Kapitel 25 - Teil 2

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Kaum versperrt der beste Freund den Weg zu Skylas Zimmer, wirft das blauhaarige Medium ihm imaginäre Todesstrahlen zu.
„So schnell wirst du mich nicht los, Skyla. Deine Eltern mögen dir glauben, aber ich weiß es besser. Ich werde nun zwei Tage nicht von deiner Seite weichen, dabei lasse ich dich nicht aus den Augen."
„Dein Plan wird nicht aufgehen, denn ich gehe morgen zur Arbeit."
„Ich habe bereits mit deinem Ausbilder gesprochen und ich helfe zwei Tage in der Küche aus."
Es ist unfassbar. Noch vor wenigen Minuten hat Skyla an David gedacht und wollte ihm tatkräftig wegen den dummen Azubis zur Seite stehen und jetzt fällt er ihr mit einem Messer in den Rücken. Dann erinnert sie sich an Davids verdächtiges Lächeln, womit sie vor wenigen Tagen nichts anfangen konnte und das Getuschel zwischen ihm und dem Chef. Ihre Augen weiten sich, denn diese Sache steht anscheinend schon länger fest. Lukas muss den Plan früh geschmiedet haben und ihr Küchenteam wusste Bescheid. Alle außer Dominik und Julian. Anders kann sich Skyla dies nicht vorstellen, denn wären die beiden Pappnasen in Kenntnis gesetzt worden, dann könnten sie ihre Klappe nicht halten und hätten sich verplappert.

Skyla betrachtet Lukas für einen Moment etwas sprachlos, bis sie ihn fragt: „Wobei willst du eigentlich helfen? Moment! Du hast meinem Chef doch nicht von der ganzen Sache erzählt oder?"
Kaum ist es ausgesprochen, wird die letzte Frage angezweifelt. Denn Lukas hat sich erst heute vergewissert, ob sie die Dinge erblickt, die kein anderer sieht und so wie sich das Küchenteam die letzten Tage verhielt, wurde Lukas' Verdacht noch nicht bestätigt.
„Nein, ich will schließlich nicht schuld sein, dass du deinen Job verlierst. Ich bin nun eine Küchenhilfe und darf sogar beim Kalkulieren helfen."
„Solltest du deine zwei freien Tage nicht lieber nutzen, um zu entspannen?"
Es folgt ein mildes Lächeln von seiner Seite. „Wie könnte ich entspannen, wenn ich weiß, was du durch machst? Außerdem verbringe ich meine Freizeit an deiner Seite. Ich freue mich richtig darauf."
„Freue dich nicht zu früh, bei uns in der Küche gibt es immer viel zu tun", will Skyla es ihm vermiesen.
„Wir werden ja sehen, wie ich zurechtkomme", lässt Lukas sich nicht einschüchtern.
Die junge Köchin erwischt sich mit einem fiesen Grinsen, dabei wollte sie ihn mit schlechter Laune bestrafen. Also ermahnt sie sich, denn so leicht will Skyla ihm nicht vergeben.
Da er ebenfalls so dämlich lächelt, giftet sie ihn an: „Grins nicht so blöd!"
„Unmöglich, außerdem hast du angefangen."
Das ist ihrem besten Freund nicht entgangen.

Das ist Skyla zu blöd und noch immer ruft ihr Bett.
Also beschließt sie: „Ich lege mich nun schlafen."
„Hast du keinen Hunger, Skyla?", spielt er ihre Mutter.
„Nö, habe ich nicht!"
Ihr ist viel zu schlecht bei all den schrecklichen Neuigkeiten.
„Das ist nicht gut. Du brauchst Nährstoffe, schließlich musst du morgen volle Leistung in der Küche zeigen."
„Ich bin erwachsen und treffe meine eigenen Entscheidungen! Akzeptiere dies!"
Als sich Skyla umdreht, entdeckt sie ihre Eltern im Flur, die in die Küche lungern.
Diese Spione!

