KAPITEL 15

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Familientag

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Familientag

Gestern Abend kam die Nachricht von Ellie, die mich so aus der Bahn geworfen hat, wie nur eine einzige Sache in meinem Leben. Ich saß an meinem Schreibtisch und war vertieft in meinem Studiumkram. Plötzlich vibrierte mein Handy. Ich warf einen Blick darauf und erstarrte. Mein Herz blieb für einen Moment stehen. Es fühlte sich an, als wäre alles für einen Moment stehengeblieben, als wäre ich in einer Blase gefangen, die mich von der Außenwelt abschirmt, eine Schockblase.

Ellie: Es tut mir leid, aber ich kann das mit uns nicht. Lebe wohl.

Keine Begründung, wie sie zu dieser Erkenntnis gekommen ist. Wir haben einen wunderbaren Nachmittag zusammen verbracht. Es hat ihr gefallen, das habe ich gesehen und gespürt. Wir haben tiefgründige, aber auch lustige Gespräche geführt, so gut haben wir uns noch nie unterhalten. Sie hat dabei gelacht, ihre Augen haben gestrahlt, sie kam mir vor, als wäre sie befreit von der Last, die tonnenschwer auf ihren Schultern liegt.

Logischerweise muss nach unserem Treffen etwas passiert sein, was sie dazu gebracht hat, diese Nachricht zu schreiben. Es verletzt mich. Ich habe ihr versichert, dass sie mit mir über alles sprechen kann und anstatt dies in Erwägung zu ziehen, schickt sie mich weg – und das, ohne mir einen Grund zu nennen. Ich verstehe es nicht. Und obwohl sie mich verletzt hat, würde ich sie gerne verstehen, denn ich weiß, dass es etwas mit ihrer Vergangenheit zu tun haben muss, von der ich nichts weiß. Trotzdem liebe ich sie. Ich frage mich, ob ich jemals damit aufhören kann. Sie ist ein Geheimnis, dass ich unbedingt kennen möchte – so gut wie kein anderer.

Ich muss mit ihr reden. Allerdings bin ich mir ziemlich sicher, dass sie das nicht möchte. Sie hat es mir mit ihrer Nachricht verdeutlicht. Lebe wohl, hat sie geschrieben. Ein Zeichen dafür, dass sie nicht daran glaubt, dass unsere Wege sich jemals wieder kreuzen.

Unten in der Küche ist Mom grade dabei Mittagessen zu kochen. Heute sind wir alle Zuhause, was sie unglaublich freut, denn grade Sasha verlässt oft das Haus.

„Hey, Mom", sage ich, als ich in die Küche komme. Ich setze mich auf einen Stuhl.

Mom dreht sich zu mir um und lächelt mich herzlich an. „Gideon! Es dauert noch etwas bis das Essen fertig ist."

Ich nicke. Sie schaut mich aus warmen Augen an. Ihr Blick ist voller Freude, aber dies verändert sich von der einen auf die andere Sekunde. Sie ahnt etwas. Wie soll sie auch nicht? Sie ist meine Mom. Der Mensch, der mich neben Theo am besten kennt.

„Deswegen bist du gar nicht hier", stellt sie fest und setzt sich mir gegenüber. Sie sitzt aufrecht, faltet die Hände ineinander und legt sie auf den Tisch. Ihre Augen, dieselben wie ich, blicken mich forschend und sanft zugleich an. Sie sagt kein Wort, lässt mir die Zeit, die ich brauche. Sie hat mir immer versichert, dass sie da ist, wenn ich jemanden zum Zuhören oder Reden brauche. Heute brauche ich so jemanden.

Ich nicke auf ihre Feststellung.

„Ellie?", fragt sie und greift nach meiner Hand, die auf dem Tisch liegt. Mitfühlend blickt sie mich an. Als sie ihren Namen sagt, spüre ich die Tränen, die in meine Augen treten. Eine Einzelne läuft mir über die Wange. Mein Innerstes zieht sich schmerzhaft zusammen, automatisch kneife ich die Augen zusammen und krümme mich, weil der Schmerz sich anfühlt wie unzählige Messerstiche, überall auf meinem Körper, überall in meinem Körper.

𝚆𝚒𝚎 𝚎𝚛 𝚖𝚒𝚛 𝚑𝚊𝚕𝚏 𝚣𝚞 𝚕𝚒𝚎𝚋𝚎𝚗Where stories live. Discover now