Kapitel 3

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Jasper P.o.V

Er steht bei seinen Klamotten, welche an einem Baum hängen, und zieht sich an. ,,Warum tötest du mich nicht?". Die Frage kommt mir eher unabsichtlich über die Lippen, aber nachdem ich sie gestellt habe, sehe ich ihn aufmerksam an, bis ich bemerke dass ich ihn wieder anstarre, diesmal beim umziehen. Ich wende also meinen Blick ab und warte. Ich warte und warte, höre nur die Geräusche die beim ankleiden entstehen.

,,Andere Frage. Warum hast du nicht um dein Leben gefleht und versucht es zu verhindern?". Wieder angekleidet dreht er sich zu mir um und sieht mich an. Meine Antwort kommt wie aus der Pistole geschossen, ohne wenn und aber. ,,Weil es mir egal ist. Entweder lebe ich oder ich sterbe. Beides ist mir recht, aber auch egal". Ich sehe ihm wieder in die Augen. ,,Wie ist dein Name, Engel?". Spinne Ich, oder funkelt leichtes Interesse in seinen Augen? ,,Jasper, aber ich wüsste nicht was es dich angeht". Er beginnt wieder zu grinsen und lehnt sich an einen Baum. ,,Es geht mich nichts an, da hast du wohl recht, allerdings hast du mich bespannt und um ehrlich zu sein, gefällt mir deine Einstellung nicht wirklich. Im übrigen, ich bin Payton". Verblüfft sehe ich ihn an. Unterhält er sich wirklich mit mir, ohne mich abmurksen zu wollen? Kneift mich mal einer? Vielleicht ist das nur ein Traum mit einem heißen Kerl, einem heißen Dämon. Wenn wir gleich zur Sache kommen, dann wache ich auf und sitze enttäuscht im Bett.

Aber ich werde eines besseren belehrt, als er auf mich zuschreitet. ,,Wie kann dir egal sein, ob du lebst oder tot bist? Wie kannst du so denken, bei deinem perfekten Leben zwischen hübschen Mädchen und Blümchen?". Bei dieser Aussage lache ich leise auf und schüttele den Kopf. Perfekt? Das ich nicht lache. ,,Mein Leben ist alles andere als perfekt. Trostlos und nichtsbringend ist es". ,,Du solltest so nicht reden. Das Leben ist in so vielen Fällen besser als der Tot. Du solltest dankbar sein, dass du diese Chance bekommen hast. Du solltest dankbar sein, dass du die Chance bekommen hast, wiedergeboren zu werden. Du mikriger, undankbarer Engel". Ich unterbrechen ihn, als er sich in Rage redet. ,,Schützling", sage ich und betrachte ihn erneut. ,,Was?". Aus dem Kontext gerissen und verwirrt sieht er mich an. ,,Ich bin ein Schützling und noch kein Engel. Ein Engel wäre ich, wenn ich meine Flügel hätte. Aber siehst du hier welche? Nein. Also nicht Engel". Zum Ende hin habe ich ihm, um ihm meine nichtexistierenden Flügel zu präsentieren, meinen Rücken zugedreht.

,,Keine Ahnung. Woher soll ich das wissen? Aber das ist egal. Es gefällt mir nicht, wie du über das Leben redest. Jeder wäre froh, wenn er die Chance auf eine Wiedergeburt hätte". ,,Da bin ich wohl anders als Andere. Mir ist es egal. Sozusagen ist beides ja der Tot. Werde ich wiedergeboren, so kann ich mich an nichts mehr erinnern. Ich vergesse wer ich war, ich werde dieses Gespräch hier vergessen. Ich bin ein neuer Mensch. Ich kann mich ja nichtmal an meinen Tot erinnern". Mein letzter Satz bringt ihn sichtlich zum schlucken und aufmerksam ziehe ich eine Augenbraue hoch. ,,Solltet ihr nicht eigentlich wissen wie ihr gestorben seid? Um, keine Ahnung, es beim nächsten mal besser zu machen oder so?". Seine Frage bringt mich zum lachen und meine Angst und Unsicherheit verfliegt. ,,Ihr habt komische Ansichten was uns Schützlinge und Engel angeht". Ich laufe zum See und lasse mich im weichen Gras nieder. Meine Schuhe, welche eigentlich nur leichte Sandalen sind, ziehe ich aus und lege sie neben mich. Ich lasse meine Füße ins kühle Wasser gleiten und genieße das angenehme nass. Ich spüre seine Blicke in meinem Rücken und lächele leicht. Ein angehender Engel und ein Dämon. Zwei "Feinde" die am selben Ort weilen und sich nicht bekämpfen. Gab es das schonmal? Ich glaube nicht.

,,Was ist dann die Wahrheit, Schützling Jasper?". Seine Schritte nähern sich und sein Schatten legt sich über mich. ,,Jasper reicht völlig". Ich drehe mein Gesicht zu Ihm und lächele leicht, ehe ich wieder ins Wasser blicke. ,,Bei uns "Hellen Wesen" ist es so, dass wir uns nur an unseren Tot erinnern können, wenn es "harmlos" gewesen ist". Ich setze das Wort in Anführungszeichen und lehne mich zurück. ,,Harmlos im Sinne von Natürlich. Sterben wir eines gewaltsamen Todes, dann ist es uns nicht möglich uns daran zu erinnern. Die hohen Engel wollen uns vor Rachegefühlen und Wut schützen, deshalb nehmen Sie uns diese Erinnerung. Sollte ein Engel oder ein Schützling sich an seinen gewaltsamen Tot erinnern, dann würde dieser verrückt werden und sofort verbannt. Du hast doch bestimmt schonmal mitbekommen, dass ihr helle Wesen in eurem Reich aufgenommen habt, weil sie so von Dunkelheit, Hass und Wut getränkt wurden, dass sie sich in Dämonen umgewandelt haben, oder nicht?". Payton lässt sich neben mir im Gras nieder und packt eine Zigarette aus. Er zündet sie an und zieht dran.

,,Ich selbst habe es noch nie mitbekommen, weil ich erst seid zweieinhalb Jahren hier bin, aber ich habe davon schonmal gehört. Einige der älteren Dämonen erzählten davon und mir wurde, ganz am Anfang, auch ein umgewandelter Engel gezeigt. Seine Flügel waren pechschwarz, die Federn von der Hitze der Hölle angesenkt. Seine Haare haben die Farbe verloren und waren grau und kaputt. Er sah abgemagert aus und hat jeglichen Glanz, ganz anders wie bei dir, verloren. Ich dachte, es wären nur Erzählungen, aber jetzt wo du mir erklärt hast wie es abläuft, kann ich meine Erfahrung glauben". Ich höre ihm aufmerksam zu und lasse seine Worte nochmal durch meinen Kopf gehen. ,,Zweieinhalb Jahre? Genau wie bei mir". Ich sehe ihn an und er sieht mich ebenfalls an. ,,Reiner Zufall", sagt er.

Heaven & HellWhere stories live. Discover now