Kap 10

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Ich stöhnte auf. Nicht schon wieder! Wieder steht mein Name bei einer Doppelschicht bei William Vangeance, Beobachtungsverlies 33. Ich hole wie jeden Morgen mein Tablet und nehme mir das heutige Frühstücksgericht. Ich setzte mich an einen Tisch und warte auf Jenna. Ich stochere etwas in meinem Milchreis herum, denke darüber nach, ob ich lieber das Buch oder ein Sudoku mitnehmen will zu William und schätze, wie hoch wohl die Wahrscheinlichkeit ist, das er schon tot ist, wenn ich komme. Ein sehr erheiternder Gedanke und nicht sehr unwahrscheinlich. Allerdings zweifle ich mittlerweile an der Wirkung des Giftes, da er schon seit einer Woche hier ist, er schon vor 5 Tagen an Herzversagen gestorben sein sollte und das Gift immer noch keine Wirkung zeigt. Nachdem ich 25 Minuten auf Jenna gewartet habe und sie immer noch nicht auftaucht, mache ich mich auf den Weg zu meiner Schicht und schütte den Milchreis und den Rest meines eigentlichen Frühstücks in den dafür vorgesehenen Behälter. Ich habe keinen Hunger, dabei weiß ich gar nicht wieso. Einfach schlechtes Bauchgefühl. Ich wische den Gedanken, dass etwas im Busch ist förmlich weg. Vielleicht etwas zu förmlich, wenn ich die leere Milchreisauslage neben mir so sehe und die von mir abgeräumten, am Boden liegenden und zersplitterten Milchreisschalen. Ein paar der Kantinenbesucher sehen mich erschrocken an und denken wahrscheinlich, dass ich irgendwelche Aggressionsprobleme habe. Ich gehe einfach an ihnen vorbei und mache mich langsam auf den Weg zu meiner Schicht, wo ich schon vor 15 Minuten hätte sein müssen. Während ich so über den Flur schlurfe, muss ich immer wieder daran denken, was JJ mir hatte sagen wollen. >der Boss hat gelogen. Unsere Eltern sind nicht verschollen...< Aber was sollte denn ansonsten passiert sein? Ich steige gedankenverloren in den Aufzug und die Tür schließt sich hinter mir. Ich drücke auf -33 und der Aufzug setzt sich in Bewegung. Ich sehe noch einmal auf die Uhr. Mittlerweile bin ich 46 Minuten zu spät, dass bedeutete 46 Minuten weniger mit William rumhocken! In diesem Moment stoppt der Aufzug und ich gehe aus dem Fahrstuhl. Theoretisch. Die Tür war zu und ich war voll dagegen gerannt. Während ich mir die schmerzende Stirn reibe, she ich auf die Anzeige. -32? Ernsthaft? Ich versuche die Tür aufzumachen, doch da geht das Licht aus. Super, ich stecke im Aufzug fest und jetzt auch noch ein Stromausfall? Ein rotes Notlicht geht an und ich gebe auf. Die Tür bekommt man nicht auf und meine Spionageausrüstung habe ich auch nicht. Was für ein Glück (im Unglück), dass ich mein Buch und einen Kaffe dabei habe. Ich setzte mich an die Wand und hole mein Buch heraus. Ich lese weiter in dem Buch vom letzten Mal, wo die Agentin Lyn ihren Boss stürzt. Das Buch heißt „order or murder" Gerade als Lyn ihrem Boss eine Pistole an den Kopf hält, geht das Licht im Fahrstuhl plötzlich wieder an und  vor Schreck wird mein Buch mit Kaffe getauft. „Na Toll. Naja gut, wenn wir schon dabei sind: Ich taufe dich „Buch mit Lyn"." Meine Laune sinkt immer weiter, bis nach einer Stunde im Aufzug sitzen endlich jemand, ein IT-Mitarbeiter, kommt und mich „erlöst". Im ersten Moment bin ich erleichtert, im zweiten fällt mir wieder ein, wo ich vor zwei Stunden hätte sein müssen. Ich steige aus dem Aufzug und stolpere über ein „Achtung, frisch gewischt!" -Schild. Ich fliege volle Kanne aufs Gesicht. Auf meinem weiteren Weg durch den Flur halte ich mich sicherheitshalber am Geländer fest, da auch hier der Boden noch irgendwo nass sein könnte und sollte nur eine noch so kleine Pfütze sein, würde ich dort reintreten, ausrutschen