Kapitel 11^

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Der Rest ihres kleinen Picknicks verlief recht schweigsam und jeder driftete in seine eigenen Gedanken ab. Es war zwar keine unangenehme Stille, doch trotzdem brach Lumi sie, als sie sich auf den Weg zum Hokageturm machten: "Du, Kakashi." Zögerlich sah sie ihn von der Seite an und wartete auf eine Reaktion. Er gab nur ein leises "Hm" von sich, weshalb sie gleich weiter redete: "Wenn wir jetzt auf unterschiedlichen Missionen sind, dann könnte es ja sein, dass wir uns längere Zeit nicht sehen. Oder eher, dass du lange weg bist." Der Kopierninja nickte zustimmend und richtete seinen Blick auf seine Füße. Es war ungewohnt, nicht mehr jeden Tag mit ihr zu verbringen. "Darf ich dann trotzdem in der Wohnung übernachten? Ich mein, wenn du die ganze Zeit nicht da bist - vielleicht findest du das ja dann komisch, weil-" "Natürlich.", unterbrach er sie, "Du kannst so oft in meiner Wohnung schlafen wie du willst, auch wenn ich nicht da bin - Ist irgendwie schön zu wissen, dass vielleicht jemand dort auf einen wartet, also schlaf ruhig immer da." Kakashi würde ihr so gerne anbieten, bei ihm einzuziehen, doch er wusste, dass sie ihre Wohnung nicht aufgeben wollte und dazu wollte er sie auch nicht drängen. Als er erleichtertes Ausatmen von ihr vernahm, suchte er nach ihrer Hand und drückte diese. "Ich hab dir schonmal gesagt: Fühl dich bei mir wie zuhause. Ich freue mich immer darüber, wenn du in meiner Wohnung Unordnung schaffst, weil es ist toll zu sehen, dass du da bist.", fügte er noch hinzu und lächelte sie nun an. Wie er es vermissen würde, müsste er jeden Abend nicht mehr erstmal 30 Minuten alles klar Schiff machen, nachdem sie in seinen vier Wänden gewütet hatte. Und das meinte er ernst, es würde ihm wirklich fehlen. "Vielleicht koche ich dir dann ja immer was zu Abend, wenn ich am nächsten Tag keinen Dienst hab. Dann liegst du mit einer Lebensmittelvergiftung im Bett und wir haben einen ganzen Tag nur für uns.", scherzte sie und bog um die Hausecke, sodass sie direkt vor dem großen Turm stand. "Ich hoffe doch, ne Lebensmittelvergiftung nehme ich gerne in Kauf, wenn du mich dafür dann gesund pflegst.", grinste er und lief ebenso auf das Gebäude zu.

