Kapitel 15

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Nachdem ich meinen Dad endlich auf den neuesten Stand der Dinge gebracht hatte, saßen wir alle nun wieder zusammen im Salon und Melissa ergriff als erste das Wort: "Also Tyler und ich haben noch ein wenig überlegt, was die Prophezeiungen bedeuten könnten, ich habe mir auch seine und Emilias durchgelesen, aber aus vielem werde ich wirklich nicht schlau. Wir wissen nur, dass der Panther, also Sky, und die Katze, Tyler, sich anscheinend ergänzen, da sie beide das Gegenstück voneinander sind. Sky steht für ewiges Leben und Tyler für Vergänglichkeit. Leider habe ich keine Ahnung, was genau das alles hier über seine Fähigkeiten als Katze, als Tansanit aussagt. Hat irgendjemand von euch eine Idee?" Dad und Charlotte lasen sich beide seine Prophezeiung durch, doch keiner hatte eine genaue Vorstellung davon, was diese Worte bedeuten konnten. "Also das einzige, was mir einfällt ist, dass du oder besser gesagt deine Magie oder Fähigkeiten etwas mit dem Tod zu tun haben müssen, denn der Tod ist schließlich das Gegenteil von ewigem Leben und Vergänglichkeit ist ja nichts anderes, als das Bewusstmachen der ständigen Gegenwart des Todes. Aber 'Wächter der Höllentore'? Wie der Teufel persönlich siehst du nicht aus", mein Dad versuchte die Situation durch einen Scherz ein wenig zu entschärfen, doch keiner reagierte darauf, also fuhr er fort, "Aber die letzten Zeilen machen mich stutzig: 'Das Verglühen des Adlers in den Flammen bedeutet ihr Auftsieg. Das Ende des Adlers ist der Beginn ihrer Herrschaft' Soll das etwa bedeuten, dass du quasi den Grafen ersetzen sollst und Großmeister der Loge wirst, der über alles die Kontrolle hat?" "Nicht ganz!", nun sahen wir alle wieder zu Melissa, "Ich meine: Ja, er soll den Grafen ersetzen und quasi der Oberboss der Loge werden, aber du vergisst da eine Zeile: 'Doch nur mit ihrem Gegenstück findet die Katze ihre volle Macht' Ich denke, das bedeutet, dass es zwei Großmeister geben soll. Nur Tyler und Sky zusammen können die Loge übernehmen und in eine bessere Zukunft führen!"
Wir diskutierten noch ein wenig über die Prophezeiungen, doch da Tyler und Emilia etwas mit dem Tod oder dem Totenreich zu tun haben sollten, verwirrten wir uns alle nur noch mehr. Wir brauchten dringend einen Plan, doch hatten nicht mehr all zu lange Zeit bis ich dem Grafen gegenüberstehen musste. Und Emilia...

"So geht das nicht! Es bringt uns nicht weiter, wenn wir über all die möglichen Bedeutungen der Prophezeiungen diskutieren. So bekommen wir meine Tochter nicht leben wieder zurück! Wie gehen wir vor? Wir brauchen einen vernünftigen Plan!", Charlotte sprach genau das aus, was ich dachte. Dad fuhr sich seufzend durch die Haare: "Charlotte, du weißt doch genauso gut wie ich wie der Graf ist. Er wird sich zuerst mit ihr treffen wollen, um sich ein Bild von ihr zu machen, um dann später seinen Plan ausuführen. So war es doch damals auch gewesen! Ich schlage vor, dass Sky einfach dorthin geht und der Graf selbst wird uns mit Sicherheit noch einige Hinweise geben und dann werden wir schon eine Lösung für all das hier finden!" "Bist du dir sicher? Ich meine: Der Graf war tot und ist -wie auch immer- wieder ins Leben zurückgekehrt, also wie weißt du, dass er noch derselbe ist?", Charlotte war so blass und ihre Augen gerötet vom Weinen, dass mein Herz sich erneut zusammenkrampfte. Ich fühlte mich schuldig, dass sie so litt, weil Emilia meinetwegen gefangen gehalten wurde. Und durch meine Hand sollte sie sterben...
"Vertrauen, Charlotte! Manchmal sollte man einfach nur darauf vertrauen, dass alles wieder gut wird!", er drückte sie kurz und auch in seinem Gesicht war die Sorge um Mum genau zu erkennen. Er sprach zwar nicht darüber, aber es brachte ihn fast um, so viele Sorgen machte er sich. "Hey!", alle blickten mich fragend an, "Ich verspreche, dass ich alles dafür tun werde, damit alles wieder gut wird, damit Mum und Emilia wieder nach Hause kommen können!" Irgendwie hatte ich plötzlich das Bedürfnis, ihnen das zu sagen und ihnen somit vielleicht ein wenig Hoffnung schenken zu können.

