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Die Stille in meinem Kopf war erschreckend laut, beinahe schon brüllend schrie sie mit einem Echo in meinem Kopf herum, nahm alles ein, ließ mich keinen klaren Gedanken mehr fassen.
Sie übertönte das Piepsen des vier eckigen Monitors, die leise Stimme meines Mates, ließ nur das pulsieren meines müden Herzens an mein Ohr dringen.

Ich war müde, schon wieder, doch ich konnte nicht schlafen, es nicht zulassen wieder von den Bildern heim gesucht zu werden, auch noch den kleinen Teil meines Bewusstseins in fremde, kalte Hände ab zu geben.
Immer wieder suchte ich die Wärme Raelynns, sie war schon beinahe zu einer lebenswichtigen Droge für mich geworden, eine gefährliche Substanz, welche mein Leben in Maßen besser zu machen schien, es leichter machte, bis die Folgen sich bemerkbar machten.
Ich hatte bereits einen Entzug durch gemacht, sah genau wo hin er mich geführt hatte, doch offensichtlich war die Verlockung zu einer erneuten Dosis zu groß gewesen.
Denn ich lag wieder hier, eng umschlungen mit diesem Alpha, welcher mir die Verbindung zu meinem Wolf unwissentlich gestohlen hatte.

Wieder kam eine der Krankenschwestern rein, bat mich, mich auf zu setzen und schraubte die dünne Kanüle in meinem Arm von dem abgeklemmten Schlauch des Tropfes ab, welcher kurz darauf im Einklang des EKG begann zu piepsen.
Sie klemmte ein Röhrchen an, ließ Blut hinein laufen und spritzte Kochsalz in meine Vene, sah nach ob der Zugang noch frei war.
Das piepen des Tropfs verstummte, sobald die Flüssigkeit aus dem Behälter wieder freie Bahn auf meinen Kreislauf hatte.
Die blonde, fremde Frau miss mir Fieber, verzog das Gesicht und klemmte eine Spritze mit an den Schlauch zu meinem Blut an, erklärte Raelynn, dass es etwas Fieber senkendes sei, was er mit einem leisen Knurren zur Kenntnis nahm.

Sie erklärte, dass es bald essen geben würde, ich dringend dieses entgegen nehmen sollte und ich ansonsten unter Zwangsernährung gestellt werden müsste.
Es war nichts Neues, das wurde gesagt seit dem ich in diesem kühlen, ungemütlichen Gestell lag, die weiße Wand des Krankenhauses anstarren musste, doch bisher waren die Ärzte und Schwestern nicht ihrer Drohung nach gegangen.

Eine schwarzhaarige, rundliche Krankenschwester kam rein, ihre unordentlichen Locken wurden in einem hohen Pferdeschwanz gehalten, während ihre Hände den Putzlappen immer wieder gegen das eiserne Bett hämmerten, das EKG herum schoben und mit einer Bewegung des Tropfes beinahe die Kanüle aus meinem Arm beförderten.
Der Alpha neben mir setzte sich auf, sprach viel zu ruhig und angespannt mit der Frau mittlerem Alters und beendete seinen Satz mit einem wütendem, unterdrücken Knurren.
Ich verstand seine Worte nicht, schon wieder.

Mit zitternden Fingern umfasste ich seinen Arm, versuchte ihn wieder zurück zu mir zu bekommen, seine Nähe wieder zu spüren, diese merkwürdige Sicherheit, dass ich überleben würde, welche er noch immer ausstrahlte.
Es war wie ein Anker, nicht tief im Ozean, sondern auf einer Hohen Klippe, welcher mich davor beschützte in den krankendem Wellen dieses Sturmes nicht unter zu gehen.

Trotz meiner Schwäche bemerkte er mich, sofort, legte sich wieder zu mir und zog mich mit leisen Entschuldigungen wieder nah ein seine warme Brust, ließen mich wieder seinen Herzschlag spüren und das klare Geräusch seiner Atemzüge hören.
Es beruhigte mich.
Er ließ mich das Leben hören, die Selbstverständlichkeit dieser Geräusche, selbst wenn ich es selber nicht spüren konnte, er ließ mich wissen, dass es da war, existierte, all die Jahre nicht nur eine Einbildung gewesen war.
Wieder fuhren seine Finger über meinen Rücken, ließen mich entspannen.

