Kapitel 2

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Wörter: 938

"Ich habe Kaz geschrieben, dass er wen auch immer mitbringen kann." sagte Jesper. Wylan, der zwischen einer Herde Ziegen stand, lächelte. "Wen, glaubst du, wird er mitbringen?" fragte er dann und kam zum Zaun. Jesper hob seinen Freund über den Zaun und legte einen Arm um seine schmalen Schultern: "Ich weiß nicht. Vielleicht hat er jemanden gekidnappt, auf den er aufpassen muss." "Oder er hat sich tatsächlich in jemanden verliebt." Jesper lachte: "Wir reden von Kaz Brekker!"

Wylan lachte und lehnte den Kopf gegen seinen Freund. "Wer weiß, was er ohne uns in Ketterdam anstellt. Vielleicht wurde er verhaftete. Oder ausgeraubt." murmelte Wylan. Er mochte es, über Kaz nachzudenken, aber er vermisste ihn, weswegen er sich oft Dinge ausdachte, was Kaz machen könnte, während er hier in Novyi Zem war. 

Wieder musste Jesper lachen: "Wy, Kaz geht's gut. Er ist einer der mächtigsten Männer in ganz Ketterdam, schon vergessen? Ihm geht es gut. Und es ist sicher ein gutes Zeichen, dass er jemanden mit herbringen will. Ich weiß, du vermisst Kaz, aber es geht ihm gut in Ketterdam. Er zieht bestimmt immer noch genauso viele Menschen beim Poker ab, wie früher und er kommt garantiert genauso oft blutverschmiert nach Hause, wie damals und er schreit die Leute genauso oft an, wie damals. Er ist in Ketterdam zu Hause, das weißt du doch, es geht ihm da gut." Wylan nickte. Jesper hatte ja recht. 

"Haben die anderen schon zugesagt?" "Du hast doch die Post geholt." Wylan sah Jesper verständnislos an: "Aber ich kann nicht lesen!" "Oh, ja richtig, tut mir leid." sagte Jesper und fühlte sich schlecht, dass er es vergessen hatte. "Ist schon okay. Ich fühle mich gut mit den Dingen, die ich kann. Dann kann ich halt nicht lesen und auch nicht besonders gut schreiben, aber das ist okay. Kannst du dann bitte lesen, was die anderen geschrieben haben?" Jesper nickte: "Ich sehe gleich nach. Fütterst du die Hühner noch?" 

Wylan nickte: "Mache ich, aber ich will einen heißen Kakao, wenn ich reinkomme." "Versprochen." lachte Jesper und gab Wylan einen Kuss auf den Kopf. Dann trennten sie sich. Jesper ließ die dreckigen Stiefel im Flur stehen. Er ging in die Küche und begann Wylan und sich Kakao zu kochen, dann griff er die Briefe und begann zu lesen. 

"Überlebt man es, sich in den Ofen zu setzen?" fragte Wylan als er nach drinnen kam. Er zitterte. "Nein, tut man nicht, Baby. Ich bin gleich bei dir." sagte Jesper. Wylan nickte und ging ins Wohnzimmer. Jesper nahm die Briefe mit, goss den Kakao ein und ging zu Wylan. Er setzte sich zu Wylan auf die Couch, legte eine warme Decke um ihn und reichte ihm dann seinen Kakao. "Dir wird gleich wieder warm." lächelte Jesper und küsste die wuscheligen Haare seines Freundes.

"Ich mochte Ketterdam lieber. Da war es nicht so kalt." Jesper lachte: "Tut mir leid, dass du frierst. Aber du liebst die Tiere." "Ja, stimmt. Und hier werde ich öfter gekuschelt, weil Kaz dich nicht ständig für Aufträge wegholen kann." "Mein kleines Kuschelmonster." 

Wylan kuschelte sich in die Arme seines Freundes, nippte an seinem Kakao. Währenddessen las Jesper die Briefe. "Matthias scheint derzeitig in Fjerda zu sein. Nina hat ihm geschrieben und wir sollten in einigen Tagen seine Antwort bekommen. Inej und Nina haben zugesagt, Kaz habe ich geschrieben, aber er hat ja quasi schon zugesagt."

"Sehr gut. Du hättest ihn fragen sollen, ob er ein Bett braucht oder doch lieber zwei." "Er ist Kaz. Egal, wen er mitbringt, er wird zwei Betten brauchen. Du weißt doch, dass er es hasst berührt zu werden." "Ist dir aufgefallen, dass du alles, was Kaz tut, mit 'Er ist Kaz.' begründest." "Aber so ist es nun mal auch." lachte Jesper. 

Er dachte an Kaz. Irgendwie mochte er es nicht, dass er ohne ihn klarkommen musste. Die Überfälle und Betrügereien und alles, was sie zusammen erlebt hatten, hatte ihm schon immer unglaublich viel Spaß gemacht. Aber eigentlich alles, was er Kaz tun sah, war nur mit dem Satz "Er ist Kaz." zu erklären. 

Er kannte Kaz' Probleme mit Berührungen, weswegen er wusste, dass Kaz zwei Betten brauchen würde. Und selbst wenn er doch nur eins brauchte, konnten sie die Betten zusammenschieben oder was auch immer. Sie würden das schon noch hinbekommen. 

Jesper wusste, dass Wylan sich unendlich doll freute, Kaz bald wieder zu sehen. Aber auch Jesper freute sich unglaublich doll auf ihn. Er brauchte mal wieder die Genugtuung, jemanden der gut Kartenspielen und gleichzeitig noch besser betrügen konnte, im Poker zu besiegen. Immer, wenn er gegen Kaz spielte, wusste er nicht genau, ob Kaz gewinnen würde oder er. Das war wahrscheinlich auch einer der Gründe, warum die Spiele mit Kaz einfach am meisten Spaß machten.

"Wenn wir uns aufgewärmt haben, können wir die Zimmer fertig machen." sagte Wylan und sah hoch zu Jesper. Dieser gab ihm einen Kuss auf die Stirn: "Du machst dir zu viel Stress. Sie kommen erst in einer Woche. Wir haben noch genug Zeit." "Aber es muss perfekt sein! Wir haben die anderen lange nicht mehr gesehen." "Wir haben die anderen erst vor einem Monat gesehen." lachte Jesper. "Aber Kaz nicht." beschwerte Wylan sich maulend. Jesper legte die Briefe weg und hob seinen Freund auf seinen Schoß. 

Er nahm ihn in die Arme und küsste ihn sanft: "Du siehst ihn ja bald." Sanft strich Jesper durch die rotgoldenen Haare seines Lieblings, küsste seine Schläfe und umarmte ihn. Wylan entspannte sich schließlich und kuschelte sich gegen den warmen Körper, umklammerte mit beiden Händen seine warme Tasse und nippte daran. Jesper hielt es nicht für nötig, ihm zu sagen, dass er einen Kakaobart hatte, der Anblick war einfach zu niedlich. 

A Crows ChristmasWhere stories live. Discover now