"Therapy"

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Ich glaube nicht, dass Arkham Menschen heilt. Es macht einen Verrückt, treibt einen in den Wahnsinn. Sogar in den Augen der trainierten Psychologen glitzert ab und zu diese Unkontrolliertheit auf. Als ich sagte, dass es sich angefühlt hatte, als sei ich in Arkham in ein Paralleluniversum eingestiegen, meinte ich das ganz genau wie ich es sagte. Mit der Zeit wird deine winzige Zelle und der Raum mit all diesen anderen Insassen deine Welt. Es fühlt sich an, als gebe es auf der Welt nichts anderes mehr, als wäre außerhalb des Asylums nur eine riesige Wüste. Als gebe es auf der Welt nichts mehr, für das es sich lohnen würde zu leben. Die einzigen, die es hier immer und immer wieder herausschaffen sind die großen Fische unter den Kriminellen, die den ersten Aufenthalt überlebten und beim zweiten Mal wussten, dass es einen Weg nach draußen gibt. Arkham ist die Mutprobe. Der ultimative Test, was dein Gehirn aushalten kann. Verendest du im System, versuchst du vorher das Leid zu beenden oder findest du trotz allem einen Weg heraus? Jack, Nygma, Cobblepot, all die Legende Gothams, Poison Ivy, Scarecrow, Mr. Freeze, wie sie alle heißen, all sie waren hier und all sie haben es überlebt. Es interessiert keinen was aus Kriminellen wird und so können sie ohne wenn und aber als Versuchskaninchen verwendet werden.

Ich glaubte zu wissen, was diese eine Sache war, vor der sich alle fürchteten. Nicht, dass sie nicht mehr herauskamen, nicht dass der eine irrer war als der nächste, nicht dass die Psychologen selbst nicht mehr alle Tassen im Schrank hatten, nicht die erdrückende Stille oder dunkeln, hohen Mauern, nicht das verdorrte Gras im Hof oder das faulige Essen, nicht der Geruch von Tod und Verderben in den Gängen, nicht die Schreie, nicht das Gelächter, nicht das stumme Schluchzen.

Gestern wurde ich erneut in das Therapiezimmer „gebeten", als ich im Gang plötzlich wieder Schreie hörte. Zunächst dachte ich mir nichts dabei, schließlich passierte das hier öfter. Doch es bliebt nicht dabei. Anfangs dachte ich, ich bildete es mir ein. Ich dachte, ich fing schon an zu halluzinieren, als setzte mir die Gefangenschaft schon nach fünf Tagen so zu. Ich spürte regelrecht, wie jeden Tag ein Teil von mir an diese seelenlos langen Gänge verloren ging. Ich spürte, dass ich nicht länger hierbleiben durfte, sonst würde mein Verstand ein fernes Echo werden und schließlich ausklingen. Aber das, was ich dort hörte war nicht eingebildet. Es konnte keine Einbildung sein. Es waren klatschende Geräusche, wie etwas Hartes, das auf Haut landet. Das andere klang als brenne eine Leitung durch, ein Bitzeln, dann ein Schlag, wie ein Blitz. Daraufhin Schreie. Lautere Schreie als ich zuvor gehört hatte. Ohne es gesehen zu haben wusste ich was es war. Es war mir so klar vor Augen, dass ich meinen Körper zittern und mein Herz rasen spürte. Meine Hände wurden feucht, fast wären mir vor Angst die Tränen in die Augen geschossen. Sie folterten die Insassen. Und sie praktizierten Schocktherapie. Eine längst verbotene Art der Therapie. Aber hier interessierte sich niemand für die Regeln.

Als ich in diesem Gang stand und mir die Wahrheit wie Schuppen von den Augen fiel, stand diese Wache vor mir. Wir warteten nur darauf, dass der Therapieraum frei wurde, und er bewachte mich. Als hätte er meine Gedanken gelesen wendete er seinen Kopf zu mir und blickte mir in die Augen. Es begann als Lächeln, dann wurde es zu einem weiten Grinsen. Er wusste, dass ich es wusste. Er wollte, dass ich es wusste. Er amüsierte sich köstlich daran. „Hier entlang bitte", seine Stimme klang wie Luzifers Einladung ihm in der Hölle Gesellschaft zu leisten. Seine Hand wies mir den Weg in den Raum. Das Gefängnis. Die Höhle des Löwen. Fast erwartete ich dort einen elektrischen Stuhl zu finden, eine Maschine, um mir den Gar auszumachen. Jack kam mir in Gedanken. Ich hätte alles gegeben, um in diesem Moment bei ihm sein zu können. Wie hatte er das hier nur ausgehalten? Immer und immer und immer wieder? Sie hatten ihn mit Sicherheit auch der Folter und Schocktherapie unterzogen. Mir wollten Tränen in die Augen schießen. Nur der Gedanke, dass sie ihm das angetan hatten. Wer entschied eigentlich wer „verrückt" war, wenn diese „Ärzte" als „normal" galten?