und wieder hinfallen. Ganz vorsichtig, ein Schritt vor den Anderen. Irgendwann komme ich mit 130 Minuten Verspätung bei Williams Untersuchungszelle an. Ich trete die Tür förmlich auf, sodass sie noch mit voller Wucht gegen die Wand schlägt. Da es eine Eisentür ist, liegt die Vermutung nahe, dass ich vor lauter Wut, meinen Tritt mit Magie verstärkt habe, unbewusst natürlich. Allerdings nennt man das, was mir jetzt passiert wohl instant Karma. Ich bekam die Tür direkt zurück gegen die Birne und von der Härte der Eisentür werde ich auf den Boden geworfen. Jetzt liege ich da und als ich darüber nachdenke, dass William ja alles gesehen hat und wie es aus seinem Blickwinkel wohl aussah, werde ich aus irgendeinem Grund rot. Klar, es wäre mir doch vor jedem peinlich gewesen! Aber rot würde ich da nicht-... Ach papperlapapp, mach dir nicht über sowas Gedanken! Ich stehe auf und gehe in den Raum als wäre nichts gewesen. Ich schliesse ruhig die verdammte Tür und laufe wie als wäre nichts passiert auf den Stuhl in der Ecke zu. Aus irgendeinem Grund interessiert es mich brennend, ob William lacht. Und auch wenn ich versuche, nicht zu gucken, wage ich doch einen Blick aus dem Augenwinkel in William's Richtung. Ich würde nicht einmal sagen, dass er lacht, denn er liegt am Boden und stirbt vor Lachen, auch wenn er dies lautlos (fast) tut, weil er versucht, das Lachen zu unterdrücken. Mit rotem Kopf (einerseits vor Wut, anderer seits aus Scham) Setzte ich mich auf den Stuhl und schlage mein Buch auf. >Einfach ignorieren< Nach ein paar Minuten, die er offenbar brauchte, um sich  wieder einzukriegen, meint er: „ Tut mir echt leid, aber-" „Schon klar. War ja nicht das erste Mal heute." „Was war denn noch? Ich weiß, ich bin wahrscheinlich so ungefähr die letzte Person-" „die allerletzte", ergänze ich, doch er redet einfach weiter: „der du das erzählen willst, aber sieh es doch mal so, du kannst dich bei mir richtig schön auskotzen, ohne dass es jemand aus der Organisation erfährt." Ich denke kurz darüber nach. Da hat er ja eigentlich recht... Ach, was soll's! „Um genau zu sein, begann meine schlechte Laune, als ich auf dem Verteilungsplan gesehen habe, dass ich das dritte Mal in dieser Woche, und es ist Mittwoch, hier runter muss." „Autsch." „Das war keine Beleidigung, sondern eine Feststellung." „Natürlich." „Dann habe ich 25 Minuten auf Jenna gewartet, aber sie ist nicht gekommen." „Korb." ich gebe ihm einen bösen Blick. „Dann habe ich die Milchreisauslage leergefegt." „Ich wäre froh, wenn ich so etwas wie Milchreis bekäme, weißt du, ich bekomme hier unten ja nur-" „Könntest du bitte aufhören, alles zu kommentieren, was ich sage?" „Entschuldigen Sie, Agent." Ein weiterer, tödlicher Blick in seine Richtung. „Dann bin ich in den Aufzug gestiegen und als ich aussteigen wollte, bin ich gegen die Tür gelaufen, weil ich so in Gedanken war und der Aufzug eine Etage zu hoch stecken geblieben ist. Ich habe mich daraufhin an die Wand gesetzt und dann ging das Licht aus, als hätte mir ein Stromausfall nicht gerade noch gefehlt! Als dann nach ein paar Minuten das Licht wieder anging, habe ich mich so erschrocken, dass ich Kaffee über mein Buch geschüttet habe. Als dann nach einer Stunde endlich ein IT-Mitarbeiter kam, um mich rauszuholen, bin ich als ich rausgehen wollte, über das „Achtung, frisch gewischt!"