28. SCHLÄGE

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"Spinnst du jetzt komplett oder was?!", schrie Iwaizumi zuerst.
Ayaka war für einen Moment noch stumm. Immerhin fühlte sie sich wie gelähmt. Der Ball hatte sie am Rücken, genau zwischen den Schulterblättern, getroffen. Es hatte einiges an Kraft gekostet auf den Beinen zu bleiben, aber noch viel mehr jetzt nicht die Fassung zu verlieren.
Sie stand direkt neben ihrem besten Freund, um ihm eigentlich etwas zu seinem Absprungpunkt und seinem Angriff zu sagen, doch die Wucht hatte sie verstummen lassen.
Einige dunkle Haarsträhnen fielen ihr ins Gesicht und verdeckten die leicht feuchten Augen.
"Sorry. Der ist mir wohl aus der Hand gerutscht.", grinste Kyotani.
"Ich rutsch dir gleich-"
"Iwa, lass gut sein."
Ayaka unterbrach ihn, indem sie sanft eine Hand auf seine Schulter legte.
"20 Runden."
"Hä?"
"Du rennst jetzt 20 Runden durch die Halle, bis du dich vielleicht wieder abgekühlt hast. Wehe du wirst auch nur einmal langsamer. Ich will keinen Ton mehr von dir hören, Kyotani. Lauf."
So wie es zwischen ihren zusammen gebissenen Zähnen hervor kam, wusste jeder, dass Yaka keinen Scherz machte.
Es trieb dem Jungen einen Schauer über den Rücken, so wie der Teamkapitän es mit seiner Ausstrahlung auch schon getan hatte. Diese Aura bewegte ihn dazu, dass er sich doch in Bewegung setzte.
Oikawa war still geblieben, nicht zuletzt um ihre Autorität nicht zu untergraben.
"Alles gut? Brauchst du ne Pause?", fragte er sie dann aber doch voller Sorge.
"Geht schon. Der kam nur... überraschend."
"Er ist ein Fall für sich."
Die Blicke der Beiden hafteten auf dem tollwütigen Hund, wie er durch die Halle rannte.
"Ich bin mir immer noch nicht sicher, ob er gut für das Team ist."
"Vertrau mir. Er hat seinen Nutzen."
Ihre rosanen Lippen krümmten sich zu einem sarkastischen Lächeln.
"Also bis jetzt hat mein Vertrauen in dich mir ziemliche Rückenschmerzen gebracht."
"Ich mache es heute abend wieder gut, ja?"
Es gab keine Antwort von ihr. Sie blies einmal in die metallische Pfeife, die um ihren Hals hing und die Spiele auf beiden Seiten gingen weiter, begleitet von Kyotanis Schritten, während er voller Wut seine Strafrunden absolvierte.
Iwaizumi dachte über Vertrauen nach. Ayaka war die letzte Person, die Oikawa einen Vorwurf machen konnte... Immerhin verschwieg sie ihm etwas so Entscheidendes. Andererseits verstand er vor welchem seelischen Schaden sie ihn beschützte. Vielleicht wollte Yaka es ihm auch erzählen, konnte aber einfach nicht. Es gab so viele Möglichkeiten...
"Ich habe gesagt du sollst nicht langsamer werden!"
Auch wenn der tollwütige Hund sich beobachtet fühlte, hatte die Trainerin ihren Blick hauptsächlich auf die Spieler gerichtet.
Am liebsten hätte sie ihn gleich nochmal so viele Runden rennen lassen, doch so wie er schnaufte, war das gar nicht nötig.
"Lass ihn eine Runde bei uns spielen.", bat Oikawa. "Ich zeige dir, was ich in ihm sehe."
"Gut, deine Verantwortung. Aber wehe ich bekomme einen Ball ab. Kindaichi! Du tauschst mit Kyotani Felder."
"Alles klar.", machte sich der Spieler eifrig auf den Weg zu Hiyoris Feld.
Mit der Pfeife im Mund stand die Blondine auf ihrer Leiter, um mehr Überblick zu haben.
"Gut, dann legen wir los. Kyotani macht den Aufschlag."
Natürlich war er immer noch wütend, doch er wusste, wann er besser nicht angreifen sollte, besonders nicht wenn Iwaizumi direkt neben ihr stand.
