Kapitel 19

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Ein letztes Mal atmete ich noch einmal tief durch, um meine Nervosität irgendwie einzudämmen. Doch leider brachte es überhaupt nichts. Zögerlich hob ich meine Hand, um anzuklopfen, liess sie aber von der einen auf die andere Sekunde wieder sinken. Tausende von Gedanken strömten durch meinen Kopf. Positive wie negative...

Die verschiedensten Szenarien liefen in meinem Kopf ab und hinterliessen eine Gänsehaut auf meinem Körper. Aber ich wusste, dass ich jetzt dadurch musste, wenn ich sie sehen wollte und dies wollte ich mehr als alles andere auf dieser Welt. Sie werden mir schon nicht den Kopf abreissen...

Mit wässrigen Augen sah ich noch einmal zu Yugyeom, dessen Hände sich inzwischen beruhigend auf meine Schultern gelegt hatten. Ich war wirklich froh, dass ich jemanden dabei hatte. Ohne seine Unterstützung wäre ich wahrscheinlich schon längstens aus dem Gebäude gestürmt.

"Ich klopfe für dich, okay?", flüsterte er mir extra leise zu, worauf ich nickend auf meine Unterlippe biss und mich einen Schritt von der Tür entfernte. Ein letztes Mal sah er prüfend zu mir, worauf ich aber nur starr die Tür anstarrte, welche immer noch leicht offen stand.

Angst... Dies war alles was ich in diesem Moment spürte. Nur schwach bekam ich mit, wie Yugyeom an der Zimmertür klopfte und seine Hand auf die Türklinke legte. Tief atmete ich noch einmal durch. Das wird schon... Es wird nichts Schlimmes passieren.

Durch ein lautes 'Herein' von Namjoon wurde ich schliesslich wieder zurück in das hier und jetzt katapultiert. Yugyeom öffnete schliesslich die Tür, worauf sich ein heller Raum vor mir erstreckte. Man blickte sofort in eine kleine, moderne Küche. Wahrscheinlich war dieses Zimmer ein Aufenthaltsraum oder so etwas ähnliches.

Konstant spürte ich Yugyeoms Augen und Präsenz hinter mir. In diesem Moment erinnerte er mich an einen fürsorglichen Bruder. Schwach lächelte ich ihn noch einmal an, bevor ich mit zittrigen Beinen einen Schritt in den Raum lief. Meine Hände krallten sich nervös in den Saum meines T-Shirts. Zögerlich steckte ich meinen Kopf in den Raum und betrat ihn schlussendlich ganz. Jetzt gab es kein Zurück mehr...

Von Anfang an starrten Namjoon und Jin neugierig die Tür an. Während Namjoon mit seinem Handy in der Hand auf einer schwarzen Couch sass, wollte Jin wahrscheinlich gerade auf die Tür zu laufen, da er sich nur ein paar Meter vor mir befand.

Sobald ihre Augen mich erblickten, fiel ihr Lachen, welches sie bis eben noch auf den Gesichtern trugen. Mit offenem Mund und sprachlosen Augen starrten sie mich an, worauf ich meinen Kopf unwohl zu Boden richtete. Mit zittrigen Fingern spielte ich unaufhörlich mit meinem T-Shirt herum und wippte aufgeregt hin und her.

Nach ein paar Sekunden, in welchen nichts geschah, sah ich schliesslich doch wieder auf. Wie erstarrt befanden sie sich immer noch an derselben Stelle. Ihre Augen spiegelten voller Unglauben, Trauer und Verletzlichkeit... Ein leises Wimmern entkam meinen Lippen, während sich Tränen in meinen Augen ansammelten. War es so schlimm mich wieder zu sehen...?

"J-jinnie...?", kam es mit brüchigem Unterton über meine Lippen. Meine Stimme glich einem einfachen Hauchen. Innerhalb von wenigen Sekunden klappte der Älteste in diesem Raum einfach um. Ein lautes Poltern erklang, worauf ich Jin auf dem Boden wieder fand, welcher sich ein wenig verzweifelt den Hals hielt.

Immer schneller schnappte er nach Luft, aber sah mich dabei die ganze Zeit an. Als wäre ich ein Gespenst... Sofort reagierte Namjoon und kniete sich zu dem Älteren hinunter, um seine Hände auf seine Wangen zu legen. "Alles gut Jin... I-ich... Ich...", ein wenig verzweifelt brach Namjoon seinen Satz ab und wischte Jin die Tränen von der Wange.