„Ich habe Onigiris gekauft", flötet ihre bessere Hälfte.
Lukas genießt ihren darauffolgenden überraschten Blick.
Wie gemein! Wer könnte schon zu Onigiris nein sagen? Diese leckeren, gefüllten Reisbällchen sind eine wahre Köstlichkeit.
Lukas handelt und holt die Köstlichkeit aus seiner Tasche heraus. Auffordernd hält ihr eins hin. Skyla will jedoch stark bleiben, also schüttelt sie den Kopf. Er zuckt mit den Schultern und will in das dreieckige Reisbällchen reinbeißen. Skyla selbst ist verwundert, wie schnell sie dieses gerettet hat. Glücklich betrachtet die junge Azubiene ihre Leibspeise kurz, bis sie einen Bissen zu sich nimmt. Die saftige Kombination aus Shiitakepilzen, Koriander und gerösteter Sesam zergeht ihr im Mund und macht Lust auf mehr.

Sein doofes Siegesgrinsen kann sich ihr Kindheitsfreund sparen.
Genauso wie diese dumme Frage: „Na, möchtest du noch ein Onigiri?"
„Vielleicht."
Das Medium gibt sich wirklich Mühe, zickig zu klingen.
„Ich habe die restlichen Mangas mitgebracht und eine neue Mystery Serie. Wollen wir uns die ansehen?"
Er spielt mit verdammt guten Karten. Schon gemein, wenn der bester Freund ihre Schwächen kennt.
„Du glaubst wirklich, dass mit Onigiris, Mangas und dieser bestimmt guten Serie alles wieder okay ist?", fragt sie ihn mit schmalen Augen.
„Nein, aber das ist ein Anfang. Du bist mir viel zu wichtig, Skyla. Also sei mir ruhig böse, das muss ich verkraften, denn ich kannte das Risiko und dennoch würde ich mich immer wieder für diesen Weg entscheiden. Das alles mache ich dir zu liebe."
„Hör dich reden! Das hört sich an, als wärest du in mich verknallt!", muss Skyla es mal aussprechen.
Sein Schweigen verheißt nichts Gutes und dann starrt Lukas sie auch noch so intensiv an.
Ihr bleibt fast das Reisstück im Hals stecken, als er ihr gesteht: „Du hast wirklich lange gebraucht, um dies zu erkennen. Dabei liebe ich dich schon eine halbe Ewigkeit. Zuerst wie eine Schwester. Aber meine Gefühle haben sich geändert. Es gibt keinen Menschen, den ich mehr liebe als dich. Ohne dich kann ich nicht existieren, Skyla. Mein Herz würde deinen Verlust niemals verkraften. Niemals! Ich liebe dich!"
Das hat er jetzt doch wirklich nicht gesagt!
Fassungslos wird ihr bewusst, dass Milan von Anfang an recht hatte.

Ein Schwindel kündigt sich an und Skyla muss sich erst mal setzen. Allein diese Tatsache erklärt einiges. Wenn das Medium zurückblickt, hält sie sich selbst für blind oder sogar dumm, dass sie die Zeichen nicht erkannt hat. Lukas kennt sich im Haushalt aus. Kein Wunder, denn hier ist sein zweites Zuhause. Seine Eltern sind mit seinem Vater gut befreundet und gehen durch dick und dünn. Also handelt er und organisiert ihr ein frisches Glas Wasser, während sie auf dem Stuhl Platz nimmt.

Nun hören die beiden Kacie aus der Ferne rufen: „Dein Vater und ich gehen spontan ins Restaurant. Habt Spaß und seid lieb."
Diese miesen Verräter! Sie haben doch alles gehört. Wie können meine Eltern mich ausgerechnet jetzt allein mit Lukas lassen?
Skylas Hände kribbeln und plötzlich hält sie Kai in der Größe eines normalen Plüschbären in ihren Armen. Für einen kurzen Moment starrt sie den Dämon überrascht an, bis die Gestalt ihres Vaters in die Küche huscht, um sich die vergessenen Autoschlüssel zu schnappen.

