| 20 | a truth i don't know|

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Kapitel 20

Die Tage vergingen, unser Urlaub verging und jeder Tag glich der Dauer einer Sekunde. Es war ein Wimpernschlag und die Sonne ging schon unter und zeitgleich machten wir so viele Erinnerungen, wie ich es in 365 Tage in Dortmund nicht getan hatte. Wir kamen uns näher, lösten die letzten Hemmungen zwischen uns auf, stürzten die letzten Mauern und begannen eine Beziehung zu führen, die sich anfühlte, wie eine zehnjährige Ehe. Wir waren ein eingespieltes Team auf Neuland, aber dann wiederum war das Land gar nicht so neu, da ich Marcel und Mats kannte. Immerhin waren sie keine neuen Personen.
Wir waren immer noch wir.
Mats war immer noch Mats.
Marcel war immer noch Marcel.
Ich war immer noch ich.
Nur eben dann auch nicht.
Wir waren wir, nur ein wenig anders.
„Ich glaube du kriegst einen Sonnenbrand", nuschelte Marcel und seine Nasenspitze kitzelte mich auf meinem Haarschopf, während seine Finger über mein Schulterblatt tänzelten auf welchem zwar die Sonne brannte, aber in Marcels Armen lag man gerade so gut, dass ich auch einen Sonnenbrand in Kauf nehmen würde.
„Egal", nuschelte ich deswegen und vergrub mein Gesicht tiefer in seiner Brust, gähnte zwischen dem Strecken meiner Arme und ließ diese dann wieder schlaff auf Marcels Oberkörper fallen. Kurz darauf kitzelte mich jemand in den Fußflächen, wodurch ich sofort kicherte und zeitgleich meine Beine anwinkelte.
„Lass es!", lachte ich und verlor den Versuch ernst zu klingen.
„Wieso?", fragte Mats, kitzelte mich allerdings nicht weiter, sondern ließ sich stattdessen ebenfalls auf die Liege plumpsen.
Es war ein Tag wie jeder andere und doch war jeder Tag besonders für sich. Jeder Tag machte Erinnerungen für sich und ich wusste, dass ich mich an jeden Tag für sich erinnern würde.
„Lass es!", grunzte ich, als Mats mich erneut kitzelte. Da er mir diesmal deutlich näher war, hatte ich die Möglichkeit ihm meine Ferse in die Rippen zu rammen, was er mit einem übertriebenen Keuchen kommentierte und sich theatralisch auf den Rücken legte und sich benahm, als würde er sterben, was mir nur ein Augenrollen entlockte, gefolgt von einem Schmunzeln. Ich hob meinen Kopf und blickte zu Marcel, der Mats lediglich einen Dramatiker nannte.
„Ich arbeite daran Neymar vom Thron als Schwalbenkönig zu stoßen", erklärte Mats und schien mit einem Mal wieder fit. Ich lachte höflich über den zugegeben schlechten Witz, der dann aber so schlecht war, dass er wieder gut war.
Ich legte mein Bein auf Mats Oberkörper, eine indirekte Aufforderung für eine Fussmassage, denn wie ich in den letzten Tagen lernen durfte, war Mats darin ausgesprochen gut. Wie immer begann er mich kommentarlos zu massieren. Marcel und ich waren jedes Mal aufs Neue verblüfft, dass er sich nicht beschwerte, aber es schien, als würde er nicht einmal wirklich bemerken, was er tat.
Allgemein hatte ich so einiges über die beiden gelernt und das, obwohl ich nicht einmal wusste, dass es noch Eigenschaften an ihnen gab, die ich nicht kannte. Aber es waren die Kleinigkeiten, die ich über sie lernte. Dass Mats schnarchte. Nicht auf die nervige, laute Art und Weise, dass man das Gefühl hatte neben einem Erdbeben zu schlafen, sondern eine sanfte, angenehme, ruhige Art und Weise, dass man niemals vergaß in dem Moment nicht alleine zu sein. Oder die Tatsache, dass Marcel am Morgen direkt zwei Wassergläser austrank, als hätte er die Nacht in der Wüste verbracht. Oder einfach das Detail, dass Mats Lieblingstee Rooibos war, aber nur die indische Variante, denn die mit Vanillegeschmack konnte er nicht leiden. Es waren absolut unnütze Kleinigkeiten, die ich über die gelernt hatte und mit denen ich ein ganzes Buch füllen könnte, das allerdings vermutlich keine Leser finden würde, weil es niemanden interessierte.