Ich spürte dieses Kribbeln, ganz schwach, kaum merklich, doch es war noch da.
Wieder schossen mit Tränen in die Augen, nur durch dieses kleine Gefühl, diesem winzigen Draht den ich noch zu dieser, eigentlich so starken Bindung spürte.
Unkontrolliert floss mir die heiße Flüssigkeit über die Wangen, Beach in einem unaufhaltsamen Fluss wieder die Dämme, welche sie seit ein paar Tagen im Zaum halten konnten.
Sie bahnten sich einen Weg über meine Haut zu dem Oberteil des Älteren, versanken in einer Pfütze aus schwarz und haben ihr Leben auf, würden wieder vertrocknen, als nie da gewesen sein gelten.
Sie wurden vergessen, so wie viel zu vieles auf dieser ignoranten Welt.

Raelynn drehte sich zu mir, schützte mich mit seinem Körper vor den Blicken der putzenden Dame und drückte sanfte, kleine Küsse auf meinen Scheitel, strich über meinen Rücken und redete leise mit mir, holze glückliche Erinnerungen an die Oberfläche, versuchte mich an zu lenken.
Ich brauchte lange um mich zu beruhigen, lag lange zitternd in seinen Armen und versuchte meinen Körper wieder unter Kontrolle zu bekommen, doch scheiterte von Sekunde zu Sekunde mehr daran.

Erst als das Fass wieder leer war, die Sprossen des Fühlens wieder vertrocknet waren und sich in meiner Brust ein großes Nichts breit gemacht hatte, hörten meine Augen auf die verschwendeten Emotionen in die Welt hinaus zu schreien, den Schmerz preis zu geben.
Langsam atmete ich durch, zwang meinen Körper dazu am Leben zu bleiben und drückte den kleinen Knopf in meinem Kopf, welcher meine Gefühlsregungen wieder unter Verschluss packte, die Akte in einer der vielen Schubladen verstaute und ein großes Schloss davor hing.

Meine Hand legte sich auf die Brust des Dunkelhaarigen, tastete sich zu seinem Herzen vor und ermöglichte es mir, jeden der Schläge genau mit zu zählen.
Seine große, vertraute Hand legte sich auf meine, schien sie noch näher an sich zu drücken und mir ein wenig mehr Sicherheit in diesem sterilen Raum zu geben.

Mein Kopf legte sich auf seine Schulter, meine Augen richteten sich auf sein Gesicht.
Es war wie immer, schön, vertraut, kantig, doch es schien älter, müder, mal wieder.
Auf seinen weichen Lippen lag ein kleines Lächeln, welches mein Herz für den Bruchteil einer Sekunde aufgehen ließ, kurz, beinahe schon monoton.
Meine Finger erhoben sich, malten die Kontur seines Kiefers nach und fanden ihren Weg zu seinen Lippen, fuhren vorsichtig über die empfindliche Haut und legten sich auf seiner Wange nieder.
Ich dachte seit diesem ganzen Mist hier kaum noch über solche kleinen Gesten nach, was sie bedeuten konnten, doch wenn wir mal ehrlich waren, hatte ich im gesamten mit dem Denken aufgehört seitdem die Kommentare in meinem Kopf verstummt waren.

Wieder legte sich seine Hand über meine, hob sie zu seinen Lippen und ermöglichte es ihnen, sich sanft gegen meine Handfläche zu drücken.
Seine Augen beobachteten meine, während meine seine Handlung beobachteten.
Eine Weile lagen wir so da, still einander ansehend, nichts sagend.
Seine Hand legte sich auf meinen Hinterkopf, seine Lippen auf meine Stirn. Dann bettete er mich wieder auf seiner Brust, bat mich leise ein wenig zu schlafen.
Ich ging seiner Bitte nach, unwillig und voller Panik, doch dieses Mal ließen mich die Bilder verschont, hielten sich von mir und meinem persönlichen Traumfänger fern.

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1111 Wörter

Besser spät als nie^^
Und übrigens, danke für die 120k, ihr werdet immer fuckin verrückter hahah dankeschön:D

Nightmare - please Trust meTahanan ng mga kuwento. Tumuklas ngayon