Gut, dass Lukas eher Blickkontakt mit ihrem Vater hält. Denn Kai schüttelt flehend seinen Kopf, als ob er ahnt, was sie als Nächstes plant. Mit einem Satz erhebt sich Skyla und pfeffert den Bären gegen ihren Vater, der den Plüschbären mit einem schelmischen Grinsen fängt. Triumphierend legt er Kai auf die Ablage, bevor er sich grinsend mit den Autoschlüsseln davonmacht. Skyla wirft ihm noch einen tödlichen Blick zu. Selbst dann, wenn er diesen nicht mehr wahrnimmt. Lukas dagegen nimmt sich die Freiheit und hebt Kai auf Augenhöhe. Er mustert diesen nachdenklich, bevor er zu seiner Freundin blickt.
„Du überraschst mich wirklich immer wieder, Skyla. Der sieht genauso aus, wie der vom kleinen Mädchen. Hast du also herausgefunden, wo sie den Bären herhat?"
Zwar sieht Lukas nun zu ihr, aber sie ist eher auf Kai fixiert. Der Bär fletscht die Zähne und seine Klauen wandern hoch, als würde er Lukas jeden Moment angreifen. Mahnend spricht sie Kais Namen aus, woraufhin sich der Dämon augenblicklich beruhigt und erwartungsvoll aufblickt.

„Kai?", wiederholt Lukas verwundert und betrachtet den Bären erneut. „Wie kommst du denn auf den Namen?"
Oh, dieser verdammte Tag!
Da sie ihm nicht antwortet, beobachtet ihre bessere Hälfte, wie sie ihr drittes Glas austrinkt und dies in die Spüle stellt, wo es ihrem ersten Glas Gesellschaft leistet.
„Mir egal, was du jetzt machst, aber ich lege mich schlafen", nimmt sich Skyla vor und erinnert sich an den Schleim in ihren Haaren und auf ihrer Jacke. „Und ich gehe vorher duschen! Meine Jacke sollte ich verbrennen!"
„Warum solltest du deine Jacke verbrennen?"
Skyla seufzt und verflucht ihr Mundwerk.
Ich muss auch immer laut denken!
„Weil ich befürchte, dass das Ding nicht mehr sauber wird", ist sie ehrlich.
Lukas beobachtet überrascht, wie Skyla ihre Jacke auszieht und diese tatsächlich im Müll entsorgt.
„Okay", gibt er baff von sich und sucht sich eine Aufgabe. „Dann stelle ich die Onigiris kalt und mache es mir in deinem Zimmer bequem."

Skyla stoppt neben Lukas und nimmt ihm Kai aus den Händen. Schließlich drückt sie den Bären an sich, während sie ihm in die Augen sieht. Es fällt ihr schwer, ruhig zu bleiben, denn sie hätte Kai drehen müssen. Nun wird er mit dem Gesicht gegen ihren Busen gedrückt und der Dämon nimmt sich noch die Frechheit, mit seinen Bärenklauen ihre Brüste anzuheben.
Dieser Dämon ist so gut wie tot!
Ohne den Blickkontakt zu Lukas zu unterbrechen, verlässt sie die Küche. Genervt von dem dreisten Dämon, den sie an sich gebunden hat.

Eilig  düst Skyla in ihr Zimmer, um mit einem Ruck die kleine Höllenbrut von ihr zu reißen und ihn in ihr Bett zu werfen.
Leise, aber zornig, spricht sie zu ihm „Lass das, Kai! Willst du sterben?"
Bedrohlich baut sie sich vor ihm auf, aber ihr Schutzgeist kichert erheitert.
„Oh du willst sterben! Mach dich eher nützlich und stell diesen verdammten Honig her, damit wir besser gegen Dämonen oder Geister ankommen!"
„Wie Ihr befiehlt, meine Göttin", spricht der Bär völlig vernarrt, bevor er sich erhebt und vom Bett klettert.

Skyla sieht ihm noch eine ganze Weile hinterher und presst dabei die Zähne vor Zorn aufeinander. Die Aussichten auf ihre Zukunft können nicht schlechter sein. Ein abartiger Dämon, der sich in keinerlei Weise bislang bewiesen hat und ihre nun misstrauische Umgebung. Lukas war schon seit Beginn ihrer ersten Geisterbegegnung vorsichtig gewesen, aber jetzt werden ihre Eltern ebenfalls ein Auge auf sich haben. Außerdem was denkt das Küchenteam wohl über Lukas Anfrage, seine freien Tage als Küchenjunge einzuspringen? Die Gerüchteküche wird brodeln. Der Kern ihrer Furcht ist die Aussicht, ins Beuteschema der Schwarzhändler zu geraten, weil sie ein Freak ist. Ein verfluchtes Medium, das den Ärger anzieht. Keine gute Kombination. Das Chaos ist sicher vorprogrammiert.

Nebenjob GeisterjagdWhere stories live. Discover now