-Schild gestolpert und auf die Fresse geflogen. Und dann auch noch das mit der Tür!" Wir schweigen einen Moment und langsam komme ich etwas runter. „Ist es jetzt besser?" „Hm ja, danke." Er sieht mich erschrocken an. „Was ist?" „Du hast... Du hast dich bei mir bedankt!" „Du Idiot!", brülle ich und werfe mein Buch nach ihm, dass ihn natürlich nicht durch die Gitterstäbe hindurch trifft. Trotzdem weicht er erschrocken zurück und fängt wieder an zu lachen. Und ich muss mich beherrschen, nicht auch zu lachen. Jetzt tut es mir fast (aber auch wirklich nur fast!) leid, dass ich gehofft hatte, dass er tot sei, wenn ich käme. Da beginnt er plötzlich zu husten und ich springe fast zu ihm ans Gitter und zücke nur mit Zurückhaltung nicht mein Notizbuch. „Ist alles in Ordnung? Warte, was ist das für ein Frage, natürlich nicht! Vielleicht eher, was ist los? Oder Was ist passiert? Herzkreislaufstörung? Lunge? Brauchst du eine Thoraxdrenage?" „Ich habe...(hust hust) mich verschluckt, an meiner eigenen Spucke!" Ich ziehe eine Grimasse. „Erbärmlich." Ich sag nur mal wieder Instant Karma, denn gerade als William sich wieder eingekriegt hat, verschlucke ich mich am Kaffee. „Soll ich dir vielleicht auf den Rücken klopfen? Das bringt sonst immer was", meint er konstruktiv, weil ja immer noch das Eisengitter zwischen uns liegt „Nein danke, geht schon", meine ich zwischen zwei Hustern (wie nennt man das denn?). Irgendwann kriege auch ich mich wieder ein und sage zu William: „Hat sich dein Zustand irgendwie verändert seit gestern? Du weißt schon, Routine." „Aber gestern hast du das doch auch nicht gemacht?", er sieht mich fragend an. Eigentlich hat er Recht, ich möchte es nämlich einfach nur zu meinem Interesse wissen. Ich meine, natürlich nicht zu meinem persönlichen Interesse, sondern zum Interesse der Organisation! „Ist ja auch egal. Inwiefern verändert?" „Generell." „Dann...", er zögert, „...ja." Ich schaue überrascht auf. „Ja? Was denn, wie denn genau?" „Seelisch?" „Oh. Sagen wir es mal so, deine persönlichen Interessen interessiert unsere Organisation nicht." „Oh. Das tut mir leid." Wir schweigen einen Moment, in dem er zu überlegen scheint. „Und, was hast du morgen so vor?" „Essen." „Oh okay cool ich auch." „Echt? Also das hätte ich jetzt echt nicht erwartet." „Um genau zu sein, würde ich jetzt auch gerne was essen." „Was denn?" „Ein Burger wäre cool." Ich weiß nicht warum, aber aus irgendeinem Grund habe ich das Gefühl, dass es für den Plot der Geschichte wichtig ist, ihm einen Burger zu besorgen. Vielleicht habe ich einfach... wie heißt dieses Gefühl, was uns verboten ist? (Paragraf 2, Absatz 5) Ach ja, Mitleid. Denn selbst wenn er sagt, alles sei in Ordnung, weiß ich doch, dass es nicht stimmt. Ich habe, als William gerade mal kurz nicht hingesehen hat, meine Magie „Röntgenschatten" benutzt, bei dem ich die Gesundheitsstatistiken der Personen sehen kann. Bei ihm war der Gesundheitsstatus auf jeden Fall nicht optimal bzw er ist nicht optimal. Ich überlege kurz, ihn darauf anzusprechen, entscheide mich dann aber dagegen. „Warum siehst du mich so komisch an?" „Ach, nichts. Ich gehe dann mal." Er sieht mich ungläubig an, wie ich aus dem Zimmer gehe. Rechts, dann links, den Korridor entlang und dann die erste Tür rechts. Bei der Küche angekommen, ziehe ich den Schlüssel aus meiner rechten Tasche und betrete den Raum. Die weißen Arbeitsflächen glänzen vor Sauberkeit und die Töpfe und die anderen Kochgeräte sind ordentlich verstaut und aufgestapelt. Also alles wie immer. Ich gehe ohne Umwege zum Kühlschrank, so wie ich es manchmal mitten in der Nacht tue, wenn ich plötzlich Heißhunger bekomme. Ich seh mich um. Und ja, es ist ein begehbarer Kühlschrank, der durch eine Geheimtür direkt in einen Rettungsbunker führt. Wir sind schließlich immer noch eine Geheimorganisation gegen das Königreich Clover! Rechts sind die Gefrorenen Lebensmittel. Links das Brot und Fleisch und die Frischwaren in der Mitte. Na dann mal los!

Trough my shadowWhere stories live. Discover now