Wenn ich mich Sonntagabend mit Kuba traf, würde ich ihm nicht davon erzählen, was ich über Marcel und Mats wusste, ganz unabhängig davon, dass wir uns so oder so versprochen hatten es keinem zu erzählen. Aber selbst wenn Kuba die Wahrheit über den Urlaub wissen würde, würde ich ihm trotzdem nicht von den kleinen Details aus Mats und Marcels Leben erzählen. Das Wissen behielt ich für mich, auf eine ganz egoistische Weise teilte ich es mir keinem, damit keiner ihnen so nahe sein konnte, wie wir uns. Das war unser Wissen und ich wollte nicht, dass jemand davon wusste. Dass Unterschied uns von früher, dass war mein Beweis, dass das alles geschah.
Ich schloss meine Augen und erlaubte den Gedanken in den Hintergrund zu rücken. Stattdessen lauschte ich den Wellen, die gegen den Rand der Yacht brachen, dass Krächzen der Möwen, die über uns kreisten, wie Aasgeier.
Als ich aufwachte, lag ich nicht länger auf Marcels Brust, sondern stattdessen auf der Liege, bedeckt von einem dünnen Tuch. Ich klappte meine Augen auf und wurde sofort von der Sonne geblendet, die tief am Himmel stand. Ich drückte meine Augen wieder zusammen und zog das dünne Tuch über mein Gesicht, um es als Sonnenschutz zu verwenden. Ich ließ meinen Kopf wieder auf die Liege fallen und wollte eigentlich wieder in meine Traumwelt wegdriften, als gedämpfte Stimmen zu mir hindurch drangen und da lediglich Mats und Marcel auf dieser Yacht waren, musste es wohl ihre Stimmen sein. Ich hob meinen Kopf wieder und spitzte meine Ohren, versuchte ihre Stimme zwischen den ganzen anderen Aussengeräuschen herauszufinden, was im ersten Moment unmöglich erschien, aber dann meisterte ich es doch.
„Warum hast du das denn nicht gesagt?", zischte Mats. War er sauer? Er klang irgendwie sauer, aber irgendwie auch nicht.
„Ich weiß es nicht", antwortete Marcel eindeutig verzweifelt. Dann folgte mit vorwurfsvoller Stimme: „Du wolltest nicht über die Zukunft reden!"
„Ja, auf der Yacht. Aber das ist doch nicht etwas, was du vor der Yacht nicht wusstest. Warum hast du uns das nicht vorher gesagt? Alter, Marcel, sowas hättest du uns sagen müssen!"
„Müssen? Warum müssen?", Marcel wurde langsam lauter und mir wurde bewusst, dass die beiden sich eindeutig wütend anhörten.
„Weil man sich so etwas erzählt, als....", Mats brach abrupt ab, vermutlich, weil sie gerade untereinander telepathisch kommunizierten.
„Freunde, Mats! Damals waren wir nur Freunde und als Freunde muss ich euch das nicht erzählen.
Ich würde deine Vorwürfe verstehen, wenn wir mehr als Freunde sind, aber... aber wir sind ja alle auf die geniale Idee gekommen, dass wir nach diesem Urlaub wieder nur Freunde sind und im Urlaub willst du nicht über die Zukunft reden. Merkst du, dass es für mich keinen Zeitpunkt gibt es zu erwähnen?"
„Du hättest es trotzdem tun sollen. Hast du mal darüber nachgedacht, wie es für Lu ist?"
„Jede Sekunde. Ich habe praktisch nur daran gedacht, was das für uns bedeutet und wie das für ihn sein wird"
Für mich? Was hatte ich denn damit zu tun?
Ich warf die Decke von meinem Körper und setzte mich rasch auf. Mats und Marcel waren bei offener Tür in der Kabine, was wohl auch erklärte, warum ihre Stimmen so schwer zu hören waren, aber bemerkten die schnelle Bewegung hinter dem Fenster auf.
In meinem Kopf brummte noch immer die Frage: Was hatte ich damit zu tun? Und ich wusste, dass mein Blick genau diese Frage stellte, als er sich mit dem von Mats und Marcel kreuzte, die mich ziemlich überrascht anstarrten.

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Finally, a new chapter Weil jetzt die Schule wieder begonnen hat und ich endlich Struktur in mein Leben bekomme
Ich hoffe euch gefällt das Kapitel
❤️

HERE'S YOU'RE PERFECT | hummels x piszczek x schmelzer ✔︎Where stories live. Discover now