Leider musste Ayaka gestehen, dass seine Kraft beeindruckend war. Auch seine Versessenheit auf die Bälle machte ihm zu einem perfekten Lockvogel.
Allmählich verstand Yaka was Oikawa in ihm sah, oder eher wie er ihn nutzen wollte.
Die letzten zwanzig Minuten des Trainings, nutzte Ayaka noch einmal für reine Aufschläge.
Sie hatte die Netze heute höher gespannt was bis jetzt kaum jemandem aufgefallen war, doch an den Bällen die plötzlich hängen blieben und nicht drüber gingen, merkte man es.
"Sag mal, sind die Netze höher als sonst? Oder täusche ich mich da?", fragte Maki.
"Psst! Nicht so laut! Oikawa wird stinkig wenn er das hört. Aber ja. Ich hab mir mal die Freiheit genommen..."
"Ziemlich fies."
"Ach, kommt. Es gibt schlimmeres."
"Definitiv.", trank Mattsun aus seiner Flasche. "Aber es funktioniert."
"Hm."
"Generell, das Team entwickelt sich durch dich sogar noch weiter."
"Hoffe ich doch.", ihre Augen waren fest auf Kyotanis letzten drei Aufschlägen verankert. Sie konnte den Blick nicht abwenden.
"Was haltet ihr von ihm?"
"Weiß nicht so recht. Er ist stark, aber kompliziert."
"Wenn er Probleme macht wird es anstrengend. Außer Iwaizumi hat ihm niemand im Griff. Nichtmal du, Yaka."
"Ich weiß, deswegen mache ich mir ja Sorgen. Er zerstört den Fluss von Seijohs Spielstil, aber er ergänzt ihn..."
Ja, sie wusste immer noch nicht was sie von dem Blonden Jungen halten sollte.
Dieses Mal knurrte er beim Aufschlag, den er ordentlich über das Netz pfefferte, nur um von Hiyori abgepfiffen zu werden.
"Was soll der Scheiß?"
"Du warst über der Linie.", entgegnete die Blonde mit all ihrem Mut.
Sie stammelte trotzdem ein wenig vor sich hin.
Wie bei ein unerzogener Hund, merkte Kyotani jede Unsicherheit und nutzte sie schamlos aus. Besonders wenn er dabei so richtig wütend werden konnte.
Der Pfiff für den nächsten Aufschlag fiel.
Irgendwie lag eine Art Spannung in der Luft, besonders als er anfing sich Zeit zu lassen.
Er wollte Ayakas Blick auf sich spüren und erst als er sich ihrer dunklen Augen sicher sein konnte, erst als sie realisierte, dass etwas schief gehen würde, nahm er Anlauf und zielte geradewegs auf Hiyori.
Die Blondine fiel mit einem lauten krachen von der Leiter, geradewegs auf den Hallenboden.
"Hiyori! Alles in Ordnung? Hast du dich verletzt?", kniete Yaka sich sofort neben ihre Freundin, die am Boden lag.
Als sie sich langsam aufsetzte oder es zumindest versuchte, brabbelte Hiyori irgendetwas von Farben und Bienen.
Mit einer Hand hielt sie sich den schmerzenden Kopf. Es brauchte sogar einige Momente bis sie Yaka als ihre Freundin erkannte.
"Verdammt... Iwa, ruf bitte einen Krankenwagen. Das sieht nicht gut aus. Komm mit, wir setzen dich vorsichtig an die Wand. Mach langsam!"
Nachdem Hiyori sicher verstaut war, ließ Ayaka ihrer Wut nun freien Lauf. Sie hatte entgültig genug von Kyotani.
"Bist du komplett bescheuert? Hat man dir nie Anstand beigebracht? Oder bist du einfach nur dämlich?! Raus! Verschwinde aus meiner Halle und aus meinem Team!"
Als der Hund abdackelte, juckte es die Trainerin in den Fingerspitzen. Bevor er zur Tür raus war, pfefferte Ayaka ihm einen Aufschlag in den Rücken, der ihn zum taumeln brachte.
"Merk dir das. Und jetzt verschwinde."

Kings & Queens~ Oikawa x OC [Haikyuu!!] Tahanan ng mga kuwento. Tumuklas ngayon