primus

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Der Wind ist kalt, doch dein Blick trifft mich viel tiefer. Ich sehe die Enttäuschung, ich kann sie spüren, empfinde sie selbst. Doch vielleicht haben wir einfach nicht sein sollen, vielleicht waren wir von Anfang an nicht dazu bestimmt zu passen, das ist es, was ich mir versuche einzureden. Doch ich weiß, dass allein meine Angst im Weg war, noch immer ist.

Und während du neben mir läufst, wir in Stille verweilen, muss ich an unsere Anfänge denken. Nicht an unsere erste Begegnung oder die ersten Worte, viel zu lange liegt dies schon in der Vergangenheit zurück, damals wusste wir nicht einmal, wie man Liebe schreibt.

Es sind deine aufmerksamen Worte gewesen, die Stücke auf dem Klavier und die zaghaften Berührungen, die meine Haut kribbeln ließen. Ich erinner' mich noch genau daran, wie sehr mein Herz pochte, wenn du auf dem Weg zu mir warst.

Ich konnte mir nie erklären, wieso du es geworden bist. Die Person, an die ich dachte, wenn eine kitschige Szene im Buch auftauchte. Die Person, die ich anrufen wollte, wenn ich mich allein fühlte. Doch irgendwann warst du zu der Person geworden, mit der ich alles teilen wollte.

Aber nie hat ein Wort meine Lippen verlassen, nie haben wir ein Wort darüber gewechselt, was das zwischen uns war. Doch ich wusste, ich wollte dich.

Und dann haben wir so viele schöne Momente miteinander geteilt und ich konnte immer nur daran denken, wie es wäre, wenn wir mehr als nur Freunde wären, wenn unsere Berührungen nicht nur zufällig zustande kämen und vor allem, wie sich deine Lippen auf meinen anfühlen würden. In meinem Kopf waren noch so viel mehr Gefühle und Gedanken und Dinge, die ich nicht einordnen konnte. Aber ich habe mich nie getraut es anzusprechen, weil ich Angst vor deiner Reaktion hatte, Angst verletzt zu werden. Und dann war der Sommer vorbei und ich musste gehen.

Der Herbst kam und ich dachte ich hätte alles hinter mich gebracht und dann habe ich dich wiedergesehen, ein einziger Zufall. Wir haben wieder zueinandergefunden und du weißt, was dann passiert ist. Du hast mir gesagt, was du empfindest, hast deine Angst überwunden, deinen Mut zusammengefasst und ich bin beinahe verzweifelt.

Es kam zum falschen Zeitpunkt (habe ich mir eingeredet), wie gerne hätte ich es so viel früher gehört. Ich wollte mit dir darüber reden, aber ich konnte nicht, weil meine Angst noch immer zu groß war, und so blieben wir Freunde und waren doch so viel mehr.

Ich hatte das Gefühl, ich wäre dir wenigstens das schuldig, weil ich dir nicht sagen konnte, was ich fühlte und so wurde alles wieder wie damals, nur das nichts beim Alten blieb. Denn ich wollte noch immer dich und du wolltest noch immer mich, das konnte ich spüren. Doch meine Wahrheit war still, während deine zwischen uns hing, so laut und tosend und wild. Und dann war da immer dein Geruch in meinem Bett, nachdem du da warst. Und zu deinem Geburtstag hast du dann Klavier gespielt und in meinem Kopf hast du nur für mich gespielt, genau wie damals.

Ich weiß nicht, ob ich dir jemals so viel Liebe geben könnte, denn allmählich glaube ich, dass ich einfach nur dieses Loch versucht habe zu füllen. Immer bin ich weggelaufen, kurz bevor es ernst wurde. Ich glaube, ich mag einfach das Gefühl, wenn wir zusammen sind, das Gefühl, geliebt zu werden.

Und so bin ich irgendwann gegangen, habe deinen Weg verlassen und unsere Leben wurden zu Pfaden, die nebeneinanderherführten, ohne sich noch einmal zu kreuzen. Dein Blick lediglich einer Lücke im Wald zu verdanken.

wir waren windWo Geschichten leben. Entdecke jetzt