Welcome to the Iceberg Lounge

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„Wow, du siehst toll aus, Kelsey!", Jacks Augen leuchteten regelrecht, als ich mit dem neuen Kleid, das ich früher an diesem Tag gekauft hatte, vor ihm stand. Ich lief wie all zu oft, wenn er mir Zuneigung schenkte, rot an. „Danke", murmelte ich, während ich auf ihn zu kam: „siehst selbst sehr gut aus!" Er trug einen seiner berühmten violetten Anzüge, aber mir kam es vor, als trage er einen besonders schicken heute Abend. Zumindest bildete ich mir das ein. „Ach, das alte Ding?", grinste Jack zurück. „Ich glaube, es ist bis jetzt mein Lieblingsanzug von dir", sagte ich einfach und lief auf die Haustür zu, um zu signalisieren, dass ich bereit war.

Kurze Zeit später waren wir auch schon angekommen. Die Iceberg-Lounge. Ich hatte schon davon gehört, aber dort gewesen war ich bis dato noch nicht. Die einzige Bar, in der sich der Joker (und „seine neue Begleitung Jester") einfach so zeigen konnte ohne, dass die Polizei gerufen wurde. Schließlich gehört der Laden selbst ja einem der größten und bekanntesten Unterweltbosse in Gotham: Oswald Cobblepot aka Der Penguin. Wir wurden innerhalb von Sekunden an einen Tisch geleitet, Jack schien hier so etwas wie ein Promi oder VIP zu sein, jedenfalls kannte ihn jeder. Und spannenderweise, etwas, dass ich bis dahin noch nicht so erlebt hatte: zwar hatten alle in der Lounge offensichtlich Respekt vor dem Joker, aber sie sahen ihn als einen ganz normalen Gast an und beachteten und beäugten ihn nicht lange. „Wie gefällt es dir?", fragte mein Gegenüber, sobald wir saßen und ich meinen Blick aufgeregt und zugegebenermaßen sehr beeindruckt, über die Eisskulpturen und wunderschön ausgearbeitete, einheitliche Architektur und Inneneinrichtung schweifen ließ. „Es ist wunderschön. Kalt, aber wunderschön", gab ich zurück, sobald ich meinen Blick von der Umgebung losreißen und Jack wieder in die Augen sehen konnte. „Man gewöhnt sich dran. Ist dir kalt?" „Ne, alles gut." Ein angenehmes Schweigen herrschte und ich nutzte den Augenblick, um doch nochmal in vollen Zügen die Umgebung zu genießen. Jack hatte recht, man gewöhnte sich an die Kälte. „Weißt du was mir hier gefällt? Ich fühle mich nach langem wieder wie ein normaler Mensch", ich wusste, dass ich bei Jack einfach alle meine Gedanken und Gefühle raussprudeln lassen konnte, und er würde mich verstehen. Das war so wunderbar zwischen uns. Er sah mich lange Zeit einfach nur an, schaute dann zwischen den umliegenden Gästen umher und lächelte schließlich: „Ich glaube, deswegen komme ich so gerne hierher. „Joker" sein, schön und gut, aber manchmal ist es schön einfach... ja, ein Mensch zu sei." Ich lächelte zurück. „Magst du es, dass Leute vor dir Angst haben?", die Frage kam einfach aus meinem Mund heraus, ohne, dass ich es hätte aufhalten können. Doch, bevor ich sie wieder zurücknehmen konnte, gab er mir eine überraschend spontane Antwort: „In dieser Welt gibt es zwei Arten von Menschen: die, die sich an Gesetz und Norm fesseln und die, die wegen ihres Mutes es nicht zu tun gefürchtet werden. Aber es ist mehr als von Vorteil gefürchtet zu sein", nun grinste er sein charakteristisches Joker-Grinsen: „Die Leute hören einem zu, keiner kann einem etwas anhaben und es macht Spaß in der Unterwürfigkeit immer wieder Beweise dafür zu sehen, dass ich froh bin mich nicht mehr anpassen zu müssen." „Dir sollten mal mehr Leute zuhören, die könnten echt was lernen", ich lächelte nur, während ich über seine Worte nachdachte. „Ach, diese Gesellschaft kann nicht zuhören." Mich hätte der weitere Verlauf dieses Gespräches wirklich interessiert, aber dann kam plötzlich eine