Ein leises Schluchzen kam über Namjoons Lippen als seine Augen wieder auf meine fielen. "E-er ist es n-nicht, oder? Er... er sieht ihm nur ähnlich..." Jins Atmung ging immer noch viel zu schnell als für gewöhnlich, während immer wieder dicke Tränen über sein Gesicht rollten und er ungläubig zwischen Namjoon und mir hin und her sah.n

Mit mulmigem Gefühl im Bauch lief ich schlussendlich auf die Beiden zu und liess mich vor ihnen auf den Boden gleiten. Mit grossen Augen sah ich zu Jin, welcher mich immer noch ungläubig betrachtete und sich an Namjoon krallte. "Kookie...", kam es schliesslich doch zögerlich über Namjoons Lippen, was mich zu ihm sehen liess.

Auch ihm liefen mehrere Tränen über die Wangen. Zögerlich hob ich meine Hand und legte sie dem Älteren auf die Wange. Zärtlich strich ich ihm die glasigen Perlen aus dem Gesicht. Immer noch mit ungläubigen Augen drückte er sich vorsichtig meiner Berührung entgegen, was mich leicht Lächeln liess.

Ich weiss nicht genau was in Namjoons Kopf ablief, aber anscheinend brauchte er ein paar Sekunden, um zu realisieren, dass ich tatsächlich neben ihm sass. Doch sobald dies geschah, spürte ich seinen freien Arm um meine Taille. Sofort drückte ich mich an ihn und krallte mich in seinen Anzug. Immer wie mehr Schluchzer entflohen mir. Es war einfach so verdammt unglaubwürdig...

Ich konnte ihn spüren... Ich fühlte die Anwesenheit meiner Hyungs bei mir. Ich konnte ihren Geruch riechen, welcher so sehr nach zuhause schrie. Ich hörte ihre Stimmen, welche mir sagten, dass ich zuhause angekommen war...

Nach einer Weile spürte ich noch einen Arm um meinen Körper, worauf ich meine verweinten Augen öffnete. Sofort traf ich auf Jins Augen, welche immer noch voller Zweifel auf mir lagen. Schniefend strich ich mir die Tränen von der Wange und legte meinen Kopf auf Namjoons Schulter ab. "Hey Jinnie...", murmelte ich ihm vorsichtig zu, worauf Jins Augen über mein ganzes Gesicht flogen.

Ich spürte, wie sich Namjoons Kopf auf meinem ablegte und sein ganzer Körper bebte. Wie von selbst drückte ich mich noch näher an meinen Hyung, worauf sich auch sein Griff um mich verstärkte. Zögerlich streckte ich meine Hand nach Jins aus und verschränkte unsere Finger miteinander. Fasziniert betrachtete Jin unsere Hände, worauf sich seine Augen wieder mit Tränen füllten.

"D-du bist echt...", flüsterte er eher sich selbst zu. "Du bist wirklich echt..." Traurig betrachtete ich das ganze, während unaufhörlich die Tränen über meine Wange rollten. Sobald auch Jin zu realisieren schien, dass ich gerade wirklich bei ihm stand, entfloh ihm ein lautes Aufschluchzen was er mit seiner Hand versuchte abzudecken.

Nur ein paar Sekunden später krallte sich der Älteste an mich und Namjoon. Sein Gesicht vergrub er in meinem T-Shirt und tränkte es mit seinen Tränen. Auch ich schloss sofort meine Arme um ihn und drückte meine beiden Hyungs an mich. Zittrig atmete ich einmal ein und aus mit dem Versuch mich irgendwie zu beruhigen.

Im ganzen Raum war es mucksmäuschenstill, nur ab und zu waren die verzweifelten Schluchzer von uns dreien zu hören. Ich war so unendlich froh, dass ich sie wirklich noch treffen konnte. Jedoch fühlte ich mich gerade überhaupt nicht gut. Ich konnte mich nur zu gut erinnern, wie ich vor ein paar Minuten sagte, dass es ihnen gut gehen würde. Denn dies stimmte definitiv nicht...

Es ging meinen beiden Hyungs nicht gut... Genau wie viele andere, versuchten sie ihren Schmerz in der Arbeit zu verstecken. Vielleicht war das Ziel in ihrem Entertainment auch einfach Hoffnung aus diesem schöpfen zu können.

"Es... es tut mir leid...", schluchzte Jin immer wieder leise vor sich hin und versteckte sein Gesicht in meiner Brust. Fest krallte er sich an Namjoon und mir fest. Ein wenig überfordert, versuchte ich ihm beruhigend durch die Haare zu fahren. "A-alles gut, Jinnie... Ich bin doch wieder da..."

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My Time / TaekookDonde viven las historias. Descúbrelo ahora