Nun war es soweit. Die 24 Stunden waren um und ich stand hier. Auf dem Friedhof. Tief atmete ich ein und aus, während ich zusah, wie einige Blätter quer über die Gräber geweht wurden. Der Wind zerzauste zudem meine Haare. Meine Hände zitterten und mein pochendes Herz setzte einen Schlag aus, als ich hinter mir die Stimme des Grafen hörte: "Da bist du ja, kleiner Panther!" Erschrocken drehte ich mich um. Er stand nur ein paar Meter von mir entfernt und hinter ihm standen zwei Lakaien, die Emilia festhielten. Sie sah nicht gut aus. Sie hatte eine Platzwunde am Kopf, an ihrer Kleidung klebte Dreck und sie wirkte sehr blass. Außerdem konnte man sehen, dass sie geweint hatte. "Emilia, es tut mir so leid!", meinte ich und ignorierte den Grafen. Sie schüttelte nur den Kopf und senkte den Blick. Verzweifelt biss ich mir auf die Unterlippe. Es tat weh, sie so zu sehen und zu wissen, dass es meine Schuld war.
Der Graf lachte nur amüsiert und entgegnete:" Nun, da wir uns endlich von Angesicht zu Angesicht gegenüber stehen, können wir ja zum Geschäftlichen kommen. Ich gebe dir 3 Tage, um dich vorzubereiten!" Verwirrt runzelte ich die Stirn: "Mich vorzubereiten?" "Auf den Kampf, mein süßes Dummerchen! Ich würde ja vorschlagen, du nimmst bei deinem Vater ein paar Fechtstunden. Das sollte genügen", antwortete der gruselige alte Mann. "Ich werde nicht gegen sie kämpfen!", erwiderte ich entschlossen. "Ach Liebes, wozu denkst du, habe ich denn deine Mutter in meine Gewalt gebracht? Und bevor du etwas sagst: Ich weiß, dass ich den kleinen Rubin nicht töten kann, aber ich habe zuverlässige Mittel und Wege, dass sie es selbst tut! Reicht das als Ansporn zum Kämpfen?", sein Lächeln wurde zu einem boshaften Grinsen. Kurz blickte ich zu Emilia, die immer noch auf den Boden starrte, dann sah ich wieder den Grafen an: "Ich will sie sehen und sicher gehen, dass ihr noch kein Haar gekrümmt wurde!" "Wie du wünschst!", der Graf schnipste einmal kurz und plötzlich tauchten in einer von violetten Rauchschwaden umgeben meine Mum und eine mir unbekannte Frau auf. "Mum!", rief ich. "Es geht mir gut, Süße! Alles gut!", versicherte sie mir. Kurz musterte ich die fremde Frau. Lange schwarze Haare, bleiche Haut, spitze schwarze Fingernägel, rote Augen und schmale Lippen. Außerdem trug sie ein seltsames schwarzes Kleid mit silbernen Ornamenten bestickt. "Das ist übrigens Violet, eine Magierin, die meine Männer aufgetrieben haben, um mich wieder ins Leben zurückzuholen. Praktisch, wenn man eine solche Zauberin an seiner Seite hat, findest du nicht auch? Nun denn ich denke, der Anreiz zum Kampf ist jetzt da, also erwarte ich dich in 3 Tagen um Mitternacht exakt an dieser Stelle wieder, damit du und die kleine Hyäne eure Prophezeiungen erfüllen könnt. Wenn du nicht auftauchst, wird das schlimme Konsequenzen haben!" Mit diesen Worten lösten sie sich alle in violette Nebelschwaden auf und ich stand alleine auf dem großen Friedhof und fühlte mich so einsam wie nie zuvor. Eine Magierin? Wie sollten wir dagegen nur bestehen?

Tiger's eye- Die 13. ZeitreisendeWhere stories live. Discover now