Kreatur von der Seite anstolziert: ein kräftiger Mann mit hinkendem Bein, schwarzem Anzug, Laufstock, Monokel und einer Nase krumm wie der Schnabel eines Pinguins. „Joker!", begrüßte er Jack, welcher ihm, auch, wenn er sitzen blieb, immerhin die Hand gab. „Cobblepot!", das Grinsen erschien erneut auf seinem Gesicht, das er draußen prinzipiell nur geschminkt zeigte. Die Interaktion wirkte positiv und schien mit einem zumindest oberflächlichen, vielleicht geschäftlichen, Vertrauen verbunden, daher entschied ich mich mir keine Sorgen zu machen. „Und du musst Jester sein! Ich habe schon so viel von dir gehört", wendete er sich nun zu mir und gab mir als nächstes die Hand. Ich nahm sie selbstverständlich an. „Nur Gutes, hoffe ich", ich lächelte und hoffte, nicht allzu seltsam zu wirken. Diese zwei Männer waren schon jahrelang im Business und kannten sich ebenso lange gegenseitig, schätzte ich. „Soweit ja", grinste er zurück. Irgendetwas an seinem Grinsen machte mich unruhig... fühlten sich so andere, die Jokers Grinsen sahen? Jedenfalls versuchte ich mein Lächeln aufrecht zu halten. „Sie gefällt mir", warf er als kleine Nebenbemerkung zu Jack, dann drehte er seinen großen Kopf wieder zu mir: „Dann will ich dich doch mal richtig in unsere Welt einführen! Weißt du schon was du zu Essen willst? Heute geht alles aufs Haus!" „Wow, das müssen Sie wirklich nicht...", ich fühlte regelrecht wie ich wieder in meine alte Schüchternheit zurückverfiel. Mir viel es nie leicht, mich irgendwo neues einzufinden und das Gefühl zu haben dazuzugehören. Mit Jack hatte ich damit nie Probleme, weil ich mich bei ihm geborgen und sicher fühlte, aber jetzt stieg ich auf der Leiter des Kriminallebens eine Sprosse weiter nach oben und das hieß wohl, ich müsse mich auch mit anderen unserer Berufswelt bekannt machen. Dort hineinzupassen wird wohl die nächste große Challenge für mich. „Nimm es an, bevor er es sich anders überlegt, Jester!", unterbrach Jack das Gespräch noch bevor ich etwas hinzufügen konnte. Es war ungewohnt für mich, dass er mich „Jester" nannte, das machte er normal nur, wenn wir bei Besprechungen mit seinen Männern waren. Aber das erinnerte mich nur daran, dass wir hier, trotz, dass wir von mehr oder weniger Gleich- oder Ähnlichgesinnten umgeben waren, immer noch unter unseren Schutzidentitäten standen. Ich lachte kurz auf und beließ es bei einem einfachen: „Danke" an den Penguin gerichtet. Wir bestellten, der Penguin nahm die Bestellungen persönlich auf und gab diese dann an den nächsten Kellner mit der Warnung, es solle möglichst schnell fertig sein, weiter. Dann waren wir wieder unter uns, Jack und ich. „Kennt ihr euch schon lange?", fragte ich ihn schließlich. „Ich glaube, man kann gar nicht in Gothams Unterwelt leben, ohne früher oder später auf Oswald zu treffen. Aber wir haben schon das eine oder andere Mal zusammengearbeitet, also schon eine Weile, ja." „Das heißt, wir können ihm vertrauen?" Jack lächelte, bevor er sprach: „Regel Nummer eins: vertraue niemandem." Es entstand wieder eine Stille und das erste Mal seit langem hatte ich einen Gedanken, den ich ihm gegenüber nicht aussprach. Zumindest nicht an jenem Abend...

Vertraute er mir?

Außer Jack und dem Penguin hatte ich in der Bar niemanden wiedererkannt und auch als Jack über dem Essen anfing mir ein paar Namen und Hintergrundgeschichten zu den einzelnen Gesichtern zu geben, klingelte bei mir nur bei den wenigsten etwas. Von den größeren Namen war an diesem Abend sonst niemand dort. „Es ist super selten bekanntere Gesichter dort anzutreffen, vor allem gleichzeitig", hatte Jack gesagt.

A Running Gag (Gotham ff - german, Teil 2!)Where stories live. Discover now