In dem Raum, in den er mich leitete, war allerdings nur der mir schon bekannte Tisch. Ich setzte mich und in diesem Augenblick entschied ich mich, dass etwas anders laufen musste. Wenn alle um mich herum Wahnsinnige waren, hieß das, dass ich andere Seiten aufziehen musste. Kassandra betrat den Raum und ich beobachtete jeden ihrer Schritte mit feinster Genauigkeit.

„Guten Morgen, Jester. Wie geht es dir heute?"

Ich setzte mein bestes Grinsen auf: „Bestens Doktor."

Sie setzte sich gerade hin, schaute auf die Mappe und wand sich wieder mir zu. „Wie kommt das?"

„Ist doch wie ein Hotel hier."

„Ich möchte natürlich, dass sich meine Patienten wohl fühlen, aber du bist nicht zum Spaß hier, Jester. Sinn deines Aufenthalts ist es dir zu helfen. Und ich hoffe ich werde dafür deine Unterstützung bekommen."

„Aber natürlich, Doc. Was willst du wissen?"

„Es scheint, als hätte sich etwas geändert seit dem letzten Mal, als wir gesprochen haben."

„Arkham scheint jeden ein wenig zu ändern, glaubst du nicht?"

„Was genau hat sich geändert?"

„Warum sagst nicht du es mir? Ich wette, du kannst die Frage ebenso gut beantworten."

„Ich befürchte nicht."

„Warum arbeitest du hier?"

„Weil ich es mag, mit Patienten wie dir zu arbeiten."

„Patienten wie mir?"

„Patienten, die ihren Weg im Leben aus den Augen verloren haben."

„Und wie hilfst du ihnen da wieder raus, hm? Meditation? Yoga? Oder vielleicht eine Tracht Prügel?" Ich lachte, dieses Gespräch war so sinnlos. So verdammt, verdammt sinnlos.

„Ich kann versichern, dass wir nur medizinische Methoden benutzen."

„Also eine Tracht Prügel, ich verstehe."

„Ich kann versichern, dass ich dir nicht wehtun werde. Du brauchst keine Angst zu haben."

„Und ich kann versichern, dass du mir keine Angst machst."

„Das ist doch schön. Dann lass uns über etwas anderes reden."

Ich schwieg, gespannt was als nächstes kommt.

„Wenn du in diesem Moment wo anders sein könntest, wo wärest du am liebsten?"

„Ach, unsere Unterhaltung ist sehr nett. Aber ich denke, es gebe sicher lustigere Sachen..."

„Was würdest du denn lieber tun?"

„Wie wäre es, wenn wir in Arkham ein Feuerwerk veranstalten?"

„Ein Feuerwerk?"

„Bumm. Und weg ist der Kasten."

„Du willst das Asylum in die Luft sprengen?"

„Okay, sind wir ehrlich, eigentlich wäre jeder andere Ort schöner als hier. Ich meine schau mich an, die Zwangsjacke wird doch langsam warm."

Ich weiß nicht welcher Schalter sich in meinem Kopf umgelegt hatte, aber seit dieser Sitzung fühlte ich mich so sehr in meiner Mitte wie seit langem nicht mehr. Ich fühlte mich, als könnte mir die Welt nichts mehr anhaben, als wäre ich über allem, als kontrollierte ich alles. Natürlich war dem nicht so, aber ich fühlte mich nicht mehr wie das graue, nicht dazugehörige Mäuschen. Die Schläge und Schreie der Schocktherapie zu hören hatte in mir etwas verändert. Als hätte ich endlich genug Wut und gleichzeitig Gleichgültigkeit angesammelt, dass ich zu allem bereit wäre, diesen Ort irgendwie zu verlassen. Ich war in der Anfangsphase eines Fluchtplans und ich überlegte schon Nygma einzuweihen, um sein Genie mitspielen zu lassen, da wurden meine Anstrengungen mit einem Mal zunichte gemacht. Ich hörte einen lauten Bomben-ähnlichen Knall am anderen Ende des Gebäudes, dann plärrte die Alarmanlage und das Asylum verfiel ins reinste Chaos. Versuch mal eine Bande Psychopathen im Notfall beisammenzuhalten. Jedenfalls rannten überall Wachen und Ärzte herum, wie Hunde um eine Gruppe Schafe und versuchten alle Insassen in ihre Käfige zu scheuchen.

Da saß ich in meiner Zelle, den Blick nach draußen in der Hoffnung der Zwischenfall könnte tatsächlich Jack sein, um mich zu retten. Ich wartete und wartete, dann hörte ich endlich einige Schüsse, Schritte und schließlich trat eine Gestalt vor meine Zellentür.

A Running Gag (Gotham ff - german, Teil 2!)Where stories live. Discover now