Als er ankam landete er direkt auf dem Dach und stieg kurzerhand zum Fenster in Tsunades Zimmer ein. Auch wenn er nur diesen kurzen Weg zurück gelegt hatte, raste sein Herz und seine Atmung überschlug sich. Akatsuki könnte jeden Moment bei Lumi auftauchen und sie einfach mitnehmen, da sie komplett ungeschützt und ahnungslos war. "Kakashi, da bist du ja.", seufzte Tsunade angespannt und dirigierte ihn zu den anderen. Im Büro des Hokage hatten sich die klassifiziertesten Jonin versammelt, die allesamt hektisch miteinander diskutierten. "Tsunade, was ist passiert?", zischte er und sah sie eindringlich an. Jeder Muskelfaser in ihm drängte ihn dazu, umzukehren und Lumi zu beschützten. Oder sie zumindest mal zu warnen. "Der Bannkreis wurde an mehreren Stellen durchbrochen, wir haben Eindringlinge in Konoha.", klärte sie ihn laut genug, für alle hörbar, auf. Ein Raunen ging durch die Runde und jeder Shinobi versetzte sich in Alarmbereitschaft. "Ist es Akatsuki?", sprach er seine schlimme Vermutung gleich aus und war wirklich drauf und dran, einfach wieder aus dem Fenster zu springen, durch das er eben erst reingepoltert kam. "Wir wissen es nicht, aber es könnte sein.", schüttelte sie frustriert ihren Kopf, "Die Sensorninja können niemanden ausmachen. Der Regen verhindert, dass man sie findet. Ich hab schon ein ganzes Anbu Team losgeschickt, um sie auf normalen Weg zu suchen, doch bis jetzt hat man nichts gefunden. Wir wissen also nicht, wo sie sind und was ihr Ziel ist. Wovon aber auszugehen ist, ist das es sich hierbei um höchstqualifizierte Ninja handeln muss. Niemand entkommt so leicht unserem Sicherheitssystem und das ist wirklich beunruhigend." Mit jedem Wort das sie sprach kribbelten seine Arme und Beine noch mehr und seine Lunge zog sich drastisch zusammen. Er konnte nicht abwarten, bis man sie gefunden hatte, er muss Lumi hier und jetzt weg bringen. Wie von selbst setzten sich seine Beine in Bewegung und stürzten auf das Fenster zu. Immer wieder hallte ihr Name in seinem Kopf und diese Bilder erschienen vor seinen Augen. Wie sie komplett ausgehungert und massakriert auf dieser Wiese rumgestolpert war. Wie sie wochenlang im Krankhaus lag. Wie sie Panikattacken bekam. "Kakashi!", jemand hielt ihn am Arm fest und zog ihn zurück in das Zimmer, "Ich weiß, an was du jetzt gerade denkst, doch wenn du jetzt zurück gehst, dann wird man sicher aufmerksam auf SIE." Seine Pupillen zuckten ruhelos über die Finsternis, die draußen herrschte und sein Körper spannte sich massiv an. "Beruhig dich.", ertönte es wieder, "Ihr wird nichts passieren, wenn wir jetzt einen klaren Kopf behalten und einen Plan entwickeln." Sein Körper schnellte herum und sah panisch in ihre braunen Augen. Wie zum Teufel sollte er so ruhig bleiben? Er wollte gerade eben etwas erwidern, da wurde die Tür aufgerissen und eine Wache stürmte herein; offensichtlich mit schlechten Nachrichten. "Schieß los.", wandte sich Tsunade von ihm ab und schliff ihn weiter vom Fenster weg, dem Mann ihre komplette Aufmerksamkeit schenkend, als würde er ihre Zukunft vorhersagen. "Es gab einen Einbruch in das Dorfarchiv, in der Abteilung für die Einwohnerakten. Jedoch ist dort niemand mehr zu finden und keiner weiß, was sie dort gesucht haben.", quasselte die Wache, "Meine Männer sind mit Hochdruck auf der Suche danach, was fehlt." "Hilf ihnen dabei.", schickte der blonde Hokage den Typen wieder weg und zog Kakashi so vor sich, dass sie ihm tief in die Augen schauen konnte. Würde sie ihn nicht so fest an an den Oberarmen gepackt halten, würden ihm die Knie wegklappen und er würde einfach zu Boden sinken. Alles in ihm spielte verrückt und er konnte und wollte diese Anspannung nicht länger ertragen. Sie suchten sie. Sie suchten seine Freundin. Sie wollten sie mitnehmen. Sie wieder foltern. Sie vielleicht umbringen. "Hör mir jetzt gut zu.", redete sie auf ihn ein und sah ihm dabei streng in die Augen, die sich mit Wasser füllten und drohten überzulaufen. Er hing nur noch in ihrem Griff und schaffte es nicht mehr von selbst aufrecht zu stehen. "Ihr wird nichts passieren, wenn du dich jetzt zusammenraufst und wir eine Taktik entwickeln können. Ich hab dich nicht hierher bestellt, dass du hier durchdrehst, ich hatte nämlich auf deine Professionalität gezählt. Du wirst jetzt runterkommen und mit uns hier abwarten, wer gesucht ist. Wenn wir ein Ergebnis haben, dann kannst du vielleicht verrückt werden, aber jetzt ist noch nicht die Zeit dazu gekommen, verstanden?", fragte sie ihn ernst und drückte ihn auf den Stuhl, der hinter ihrem Schreibtisch stand. Sitzen schien er noch zu können. "Du bist ein Elite-Ninja, du weißt wie man mit Angst und Stress umgeht.", erinnerte sie ihn und drehte sich dann wieder zu den anderen Shinobi, die das ganze Schauspiel verwirrt mit angesehen hatten. "Inoichi.", sprach sie zu dem Yamanaka, "Du wirst wie immer die Kommunikation in die Hand nehmen und du Shikaku, wirst auch hier mit mir bleiben und immer die neuen Strategien entwickeln. Es ist wichtig, dass wir all unser Wissen über den Feind an alle weiter geben." Sie tigerte in dem Büro auf und ab und wies einzelnen Leuten Aufgaben zu, die zum Beispiel die Evakuierung der Dorfbewohner betraf und merkte dabei gar nicht, wie Kakashi immer mehr in dem Stuhl versank und nichts mehr mitbekam. Für ihn war die Sache glasklar. Akatsuki wollte sein Mädchen zurückholen, doch er wurde hier festgehalten und durfte nichts dagegen tuen.

Erst als man ihm eine geräuschvolle Ohrfeige verpasste, merkte er, dass er sich gerade nicht in einem Albtraum befand, sondern das vor ihm die blanke Realität war. "Und du mein Freund.", teilte sie nun auch ihm eine Aufgabe zu, sichtlich genervt, aber gleichzeitig besorgt über seinen Zustand, "Du sorgst dafür, dass Lumi hier unbemerkt verschwindet, sobald sicher ist, dass wirklich sie das Opfer ist. Solange bleibst du aber hier und wirst keine Aufmerksamkeit auf sie lenken." Er nickte nur langsam und und legte seinen Kopf auf der Stuhllehne ab. Sein Herz pumpte dreimal so viel Blut durch seinen Körper, als glaubte es, so seine Hitze runter zu kühlen. Doch ihm wurde nur unheimlich schlecht, weswegen er hilflos seine Augen schloss und alles um sich ausblendete.

Er schreckte erst wieder hoch, als die Tür ein weiteres Mal so schnell aufgeschlagen wurde, dass sie mit einem lauten Knall gegen die Wand krachte und schließlich aus den Angeln fiel und bei ihrer Bekanntschaft mit dem Boden, sein eh schon aufgewühltes Gemüt, ein weiteres Mal zusammen fahren ließ. Es war wieder die Wache von vorhin, die sich schweratmend am Türrahmen abstützte und dieses Mal fing sie gleich unaufgefordert an zu reden. Sein Mund bewegte sich wie in Slow Motion und alles andere verstummte. Der Regen hörte auf gegen die Fenster zu peitschen, das Blut in seinem Kopf hörte auf zu rauschen und die übriggebliebenen Jonin hörten auf zu reden. Und mit jedem Wort, das über seine Lippen kam, wurde ihm ein stückweit schwärzer vor den Augen.

Kakashi und das Mädchen, das nach den Sternen griff.Where stories live. Discover now