedanken zu unserer gemeinsamen Nacht, von der ich ihr ziemlich sicher nichts erzählen werde. „Ganz gut. Wir lernen uns kennen, verstehen uns gut und joa...", antworte ich ihr. „Das freut mich", meint sie lächelnd. Es entsteht eine Pause. Ihr scheint irgendwas auf der Zunge zu liegen. „Was?", frage ich sie nach einer Weile, in der sie nichts sagt. „Ach nichts...", winkt sie ab. „Jetzt sag schon!", fordere ich sie lachend auf. „Ich hatte bloß den spontanen Einfall, dass Tim ja mit kommen könnte auf den Weihnachtsmarkt. Ihr müsst doch sowieso ein paar gemeinsame Erinnerungen machen... Aber ist deine Entscheidung..." Vielleicht wäre es wirklich eine gute Gelegenheit unseren Kontaktabbruch wieder aufzuheben. Auf neutralem Boden. Mit anderen Personen, damit es nicht eskalieren kann. In keine Richtung. Ja, es wäre zumindest einen Versuch wert. „Ich kann ihn ja mal fragen, aber ich kann nichts garantieren."

Kurz bevor ich schlafen gehe, öffne ich meinen Chat mit Tim und hinterlasse ihm eine kurze Nachricht:

Wir gehen am Donnerstag auf den Weihnachtsmarkt. Willst du vielleicht mitkommen? So wegen gemeinsamen Erinnerungen...


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Sorry, dass es jetzt doch länger gedauert hat, bis das Kapitel fertig geworden ist. Ich hatte so meine Motivationsprobleme 😂 aber jetzt ist es ja doch da!!

Was haltet ihr von Sina bis her?

Schönen Freitag Abend euch!

Erfundene WahrheitenWhere stories live. Discover now